Deshalb fiel gegen einen Detmolder wegen versuchter Brandstiftung kein Urteil

Detmold. Es klingt ein wenig skurril, was die Anklage dem 35-jährigen Detmolder vorwirft: Erst soll er im Juni vergangenen Jahres versucht haben, seine Wohnung in Brand zu stecken. Einen Monat später habe er sich vor ein fahrendes Auto geworfen. Doch bevor die erste große Strafkammer des Landgerichts am Donnerstag ein Urteil hinsichtlich der versuchten Brandstiftung und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr fällt, wird die Verhandlung ausgesetzt. Neuer Anlauf im Oktober.

Warum? Der Angeklagte soll in der Zwischenzeit psychologisch begutachtet werden. Es habe "eine Reihe psychisch auffälliger Reaktionen" des Mannes gegeben, sagte Richterin Sylvia Suermann. An die könne sich der Angeklagte nach eigener Aussage nicht erinnern, sich auch nicht vorstellen, nach dem Brand in seiner Wohnung ertwa im Gespräch mit der Polizei "unangebracht gekichert" zu haben.

Einweisung ins GPZ Nach den Vorfällen war der Detmolder unter anderem im Gemeindepsychiatrischen Zentrum (GPZ) behandelt worden, Stichwort Psychose. Und schließlich kann das Gericht nur eine gerechte Entscheidung finden, wenn ihm alle Fakten - auch psychisch - bekannt sind, betonte Suermann. Hierbei gehe es auch um die Frage der Schuldfähigkeit. Zudem solle der Gutachter Einblick in die betreffenden ärztlichen Unterlagen bekommen; der Angeklagte sagte in der Verhandlung zu, die Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden.

An den Brand in seiner Wohnung erinnere er sich, es sei ein Missgeschick beim Kochen gewesen. Er habe die falsche Platte angestellt, auf der eine Pralinenschachtel gelegen und Feuer gefangen habe. Dies habe er mit seinem T-Shirt löschen wollen, das rauchende Bündel habe er dann in den Backofen gelegt, um die Flammen zu ersticken. Als die Rauchentwicklung nachgelassen habe, sei er mit dem Fahrrad losgefahren - zum Stressabbau. Er wisse im Nachhinein, sein Verhalten sei nicht richtig gewesen, er hätte die Feuerwehr rufen sollen, sagte der Angeklagte vor Gericht.

An den Vorfall einen Monat später könne er sich hingegen gar nicht erinnern. Laut Anklage soll der 35-Jährige "plötzlich und unvermittelt mit einem Hechtsprung" vor ein Auto auf der Remmighauser Straße gesprungen sein. Die Fahrerin des Pkw habe die Kollision bei Tempo 70 nicht verhindern können, der Angeklagte wurde schwer verletzt, lag nach eigenen Angaben sechs Wochen im Koma.

Suizidversuch im Jahr 2016 Der Vorsitzende Richter Karsten Niemeyer fragte, ob er zu diesem Zeitpunkt Selbstmordgedanken hatte, was der Angeklagte verneinte. Allerdings habe er im Jahr 2016 einen Suizidversuch unternommen. Damals habe er Joints geraucht, sei wegen einer drogeninduzierten Psychose behandelt worden. Doch danach habe er aufgehört, Drogen seien bei beiden angeklagte Taten nicht im Spiel gewesen. Am Abend des Brandes habe er lediglich zwei Gläser Wein getrunken.

Jedoch sollen Zeugen, die am Donnerstag nicht mehr gehört wurden, bei ihrer Vernehmung Aussagen zu auffälligem Verhalten des Detmolders gemacht haben. Die Diagnose der Einweisung ins GPZ solle ebenfalls auf Drogen hindeuten. Doch auch dies soll nun im Gespräch des Angeklagten mit dem Sachverständigen geklärt werden, damit im Oktober ein gerechtes Urteil fallen kann.

Die Verhandlung ist terminiert für Donnerstag, 12. Oktober, ab 9 Uhr im Landgericht Detmold.

Hilfe bei Suizidgedanken Wer den Gedanken an Selbsttötung trägt, findet bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800 1110111 oder 116123 Ansprechpartner. Das Krisentelefon Lippe ist unter Tel. (05231) 33377 zu erreichen.

Deshalb fiel gegen einen Detmolder wegen versuchter Brandstiftung kein Urteil

Mordfall Edeka: Weshalb illegale Substanzen häufiger gefährliche Psychosen auslösen

Angeklagter Detmolder soll mit Schere und Korkenzieher zugestochen haben

Überraschendes Ende eines Strafprozesses: Detmolder „Gigolo“ vor Gericht

Detmolder wegen „Kokain-Bunker“ in Lemgo verurteilt

Erneute Absage: Das GPZ in Detmold bekommt keine Förderung für ein Huntington-Zentrum

Mutmaßlicher Amoktäter legt Teilgeständnis ab

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €