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Warum ein lippischer Professor die Zeitzonen neu sortieren will

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Professor Dr. Korbinian von Blanckenburg, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der TH OWL, hält eine Neuerung bei der Zeitumstellung für längst überfällig. - © Isabelle Keuntje
Professor Dr. Korbinian von Blanckenburg, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der TH OWL, hält eine Neuerung bei der Zeitumstellung für längst überfällig. (© Isabelle Keuntje)

Kreis Lippe. Alle Jahre wieder wird es Frühling und damit rückt auch die Zeitumstellung näher. Und damit die Frage? Wird die Uhr vor- oder zurückgestellt? Und ist die Umstellerei überhaupt noch zeitgemäß? Nicht, wenn es nach Professor Dr. Korbinian von Blanckenburg, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) geht.

Es hilft ein Merksatz: Im Frühjahr kommen die Gartenstühle vor die Tür, im Herbst zurück. Also für die Sommerzeit die Uhren eine Stunde vorstellen. Und richtig: Am Sonntag, 31. März, werden die Uhren in der Nacht von 2 auf 3 Uhr vorgestellt - und wir haben wieder Sommerzeit. Dabei gäbe es eine interessante Lösung, wie von Blanckenburg betont. Denn eigentlich sollte die „von vielen als zumindest lästig empfundene Zeitumstellung längst passé sein“, wie er in einer Pressemitteilung schreibt.

Mehrheit will Zeitumstellung abschaffen

Eigentlich hatte sich das EU-Parlament bereits 2019 mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die 1980 erneut eingeführte Zeitumstellung abzuschaffen, erklärt er. „Doch wann und ob dies geschieht, steht derzeit noch nicht mal auf der Sonnenuhr.“ Und das habe einerseits mit der großen europäischen Zeitzone zu tun, die vom Westen Spaniens bis zur Ostgrenze Polens reicht, andererseits damit, dass man sich entweder auf eine einheitliche Sommer- oder eben Winter- beziehungsweise Normalzeit verständigen müsste. Und genau das sei der Knackpunkt.

Korbinian von Blanckenburg erklärt das so: „Bei ganzjähriger Normal- beziehungsweise Winterzeit hätten wir zur Sommersonnenwende Mitte Juni in Ostpolen von 3 bis 20 Uhr Sonne, in Westspanien von 6 bis 21.30 Uhr.“ Doch wohl nur wenige Menschen würden sich über Sonnenlicht um 3 Uhr in der Früh freuen. Und würde die Sommerzeit als Standard festgelegt „hätte man zur Wintersonnenwende Mitte Dezember in Westspanien Sonne von circa 10 bis 19 Uhr, in Deutschland von 9.15 Uhr bis 17 Uhr“. Der späte Sonnenaufgang werde dabei laut des Wissenschaftlers von vielen Menschen „als nicht optimal empfunden“.

Zeitumstellung begünstigt Schlafstörungen

Die Zeitumstellung war vor 44 Jahren als Nachwirkung der Energiekrise eingeführt worden, um Strom zu sparen. „Wir haben herausgefunden, dass Privathaushalte durch die Umstellung auf Sommerzeit tatsächlich weniger Strom verbrauchen. Doch die Wirkung ist gering.“ Privathaushalte verbrauchten am meisten Strom nach Feierabend. Morgens sei er hingegen das ganze Jahr über relativ konstant. Einen größeren Effekt habe die Freizeitgestaltung: „Die Menschen sind länger draußen, wenn es länger hell ist.“ In der Sommerzeit werde tatsächlich weniger Strom verbraucht. Doch die finanzielle Ersparnis sei gering: Bei einer Familie mit drei Kindern läge die Ersparnis bei etwa zwölf Euro pro Jahr.

„Setzt man dies ins Verhältnis zu den negativen Folgen der Zeitumstellung – etwa Biorhythmus, Schlafzyklen – wird die Stromersparnis wohl weitestgehend relativiert“, meint von Blanckenburg. Auch die AOK Nord-West weist in einer Mitteilung auf die Problematik hin. Menschen, die ohnehin unter Schlafstörungen leiden, falle die Zeitumstellung besonders schwer.

Und die Folgen können gravierend sein: Ist der Schlafrhythmus gestört, kann es zu dauerhaften, gesundheitlichen Problemen kommen. Schlafmangel führt zu Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und Leistungsverlust, kann langfristig aber auch Erkrankungen zum Beispiel des Herz-Kreislauf-Systems verursachen oder die Entstehung von Diabetes oder psychischen Problemen begünstigen.

Zeitzonen neu sortieren

Doch was tun? Ganzjährig Winter- also Normalzeit mit einem polnischen Sonnenaufgang um 3 Uhr früh? Oder Sommerzeit und damit in Spanien erst ab 10 Uhr Sonnenlicht? „Wir brauchen eine Neusortierung der Zeitzonen“, meint von Blanckenburg. „Länder östlich von Deutschland wechseln in die Zeitzone ‚GMT +2‘. Und Spanien wechselt in die ‚GMT‘ und wäre damit in derselben Zeitzone wie Portugal oder Großbritannien.“

Dann hätte Ostpolen am 21. Juni ab 4 Uhr Sonnenschein, genau wie Deutschland, und Spanien ab 5 Uhr. Und am 21. Dezember ginge die Sonne in Polen um 8.30 Uhr auf, in Deutschland um 8.15 Uhr und in Spanien um 8 Uhr, hat von Blanckenburg errechnet. „Wann und ob eine Neuregelung kommt, kann ich natürlich nicht sagen. Aber wie man es auch dreht und wendet, sie ist längst überfällig.“

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