„Amerikaner“ sind die größte Gefahr

Bad Salzuflen-Schötmar . An einem ganz speziellen &bdquo;Urwald“ fahren jeden Tag Tausende vorbei. Und nur die allerwenigsten dürften von ihm wissen. Im und am ehemaligen Becken des vor rund 25 Jahren geschlossenen Freibades Schötmar hat sich unweit der B 239 und unter dem Schutz eines hohen Zauns eine einzigartige Flora und Fauna entwickelt.

Die &bdquo;Stars“ des Biotops haben zwei Scheren: Es sind heimische Edelkrebse. Und die haben ansonsten aktuell einen besonders schweren Stand. &bdquo;Sie werden bedroht von amerikanischen Arten wie dem Signalkrebs oder dem Kamberkrebs“, sagt Tammo Beerens.

Neues Leben alter "Batze" Der 26-jährige Biologe aus Bad Salzuflen ist einer von vier hauptamtlichen Mitarbeitern des &bdquo;Edelkrebsprojekts NRW“ (siehe Text unten). &bdquo;Stationiert“ ist er am Umweltzentrum Heerser Mühle, das auch das Biotop im ehemaligen Freibad betreut, das dem UWZ von der Familie Hetland zur Verfügung gestellt wird. &bdquo;In dem ehemaligen Schwimmbecken können sich die Edelkrebse ohne die amerikanische Konkurrenz vermehren, weil es ein Gewässer ohne Zugang ist“, erklärt Beerens. Anders sehe es beispielsweise in und an der Werre aus, die nur wenige Meter entfernt am Umweltzentrum vorbei fließt.

Hier haben die biologisch stärkeren amerikanischen Arten, die Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals in Deutschland auftauchten, die Regie übernommen. Das sie mehr fressen und schneller größer werden als die heimischen Arten ist übrigens noch das geringste Problem. Die &bdquo;Amis“ haben die sogenannte &bdquo;Krebspest“ mit eingeschleppt. &bdquo;Gegen die Krankheit sind sie selbst immun, im Gegensatz zu den heimischen Edelkrebsen, die daran schnell und massenweise zugrunde gehen“, erklärt Tammo Beerens.

Werre-Hochwasser wäre fatal &bdquo;Wenn beispielsweise die Werre am Umweltzentrum wegen Hochwassers mal über die Ufer treten und sich bis zum alten Schwimmbad ausbreiten würde, wären die Krebse dort in akuter Gefahr.“ Tückisch ist auch, dass die Krankheit über Sporen übertragen wird. &bdquo;Die können beispielsweise auch an Gummistiefeln haften“, sagt der Experte. Bei dem Projekt, an dem Beerens beteiligt ist, geht es darum, die heimischen Arten zu schützen und Bestände zu entdecken, um sie anschließend zu kartieren.

Da dies für ganz NRW unmöglich vier Hauptamtliche allein schaffen würden, beteiligen sich an dem Edelkrebsprojekt mittlerweile mehr als 1000 ehrenamtliche Helfer. Diese werden unter anderem im Umweltzentrum Heerser Mühle geschult. &bdquo;Das sind häufig Angler. Durch die Kurse sollen sie in die Lage versetzt werden, die Bestände möglichst selbstständig zu kartieren und die Datenbank des Projekts korrekt zu füttern.“

Ausflüge im Dunkeln Tammo Beerens selbst ist übrigens durch seinen Vater auf die Flusskrebse aufmerksam geworden. &bdquo;Er ist seit langem ehrenamtlicher Kartierer. Ich kann mich noch an Ausflüge im Dunkeln mit der Taschenlampe erinnern, wo ich als Kind meinen Vater zu ausgelegten Reusen begleitet habe, um zu schauen, ob sich darin Krebse verfangen haben, die wir im Anschluss wieder ausgesetzt haben.“

Seitdem lassen den Biologen Tammo Beerens die Tiere mit den markanten Scheren nicht mehr los.

Zentrale Datenbank Das vor rund 20 Jahren ins Leben gerufene &bdquo;Edelkrebsprojekt NRW“ soll entscheidend zum Schutz und zur Förderung der heimischen Flusskrebsbestände beitragen, heißt es auf der Homepage der Initiative, die vom Naturschutzbund (Nabu) und dem Fischereiverband NRW getragen sowie unter anderem vom Landesministerium für Umwelt und Naturschutz gefördert wird.

Weiter heißt es auf der Homepage des Projektes: &bdquo;Ab 2004 wurde damit begonnen, eine zentrale Datenbank aufzubauen. Dabei wurden meist zerstreute, regionale Daten und Infos verschiedener Quellen wie Fischereiberechtigte, Anglervereine oder Behörden über Flusskrebsvorkommen durch Befragungen und Recherche gesammelt. Ergänzend dazu liefern mittlerweile speziell geschulte, ehrenamtliche Kartierer und Edelkrebspaten stetig neue Daten über bekannte Bestände.“

Suche nach Ersatzgewässern Der aus Bad Salzuflen stammende Biologe Tammo Beerens ist seit einem Jahr einer von vier hauptamtlichen Mitarbeitern des Edelkrebsprojektes. Zu den Aufgaben des 26-Jährigen gehört die Beratung (unter anderem von ehrenamtlichen Kartierern), die Bewertung von und Suche nach Ersatzgewässern, die Organisation von Ansiedlungen von Edelkrebsen im Stamm von Weser und Ems sowie die Koordination der Nachzucht in Zusammenarbeit mit dem Landesfischereiverband Westfalen und Lippe. Mehr über das gesamte Projekt unter www.edelkrebsprojektnrw.de.

Heimische Krebse Der Edelkrebs (oder Europäische Flusskrebs) war früher zusammen mit dem kleineren Steinkrebs die meist verbreitete Flusskrebsart in Deutschland. &bdquo;Er besiedelte mittlere bis größere Bäche, Flüsse und Seen mit strukturreichen Ufern“, heißt es auf der Homepage des &bdquo;Edelkrebsprojektes NRW“.

Heute ist der Edelkrebs in den hiesigen Breitengraden stark vom Aussterben bedroht. Ausgewachsen misst er vom Kopf bis zum Schwanz (ohne seine beide Scheren) bis zu 20 Zentimeter. Er kann gut 200 Gramm schwer und bis zu 15 Jahre alt werden, sagt Biologe Tammo Beerens.

Der Edelkrebs ist Allesfresser und somit eine Art &bdquo;Natur-Polizei“ für Fließgewässer wie für Seen oder Teiche. Er versteckt sich während des Tages in der Uferböschung, unter Steinen oder in Totholz.

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