Lippische Rettungskräfte erfassen Gewalt und Pöbeleien per App

Kreis Lippe . Ein Betrunkener auf der Parkbank, der Rettungskräfte und Arzt anpöbelt, um sich schlägt, beleidigt? Ein Nachbar, der vor Wut gegen einen Krankenwagen tritt, weil dieser im Einsatz den hochheiligen Parkplatz blockiert? Hat es alles schon gegeben in Lippe, berichten Achim Reineke und Jörn-Henner Koch vom Rettungsdienst des Kreises. Damit solche und ähnliche Vorfälle schneller dokumentiert und gemeldet werden können, beteiligt sich Lippe an einem landesweiten Modellprojekt &bdquo;Meldesystem Gewalt gegen Einsatzkräfte".

240 hauptamtliche Rettungsdienstler und Feuerwehrleute (inklusive Feuerwehr Detmold, Johanniter und Malteser) sind betroffen. Auf ihren Dokumentations-Pads in den Einsatzwagen ist nun eine App installiert. Dort können in einer einfachen Menüführung Beleidigungen, Bedrohungen und körperliche Gewalt eingetragen werden, damit sie fix bearbeitet und die Respektlosigkeiten verfolgt werden können.

Das Land hofft, dass solche Taten schneller zur Anzeige gebracht werden, auch eventuell notwendige psychosoziale Nachbereitung der angegangenen Helfer soll die App erleichtern. Neben Lippe gehören unter anderem die Städte Bochum und Duisburg oder der Kreis Herford zu den vom Landesinnenministerium ausgesuchten Modellregionen, so will das Land sich ein möglichst umfassendes Bild aus verschiedenen Regionen NRWs machen. Beim Landkreistag war gefragt worden, wer denn mitmachen wolle. Und Reinekes Chef, Fachdienstleiter Meinolf Hasse (&bdquo;Mr. Bevölkerungsschutz"), immer offen für Neues, hatte sofort die Hand gehoben.

&bdquo;Es geht darum, die Kollegen zu schützen." In Lippe hat es seit Beginn des Pilotversuchs Anfang Januar noch keine Meldung gegeben, sagt Achim Reineke, der Fachgebietsleiter Rettungsdienst. Aber die Kollegen sind nun in der Bedienung der App geschult und parat, sollte so etwas vorkommen. &bdquo;Es geht darum, die Kollegen zu schützen." Gestreckter Mittelfinger, Beschimpfungen, Drohungen: Auch in der Vergangenheit hätte solche Dinge gemeldet werden müssen, doch seien Anzeigen gegen Randalierer und Rüpel oft im Sande verlaufen. Durch die zeitnahe detaillierte Dokumentation hoffe er auf Änderung, sie werden direkt ans Ministerium gemeldet. &bdquo;Die App zeigt uns auch: bei welchen Einsätzen erfahren wir Gewalt?"

Die Zeiten, in denen Menschen in weißen Hosen und roten Jacken uneingeschränkt Respekt gezollt worden sei, seien vorbei: &bdquo;Das hat sich gewandelt, auch wenn wir hier nicht in Duisburg-Marxloh sind." Auch hier seien Kollegen schon den Arm gebissen worden, und der Autotreter (ein Mann aus Bad Salzuflen) war angezeigt worden, er hatte eine saftige Geldstrafe aufgebrummt bekommen.

&bdquo;Übergriffe sind nicht tolerierbar" &bdquo;Auch wenn es sich bei diesen Übergriffen um Einzelfälle handelt, so ist jeder einzelne Fall einer zu viel und darf nicht toleriert werden", betonen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Innenminister Herbert Reul. &bdquo;Angriffe auf die, die uns schützen und dienen, egal ob sie verbal, nonverbal oder sogar körperlich erfolgen, werden wir niemals akzeptieren." Respektlosigkeiten und Gewalt gegenüber Einsatzkräften im Rettungsdienst und Feuerwehr seien ein gesellschaftliches Problem.

Ursachen und Bedingungen zu erkennen und positiv zu ändern, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nur in einem langfristigen Prozess nachhaltig erreichbar. Er freue sich, dass das Bewusstsein geschärft werde und verspreche sich davon, dass sowas noch seltener bis gar nicht mehr stattfinden wird, ergänzt Laumann.

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