Maracana im Schloss Brake: Das war der Abend mit Reporterlegende Manni Breuckmann

Lemgo. Er hat dem Fußball-Konsolen-Klassiker FIFA seine Stimme geliehen – spielt aber lieber Tipp-Kick. Er muss jedes Mal weinen, wenn er &bdquo;Das Mädchen meiner Träume“, den &bdquo;Welthit“ der Kremers-Zwillinge von 1974, hört. Und überhaupt fühlt er sich insgeheim als halber Ostwestfale.

&bdquo;Meine Mutter stammt aus Bad Driburg und hat am Bahndamm in Altenbeken Ziegen gehütet“, startet Manni Breuckmann den von der LZ und der Volkshochschule Detmold-Lemgo ausgerichteten &bdquo;Macht-Wächter“-Talk im Weserrenaissance-Museum im Schloss Brake mit einer fulminanten Charme-Offensive.

Und im Laufe des Fragen-Pingpongs mit LZ-Chefredakteur Dirk Baldus und Sportredakteur Sebastian Lucas bezeichnet er die Lipper dann auch noch als &bdquo;die Brasilianer Ostwestfalens“ – Mensch, Manni.

Manni und seine Reporteranfänge

Während seines Jura-Studiums folgte er einem Aufruf von WDR 2, die Fußball-Reporter rekrutierten. &bdquo;Wir mussten in diversen Fußballstadien Probereportagen machen, die nicht gesendet wurden. Der große Meister Kurt Brumme hat sich das dann am nächsten Morgen genau angehört. Und wenn das Frühstücks-Ei in Ordnung war und er keinen Stress mit der Mama hatte, kam man in die nächste Runde.“

Erstmals auf Sendung war er im Mai 1972 beim Regionalligaspiel zwischen Wattenscheid 09 und VfR Neuss. Breuckmann: &bdquo;Neuss war schon abgestiegen und es ging um nix mehr. Aber ich hatte ein Tor live auf dem Sender, erzielt vom Spargeltarzan, Hannes Bongartz. Das hebt die Qualität des Reporters.“ Das Radio habe seinerzeit eine herausragende Position in der Bundesligaberichterstattung gehabt: &bdquo;Wir waren Monopolisten. Live-Übertragungen im Fernsehen gab es nicht. Wir waren einzig und total bedeutend.“

Manni und die Bundesliga gestern und heute

&bdquo;Auch früher habe ich viele tolle Spiele gesehen, aber auch viele furchtbar langweilige. Fußball ist ein Sport des Scheiterns. Vieles funktioniert ja nicht, denn sonst würden viel mehr Tore fallen.“

Manni und seine eigene Fußballkarriere

&bdquo;An der Hand von meinem Vater bin ich zu unserem Heimatverein Germania Datteln gegangen. Später zur SpVg Erkenschwick, wo ich den Fußball-Reporter besonders klasse fand.

Jochen Hageleit machte auf der Teerpappe auf dem Dach der Stimberg-Tribüne immer eine Art Square-Dance. Selber habe ich nur Hobbyfußball Fünf-gegen-Fünf gespielt, weil ich ein überbehüteter Junge war. Meine Eltern hatten Angst, dass ich mich verletze oder erkälte.“

Manni und sein Schalker Herz

&bdquo;Ich bin nicht Teil des Ganzen“, sagt Breuckmann. &bdquo;Ich übertrage keine Spiele als Schalker, sondern als Journalist. Ich sitze nur im Beiboot, nicht im gleichen Boot. Journalismus heißt Distanz. Journalismus heißt auch kritische Berichterstattung. Nur einmal war ich sehr parteiisch. An einem Maitag 2001, als der FC Schalke 04 durch diesen Zahnarzt aus Kaiserslautern, na ja, vier Minuten Deutscher Meister war“, sprudelt es aus Breuckmann heraus.

&bdquo;Es ist einfach nicht gut, wenn man durchschimmern lässt, dass man Fan eines Vereins ist. Am schlimmsten ist das BVB-Fan-Radio, wo Norbert Dickel den Schiedsrichter beleidigt und jeder Elfmeter unberechtigt ist. Das kippt dann schnell ins Unfaire. Und meinen Kollegen Günther Koch beschimpfe ich bis heute, wie er den Clubberer raushängen lässt. Das ist unprofessionell. Aber wir verstehen uns gut. Er schickt mir jedes Jahr zu Weihnachten Nürnberger Lebkuchen.“

Manni und das Radio

&bdquo;Eine richtige Reportage gehört ins Radio. Radio ersetzt das Auge des Zuhörenden. Dabei ist das Fußballspiel die letzte Domäne. Eine Fußballreportage ist in erster Linie Beschreibung und dann Bewertung. Dass es die Bundesligakonferenz noch gibt, ist ein großes Wunder.

