"Dramatisch angespannte Situation" in der Kinderklinik Lippe

Kreis Lippe. In den lippischen Apotheken werden Paracetamol und Ibuprofen für Kinder knapp. LZ-Leser berichten, am Wochenende durchaus mit wachsender Verzweiflung auf der Suche nach Grippemitteln für ihre Kinder gewesen zu sein. Sprecher der Apotheken für die Altkreise Detmold und Lemgo bestätigen diese Erfahrungen. Karsten Stolz (Lage) sagt, er habe Montagvormittag "ein paar Zäpfchen" Paracetamol bekommen, Fiebersaft habe er gar nicht mehr. Kathrin Bauerrichter (Dörentrup) schildert Ähnliches. Dies habe sich schon im Sommer abgezeichnet, Hersteller hätten bei der von ihr geplanten Bevorratung für den Winter die Bremse gezogen. "Ich hatte im November zweimal Notdienst, das hat so gerade gereicht."

Die Ursache für die Knappheit? Für Stolz nicht einfach zu beantworten. Er spricht von einer unheiligen Allianz von Produktionsengpässen und erhöhter Nachfrage, er und seine Kollegen hätten zuletzt auch viel verkauft. Eine Änderung der Situation sei nicht in Sicht: "Ich höre nicht mal ein ,voraussichtlich dann und dann gibt es wieder was'. So eine Lage hatten wir noch nie." Der Ukrainekrieg, gestiegene Energie- und Produktionskosten allerorten, zu niedrige Erstattung der Medikamente durch die Krankenkassen - es kommt einiges zusammen.

Medikamente für Erwachsene sind vielfach vorhanden Kathrin Bauerrichter bezieht sich auf Hinweise des Verbandes "Pro generica": "Der Festpreis wird im kommenden Jahr gerade mal um sieben Cent erhöht." Bekommen Hersteller bis jetzt 1,36 Cent für eine Flasche Paracetamol von den Kassen, werden es von Januar stolze 1,43 Euro. Im Verlauf geht die Flasche für gut zwei Euro über die Theke. "Viele Hersteller sind aus der Herstellung von Paracetamol ausgestiegen."

Für Erwachsene hingegen sind beide Medikamente vorhanden. "Nach Beratung in den Apotheken können Eltern durchaus eine Tablette vierteln oder halbieren und ihren Kindern geben", sagt Stolz - auch, wenn die Erwachsenen-Präparate extrem bitter schmeckten. Die Apotheken würden sich untereinander helfen und fragten auch bei den rezeptausstellenden Ärzten nach Alternativen mit anderen Wirkstoffen. Kathrin Bauerrichter weist auf auflösende Granulate hin und bittet darum, "nicht mit dem Hamstern anzufangen wie einst beim Klopapier".

Im Moment gehe es um diejenigen Kinder, die das Medikament jetzt bräuchten. "Und eine Flasche zuhause reicht in der Regel lange." Sie erkläre ihren Kunden freundlich, nur eine Flasche herauszugeben (wenn sie denn welche hat), und diese verstünden das auch. Paracetamolsaft selber herzustellen sei möglich, das würde aber 20 Euro kosten - von der Krankenkasse nicht gedeckt, für viele Eltern unbezahlbar.

Notfallversorgung im Klinikum derzeit sichergestellt Doch was, wenn das Kind so krank ist, dass es ins Krankenhaus muss? Noch sei die Notfallversorgung gesichert, betont Christian Ritterbach, Pressesprecher des Klinikums Lippe. Allerdings befinde sich die Kinderklinik derzeit - wie das gesamte Klinikum - an der Auslastungsgrenze. Ritterbach spricht gar von einem dramatisch steigenden Notfallaufkommen in den vergangenen Wochen. Vor allem die jahreszeitlichen Infektionskrankheiten, sprich Erkältung, Grippe und Ähnliches, ließen das Notfallaufkommen steigen.

Doch nicht nur das: Zusätzlich fehle Personal - krankheitsbedingt. Denn sowohl im Bereich Medizin als auch in der Pflege sei der Krankenstand derzeit besonders hoch. Die Folge auch für kleine Patienten: Lange Wartezeiten, Mehrbettzimmer oder sogar eine Unterbringung auf dem Flur.

Stationen am Rande der Belastbarkeit Sowohl am Standort Detmold des Klinikums Lippe als auch in Lemgo ist das Patientenaufkommen in den vergangenen Monaten sehr hoch. Dies betrifft laut Kliniksprecher Christian Ritterbach sowohl Notfallpatienten als auch planbare und dringend notwendige Operationen.

In den vergangenen Wochen sei das Notfallaufkommen deutlich angestiegen, es handele sich um sehr kranke Patienten, sowohl Covid als auch Non-Covid Erkrankte, schreib er. Zum einen seien Infektionskrankheiten, aber auch während der Pandemie nicht oder nur unzureichend behandelte Erkrankungen der Grund. Die Kapazitäten auf Intensiv- wie auch Normalstationen seien zum Teil "überausgelastet", planbare Operationen müssten - wie zu Corona-Höchstzeiten - im großen Stil abgesagt werden.

Dies sei kein rein lippisches Problem, sondern in vielen, wenn nicht sogar allen Kliniken in OWL festzustellen. Einfach in ein anderes Krankenhaus fahren, gehe auch nicht: Patienten aus den Randbereichen Lippes werden von den außerlippischen Krankenhäusern abgelehnt, da diese eine vergleichbare Notsituation haben.

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