Krankenschwester zieht für Gesundheitsschutz vors Arbeitsgericht

Kreis Lippe. &bdquo;Es ist mir ein Anliegen, dass wir bessere Pflege machen können“, sagt Christiane Reuter entschlossen auf dem Flur des Arbeitsgerichtes. Seit 1991 ist die Krankenschwester beim Klinikum Lippe auf der Palliativstation beschäftigt. Die Situation sei immer unerträglicher geworden, sieben Überlastungsanzeigen hat die 54-Jährige inzwischen geschrieben, sagt sie. Insgesamt sollen auf der Station 40 Anzeigen zusammengekommen sein. Passiert sei damit rein gar nichts - nichts habe sich geändert, so Christiane Reuter. Deshalb hat die Mitarbeiterin jetzt Klage eingereicht.

&bdquo;Es ist ein ungewöhnlicher Fall“, hält Richter Timo Polnau bei dem nur wenige Minuten andauernden Gütetermin am Freitagmorgen fest. Rund 20 Zuschauerinnen und Zuschauer drängen sich in den kleinen Sitzungssaal 243 im Obergeschoss des Arbeitsgerichtes , viele haben eine ganz eigene Geschichte mit dem Klinikum Lippe und sind Teil des Aktionsbündnisses. Der Vorsitzende Richter hat in der Vorbereitung kein vergleichbares Verfahren gefunden, sagt er. Eigentlich sei die Problematik an sich rund um den beanstandeten Gesundheitsschutz prädestiniert für eine Einigungsstelle zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber.

Doch genau hier liegt aus Sicht der Klägerin das Problem, sagt ihr Rechtsanwalt Gerhard Ihle aus Detmold. Der Betriebsrat habe trotz einer Beschwerde seiner Mandantin nichts unternommen, um die Situation zu verbessern. Das könne zwei Gründe haben: &bdquo;Bei 100 vorliegenden Beschwerden kann der Betriebsrat vielleicht nicht eine einzelne verfolgen“, vermutet Ihle. Darüber hinaus könne er nur auf Grundlage des Ergebnisses einer zuvor erhobenen Gefährdungsbeurteilung in die Einigungsstelle ziehen, um etwas zu bewirken. Diese habe es nach Kenntnis des Rechtsanwaltes allerdings nie gegeben. &bdquo;Meiner Mandantin bleibt daher nur die Möglichkeit, dieses Individualverfahren zu führen“, sagt Ihle. Der Arbeitgeber müsse endlich handeln.

Situation auf Station soll über Jahre schlimmer geworden sein Ein bisschen mulmig ist der langjährigen Klinikumsmitarbeiterin nach eigener Aussage dann doch dort vorne im Saal zumute, als der Richter zumindest die Möglichkeit einer gütlichen Einigung ins Spiel bringt, auch wenn er diesen Schritt selbst als schwierig anerkennt. Eine gütliche Einigung wäre aus Reuters Sicht nicht infrage gekommen, schließlich müssten sich die Arbeitsbedingungen endlich ändern, genau deshalb gehe die 54-Jährige den Weg vors Arbeitsgericht. Einen Schlüsselmoment habe es nicht gegeben, die Situation habe sich einfach über Jahre weiter verschlimmert. Irgendwann sei es genug gewesen. &bdquo;Plötzlich steht man dann für mehrere Stunden allein auf Station, das kann nicht sein.“

Die Priorität des Arbeitgebers liege ihrer Einschätzung nach eh nicht bei der Palliativmedizin, sie werde vernachlässigt, da es keine konkreten Behandlungen, Therapien oder anstehenden Operationen und dementsprechend erbrachte Leistungen betreffe. &bdquo;Es kommt hier auf die Arbeit von Mensch zu Mensch an“, sagt Christiane Reuter. Eine menschenwürdige Pflege könne das Team aber nur leisten, wenn die Ressourcen es zuließen. Dafür wolle sie jetzt mit ihrer Klage kämpfen.

Klinikum hält sich mit Stellungnahme zurück Der rechtliche Vertreter des Klinikum Lippe, Rechtsanwalt Andreas Oberbracht von der Kanzlei am Wall in Lemgo, kann inhaltlich am Freitagmorgen noch nicht viel zur eingereichten Klage sagen. &bdquo;Wir nehmen das sehr ernst und werden die Anträge prüfen“, sagt Oberbracht. Dem Klinikum sei daran gelegen, Lösungen zu finden.

Am 13. März ist nun um 9.15 Uhr ein Kammertermin angesetzt. Sollte sich bis dahin zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber etwas tun und Lösungsansätze gefunden werden, möchte der Richter das wissen, betont er. &bdquo;Dann könnte man das Verfahren gegebenenfalls ruhen lassen.“ Die Klägerin selbst stehe seit langem als Nachrückerin auf der Liste, sagt sie, und rücke möglicherweise bald ins Gremium auf. Bisher sei die Arbeit des Betriebsrat ihrer Ansicht nach größtenteils an der Geschäftsführung orientiert gewesen. Deshalb habe kein Weg an der Klage vorbeigeführt.

Der neue Betriebsratsvorsitzende des Klinikums Lippe, Thorsten Dalbke, kann nach gerade einmal sechs Wochen im Amt kurzfristig keine konkreten Angaben zum aktuellen Fall machen. &bdquo;Wir bekommen Dutzende von Überlastungsanzeigen“, sagt Dalbke. Jede einzelne werde im Gremium vorgestellt, besprochen und in Gesprächen mit der Geschäftsführung weiter verfolgt, sollten Schritte notwendig seien.

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