Kritische Infrastruktur: Lippe schützt sich gegen Omikron

Kreis Lippe. Omikron – die rasante Ausbreitung der Variante lässt die Alarmglocken schrillen, denn wer erkrankt, muss in Quarantäne. Das wirft die Frage auf, wie man die kritische Infrastruktur schützt. Was passiert, wenn im Klinikum Dutzende Ärzte und Pflegekräfte gleichzeitig ausfallen? Oder es Engpässe bei der Feuerwehr, der Polizei oder bei denen gibt, die in der Pandemie den Überblick behalten.

Krisenstab Der Ausnahmezustand ist für den Krisenstab bereits seit Beginn der Pandemie Thema, in unterschiedlichen Besetzungen spielen die Experten Szenarien durch. Omikron hat die Lage noch einmal verschärft. Seit der ersten Dezemberwoche beschäftigt sich der Krisenstab verstärkt mit dem Thema, wie man die kritische Infrastruktur sichert. In dieser Runde sind auch die Energieversorger einbezogen worden. Die Besprechungen finden per Videokonferenz statt, alle sind gehalten, so wenig wie möglich Präsenztermine zu machen. Am Mittwoch fand die letzte Besprechung mit 30 Teilnehmern statt. &bdquo;Das hat sehr gut geklappt", sagt Meinolf Haase, Leiter des Bevölkerungsschutzes Lippe und des Krisenstabes.

Der Landrat habe Anfang Dezember bereits alle Städte und Gemeinden angeschrieben, sich mit Sicherheitskonzepten auseinanderzusetzen. Das werde von Bund und Land auch eingefordert.

Der Bevölkerungsschutz Seit zwei Jahren werden immer wieder die unterschiedlichsten Konzepte umgesetzt – in der Pandemie änderten sich die Anforderungen schnell. &bdquo;Seit Sommer 2020 gilt, dass nur die, die in der Leitstelle arbeiten, auch dort hinein dürfen. Selbst ich als Leiter fahre seit anderthalb Jahren auf keine Rettungswache und betrete auch nicht die Leitstelle", sagt Haase. Es gebe versetzte Schichten, morgens gebe es eine telefonische Übergabe, die Hygienepläne seien eine Selbstverständlichkeit, das Tragen der FFP2-Maske sei Pflicht – auch in den Räumen, ebenso wie die Handhygiene, die Abstände.

In den Rettungswachen gibt es ebenfalls Betretungsverbot für Externe, es sei denn, es gehe um Wartungsdienste. Die Mitarbeiter werden regelmäßig getestet. Im Rettungsdienst seien mehr als 95 Prozent der Beschäftigten geimpft, fast alle auch geboostert. Von 200 Mitarbeitern sei eine Handvoll noch nicht geimpft. &bdquo;Wir warten da den 15. März ab, die Entwicklung der Impfpflicht im Gesundheitswesen", sagt Haase. In der Leitstelle könne man von einer 99-prozentigen Impfquote ausgehen. Alle Mitarbeiter werden zweimal wöchentlich getestet.

Ein Wermutstropfen sei, dass alle Aus- und Fortbildungen abgesagt worden sind. Mitarbeiter im Rettungsdienst, der Leitstelle und im Bevölkerungsschutz müssen eine bestimmte Anzahl Stunden absolvieren, jetzt gebe es aber eine Sonderregelung durch das Land NRW. &bdquo;So haben wir zusätzliches Personal, das ist von Vorteil, weil wir so zusätzliche Rettungsmittel in Betrieb genommen haben, zum Beispiel zusätzliche Rettungswagen", sagt Haase. Und man habe &bdquo;Verfügerdienste" eingerichtet. &bdquo;Die sitzen zu Hause. Wenn jemand, der auf der Rettungswache arbeitet, krank wird, haben wir so schnellen Ersatz. Klar kann man sagen, sie können sich zu Hause anstecken, aber wir müssen uns für etwas entscheiden."

Die Hilfsorganisationen, Malteser, Johanniter und DRK, habe man um Unterstützung gebeten, was den Rettungsdienst betrifft. Außerdem habe man eine Kooperation mit der Bundeswehr über deren Mitwirkung im Gesundheitsamt hinaus auf den Weg gebracht. Und welche Vorlaufzeit gibt es im schlimmsten Fall? &bdquo;Keine. Wir haben ein außerordentlich gutes Team und sehr engagierte Mitarbeiter, ich greife exemplarisch unsere Rettungskräfte heraus – die machen einen tollen Job. Der Kreis Lippe ist dank der Leistung vieler bestens aufgestellt."

Die Feuerwehr Aktuell ist von den Aktiven keiner mit dem Corona-Virus infiziert – aber das kann sich schnell ändern. Vorsorglich wurden im Bereich der Kinder- und Jugendfeuerwehren die Dienstveranstaltungen weitestgehend eingestellt, &bdquo;damit über diese Schiene keine Verbreitung aufkommen kann", sagt Kreisbrandmeister Wolfgang Kornegger. Dienstabende gibt’s nur in kleineren Gruppen mit Abstand und Maske, wenn möglich im Freien oder bei geöffneten Hallentüren. Einsätze werden mit Masken gefahren und die alarmierten Kräfte teilen sich, wenn die Möglichkeit besteht, auf mehrere Fahrzeuge auf.

Das Training zur Erhaltung der Atemschutzgeräteträger-Tauglichkeit werde in Kleinstgruppen unter strikter Einhaltung der Hygienemaßnahmen durchgeführt. &bdquo;Hier werden bei den Durchgängen der Atemschutzübungsstrecke nur Teilnehmer aus einer Einheit zugelassen, so dass keine Vermischung von Kräften stattfindet." Deshalb seien auch die Übungs- und Dienstabende mit den Kreis- und Landeseinheiten abgesagt worden. &bdquo;Was an Besprechungen online durchgeführt werden kann, wird auch nicht in Präsens stattfinden", sagt Kornegger.

Im Rückblick betrachtet, sei die Feuerwehr im letzten Jahr gut durch die Zeit der Delta-Variante gekommen, &bdquo;durchschnittlich nicht mehr als fünf Kameradinnen und Kameraden im Kreis waren gleichzeitig erkrankt". Hier sei allen Einsatzkräften noch einmal Dank gesagt. In der aktuellen Lage komme den Feuerwehren zu Gute, dass fast durchgehend alle geboostert sind.

Sollte es wieder erwarten zu größeren Ausfällen kommen, würden &bdquo;die nachbarschaftliche Hilfe, spezielle Maßnahmen in den einzelnen Kommunen und das Miteinander greifen, dass die Sicherheit weiter gegeben ist." Man werde fallbezogen entscheiden, wie umstrukturiert werde. &bdquo;Dies ist genauso zu sehen, wie ein zweites Ereignis zur gleichen Zeit im gleichen Ort. Hier wird dann auch die Nachbareinheit alarmiert. Im Fall von Quarantäne dann über einen längeren Zeitraum. Dies wäre die einfache Variante", sagt Kornegger.

Bei großflächigen Ausfällen über einen längeren Zeitraum würde im Stab entschieden, wer wann zu welchem Ereignis ausrückt. &bdquo;Dies wäre dann wie ein mehrtägiges Hochwasser in mehreren Gemeinden zu sehen, wo die einzelnen Einheiten immer wieder ausgetauscht werden müssen." Für all dies seien die Feuerwehren, das THW und die Hilfsorganisationen ausgebildet und &bdquo;im großen Miteinander funktioniert dies im eigenen Kreis, wie auch überörtlich."

Klinikum Das Klinikum nutzt bereits Notfall-Konzepte, die gemäß Stufenplan greifen. Die Konzepte hätten sich in den vergangenen &bdquo;Wellen" gut bewährt. Im Fall, dass die Ressourcen massiv knapp werden, müssten weitere Maßnahmen getroffen werden, um klinikintern Personal zur Verfügung stellen zu können. Beispiele: Reduzierung von Nicht-Notfall-Bereichen, also auch die Schließung einzelner Stationen, und die Verschiebungen von Frei und Urlaubstagen gehören dazu, Operationen, die nicht unbedingt notwendig sind, würden verschoben.

Polizei In der Kreispolizeibehörde Lippe gibt es eine Koordinierungsgruppe (KOG), die die pandemische Lage täglich bewertet und gegebenenfalls weitere Maßnahmen initiiert. Diese KOG steht im ständigen Austausch mit dem Krisenstab des Kreises Lippe. &bdquo;Die Sicherheit der Menschen in Lippe hat höchste Priorität, deshalb muss die Polizei in allen Fällen handlungsfähig bleiben", sagt Polizei-Pressesprecher Lars Ridderbusch. Das Einhalten strenger Hygienevorschriften sei dabei grundlegend.

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen leisten ihren Dienst – wenn möglich – in festen Teams, um eine Durchmischung des Personals weitgehend zu verhindern. &bdquo;Die Kolleginnen und Kollegen des Wachdienstes sind aus diesem Grund zurzeit im gesamten Kreisgebiet in gleicher Schichtwechselfolge im Dienst. Die Home-Office-Angebote werden bereits ausgeschöpft." Dienstreisen seien auf ein Minimum reduziert; Besprechungen finden als Video- oder Telefonkonferenzen statt.

Sollte eine hohe Anzahl auf Grund einer Erkrankung ausfallen, werde sichergestellt, dass die Kern- beziehungsweise Sofortaufgaben der Polizei erfüllt werden. Zu diesen gehört die Gefahrenabwehr als wichtigste polizeiliche Aufgabe. Aber auch Einsätze, wie zum Beispiel Raubüberfälle oder Delikte, die sich gegen Leib und Leben richten, genießen Priorität. Innerhalb der Kreispolizeibehörde Lippe könne Personal zeitweise verschoben werden, auch behördenübergreifende Maßnahmen seien möglich.

KRZ Das Kommunale Rechenzentrum gehört nicht offiziell zur kritischen Infrastruktur, gleichwohl hätte ein Ausfall fatale Konsequenzen, denn das Unternehmen ist Dienstleister für die Städte und Gemeinden, kümmert sich um die Software und verschickt unter anderem die Post, die an Fristen geknüpft ist, zum Beispiel Bußgeldbescheide. &bdquo;Wenn Sie keinen Bürgerservice mehr anbieten können, dann wird es sehr schnell kritisch. Das ist in den Unternehmen nicht anders, wenn die Software nicht läuft, dann ist es ernst", sagt Geschäftsführer Lars Hoppmann.

Im krz gibt es während der Pandemie ein Koordinationsteam, das sich mit der Sicherstellung des Betriebs befasst. Im IT-Bereich seien die Mitarbeiter zu 90Prozent im Homeoffice. &bdquo;Das ist über Fernzugriffe ohne weiteres zu regeln. Das hat uns die Pandemie gezeigt, und davon werden wir auch einiges behalten", sagt Hoppmann. Ein sensibler Bereich sei das Druckzentrum, denn dort müssten Mitarbeiter vor Ort sein. &bdquo;Wir haben die Schichtpläne angepasst, damit es möglichst wenig Durchmischung gibt, es wird zwischendurch desinfiziert, und es gibt für den absoluten Notfall auch eine Backup-Lösung", erklärt der Teamleiter der Informationssicherheit, Patrick Feldmann.

Schon früh in der Pandemie habe man sich um Kooperationen mit anderen Druckzentren bemüht. &bdquo;Das ist nicht so einfach, denn es muss von den Kapazitäten auch passen, aber wir haben so größtmögliche Sicherheit, und das ist unser Ziel", sagt Hoppmann. Solche Kooperationen würden auch im Bereich der Rechenzentren generell vorbereitet, ein entsprechendes Projekt sei in Arbeit. &bdquo;Sicherheit ist schließlich kein Wettbewerb."

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