Wenn der Vierbeiner plötzlich weg ist - das sollten Herrchen und Frauchen tun

Kreis Lippe. Kalletal vor zwei Wochen. Immer wieder beobachten Bürger einen weißen, sehr ängstlichen Schäferhund, der nicht nur ohne Herrchen oder Frauchen unterwegs zu sein scheint, sondern der auch augenscheinlich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand ist. Das Tierheim Franziskushof schaltet sich ein und kontaktiert die Ehrenamtlichen der Hundesicherung Minden-Hannover-Hildesheim, die auch im Kreis Lippe ausrücken, sollten hier Vierbeiner entlaufen.

Nach mehreren Sichtungen in Kalletal und Vlotho wird eine Futterstelle mit Kamera aufgestellt. Und tatsächlich: Der abgemagerte Rüde nimmt sie an, wird kurz darauf aber wieder einige Kilometer entfernt entdeckt. Die Hunderetter sind sich trotzdem sicher, sie sind an der richtigen Stelle. Sie bauen eine Lebendfalle auf, bestücken diese mit Leckereien und haben einen Tag später Erfolg. Sie können den Schäferhund einfangen und ihn dem Tierheim übergeben, wo er sich nun erholen und auf ein schönes Zuhause freuen darf.

Es ist die Geschichte eines Tieres, bei der Sandra Eßler wieder einmal klar wird, warum sie ehrenamtlich in der Hundesicherung tätig ist. Gemeinsam mit einem kleinen Team steht sie nicht nur verzweifelten Besitzern bei, wenn deren Hund entläuft, sondern nimmt sich auch den Tieren an, die mutmaßlich kein Zuhause haben oder sich kein Besitzer ermitteln lässt. Eine anstrengende und oft zeitraubende Tätigkeit, immerhin ist die Gruppe auch mitunter nachts im Einsatz. Geschichten wie die aus Kalletal aber motivieren die Ehrenamtlichen weiterzumachen. Sie selbst hat sich des Themas vor rund acht Jahren angenommen, erzählt Sandra Eßler . Damals sei sie auf einen Facebook-Post gestoßen, in dem auf einen Hund aufmerksam gemacht wurde, der sich immer wieder in der Nähe von Bahngleisen aufhielt.

Überwachung per Kamera Daraufhin habe sie sich eingelesen und festgestellt: Es gibt kaum Handhabe, entlaufene Tiere wieder einzufangen. &bdquo;Um Lebendfallen zu bekommen, musste man zum Beispiel erst mal bei der Stadt vorsprechen, die einen Experten rekrutieren mussten“, erzählt Eßler. I nzwischen sei sie selbst gut ausgestattet, habe fünf Hundelebendfallen in unterschiedlichen Größen, der Kontakt zu anderen Tierschützern sei gut. &bdquo;Man hilft sich untereinander“, sagt Sandra Eßler .

Auch technisch habe sie aufgerüstet. &bdquo;Meine Fallen haben jetzt Kameras und per Handy aktivierbare Lichtschranken integriert, sodass sie zum einen bei Tieren wie Katzen oder Igeln gar nicht erst auslösen und ich zum anderen sehen kann, was sich in der Falle befindet.“ Ihr Handy habe sie auch nachts immer griffbereit und könne so sofort sehen, ob es tatsächlich der gesuchte Hund ist, der in die Falle getappt ist.

Und das kann mitunter ganz schön lange dauern. Während manche Hunde &bdquo;nur“ ein paar Stunden weg sind, können es bei anderen auch schon mal Tage oder Wochen sein. Einer ihrer eigenen drei Hunde sei selbst Ausreißer und fast ein halbes Jahr &bdquo;auf der Flucht“ gewesen, erzählt Sandra Eßler . &bdquo;Er kam mit dem Transport aus dem Ausland und ist auf dem Weg zur Pflegestelle abgehauen. Nach seinem Auffinden habe sie sich entschieden, den verängstigten Rüden bei sich aufzunehmen.

Straße und Bahngleise sind die größten Risiken Zur Wahrheit gehöre aber eben auch, dass es Tiere gibt, die gar nicht mehr auftauchen oder die tot gefunden werden. Die größten Risiken sind die Straße und Bahngleise“, weiß die Hunderetterin. &bdquo;Und wenn sich der Hund mit Leine losgerissen hat, besteht auch die Gefahr, dass er sich mit dieser irgendwo verheddert.“ Denn oftmals sei es gar nicht der Hund, der von der Leine gelassen wird und dann wegläuft, sondern das verängstigte Tier, das möglicherweise erst kurz bei seinen Besitzern ist, sich aus Angst losreißt und abhaut, sagt Sandra Eßler .

Und dennoch: &bdquo;Bei allen Ängsten, die man hat, wenn ein Hund weg ist, sollte man versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren“, meint Eßler weiter. Sie selbst müsse das schon allein deswegen, um die Besitzer nicht noch mehr in Panik zu versetzen. Apropos Besitzer: Für Sandra Eßler und ihr Team sind es vor allem die Momente, in denen Besitzer ihren Vierbeiner wieder in die Arme schließen können, die sie besonders berühren. Fakt sei aber auch, dass eben nicht jeder Hund in seinem Zuhause noch gewollt ist. &bdquo;Es gab auch schon Fälle, in denen hatten sich die Besitzer in der Zwischenzeit schon einen anderen Hund zugelegt oder man sich dem Hund nach dem Entlaufen nicht mehr gewachsen sah“, erzählt die Hunderetterin.

Tiere bei "Tasso" registrieren Im vergangenen Jahr hat das Team übrigens rund 30 Hunde per Falle wieder eingefangen. &bdquo;Angerufen werden wir fast jeden Tag“, erzählt Sandra Eßler. Geht ein Hund in die Lebendfalle, werde er in der Regel mitsamt dieser zurückgebracht. Wird er zuvor rausgelassen, bestehe gerade bei ängstlichen Tieren die Gefahr, dass sie wieder weglaufen. Ist ein Besitzer nicht ausfindig zu machen, werde der Hund ins Tierheim gebracht, berichtet Eßler und appelliert an Besitzer, ihren Hund auch beim Tierregister &bdquo;Tasso“ anzumelden. Das Chippen alleine reiche nicht aus, um den Hund Herrchen oder Frauchen zuzuordnen.

Wer einen ängstlichen Hund hat oder einen Vierbeiner gerade erst bei sich aufgenommen hat, dem raten die Ehrenamtlichen außerdem zu doppeltem Schutz beim Gassigehen. &bdquo;Halsband, Sicherheitsgeschirr und zwei Leinen“, fasst Sandra Eßler zusammen. Sollte es allerdings doch zum Worst Case kommen, solle niemand zögern, sich bei der Hundesicherung zu melden. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.hundesicherung-minden-hannover-hildesheim.de.

Was tun, wenn es passiert ist? Reißt ein Hund sich los oder kommt von einer Erkundungstour ohne Leine nicht zurück, ist die Panik bei Herrchen oder Frauchen groß. Was tun, wenn alles rufen und anlocken nicht hilft? &bdquo;Zunächst mal: Ruhe bewahren“, sagt Sandra Eßler. Anschließend gelte: Dem Hund nicht hinterher laufen, sondern an der Stelle bleiben, an der das Tier weggelaufen ist. Denn oft kehren die Hunde genau dorthin zurück.

Sollte der Hund nahe des Zuhauses abgehauen sein, helfe es, dort Türen oder das Gartentor offen zu lassen und Futterspuren zu legen. Sollte der Vierbeiner nicht nach wenigen Stunden zurück sein, könnten Flyer im Umkreis von zehn bis 20 Kilometern aufgehängt und Handzettel verteilt werden. Die Öffentlichkeit könne auch durch lokale Gruppen und soziale Medien informiert werden, das sollte allerdings genau überlegt und gesteuert werden, raten die Ehrenamtlichen und bieten dazu gerne ihre Hilfe an.

Zeitnah sollten dann auch &bdquo;Tasso“ (Tel. 06190-937300), die Polizei (allerdings nicht über den Notruf), umliegende Tierheime und gegebenenfalls Jagdpächter informiert werden. Gibt es keine Sichtungen sollten Besitzer auch Straßen- und Autobahnmeistereien benachrichtigen. Wenn der Hund ängstlich oder zurückhaltend ist, sollte immer auch daraufhingewiesen werden, dass keine Einfangversuche unternommen werden sollten.

Außerdem gelte: Immer aktuelle Telefonnummer angeben und keine Belohnungen aussetzen. Die Hundesicherung kann übrigens auch direkt angerufen werden. &bdquo;Wir müssen ja nicht sofort ausrücken, sondern können dem Besitzer auch zunächst Tipps geben und ihn beruhigen“, sagt Sandra Eßler. Gemeinsam könnten dann die weiteren Schritte besprochen werden. Wer die Hilfe der Ehrenamtlichen benötigt, kann sich unter Tel. 0160-1514557 oder 0151-44929673 melden.

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