Aber wenn die Zerstückelung der Spieltage weitergeht und es sieben Anstoßzeiten gibt, ist die Konferenz vorbei. Von der Dramaturgie ist sie weiterhin nicht zu toppen. Es klingt wie damals. Nur brüllen mich die Reporter-Stimmen an. Es wird viel zu viel dramatisiert und sollte noch Luft sein zu einem WM-Finale.“

Manni und seine emotionalsten Reportermomente

Die verpasste Meisterschaft von S04 sei ganz schlimm gewesen. &bdquo;Das hat mich vier Tage meines Lebens gekostet.“ &bdquo;Auf der Positiv-Skala ganz oben steht das Frühjahr 1997.

Innerhalb von acht Tagen durfte ich den UEFA-Cup-Sieg von Schalke 04 in Mailand und den Champions-League-Sieg vom BVB in München übertragen. Das war das Allergrößte für einen Ruhrgebietler.“

Manni und der Kommerz

&bdquo;Manchmal werden den Vereinen die Grenzen aufgezeigt. Zum Beispiel mit den albernen Tennisbällen, damit kein steinreicher Ami oder ein Märchenprinz die Mehrheit übernehmen kann. Aber ich sehe noch keine Grenzen. Während Corona waren die Bundesligisten plötzlich klein mit Hut. 13 von 38 Profiklubs standen vor der Insolvenz, weil Sky mit der ersten Rate von 300 Millionen auf sich warten ließ.

Da hat man gesehen, wie die Etats auf Kante genäht sind. Die Bundesliga ist teilweise finanziell recht unseriös. Auch Schalke hat das vorgemacht. Doch die Liga boomt nach wie vor. Der Umsatz beträgt 4,45 Milliarden Euro. Das sind 19 Prozent mehr als vor Corona und 7 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit den Fußballfans kann man alles machen.“

Manni und die Politik

Einst hat Breuckmann einige Jahre im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung unter Klaus Bölling gearbeitet, ehe er 1982 ins WDR-Landesstudio Düsseldorf wechselte, wo er landespolitischer Korrespondent und Gerichtsreporter war.

&bdquo;Ich bin ein sehr politischer Mensch“, sagt Breuckmann, der angesichts von 30 Prozent für die AfD vor den Landtagswahlen im Osten empfiehlt: &bdquo;Die CDU muss sich endlich davon verabschieden, dass die Linken in 2024 noch die Mauermörder sind.“

Manni und die Lügenpresse

&bdquo;Jede kleine Nachlässigkeit wird heute sofort hochgepusht. Nicht nur von den Reichsbürgern. Wir sollten auch die Russenpropaganda nicht unterschätzen. Ja, in der Presse passieren Fehler. Kein Problem. Aber das ist doch keine Lügenpresse. Corona hat gezeigt:

Es gibt eine Freiheit auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Tatsachen. Ich bin ein kritischer Mensch. Mit mir kann man’s nicht machen. Bei Corona ist viel falsch gelaufen. Aber das war doch keine geheime Verschwörung gegen die Weltbevölkerung.“

Manni und die Demokratie ohne Journalismus

&bdquo;Dann gucken wir alle RTL2 und QVC. Reicht doch total aus. Seit über drei Jahrzehnten ist es die große Pflicht der Bürger, zu konsumieren statt sich politisch zu engagieren.

Dabei sind die Parteien ein wichtiger Anker der Willensbildung. Die Tendenz geht zu sehr schlecht informierten Menschen, mit denen man es machen kann. So werden populistische Sprüche rausgehauen und es kommt zu autoritären Regierungsformen.“

Manni und die Reportage

&bdquo;Das ist das internationale Flair. Die WM 1994 in den USA war richtig klasse. Da sitzen 150 Reporter vor dir auf der Pressetribüne und ein kolumbianischer Schreihals brüllt dir ins Ohr. Ich habe mir dann Kopfhörer aufgesetzt. Bei 30 Grad in Orlando war das richtig schön feucht und ich habe mir jedes Mal ’ne Mittelohrentzüdung geholt. Darum habe ich mir nachher ein künstliches Trommelfell einsetzen lassen.

Die WM 1986 in Mexiko war noch etwas exotischer. Da waren wir Journalisten zusammen mit den Mannschaften im gleichen Hotel untergebracht. Da saßen die Bild-Haie am Beckenrand und warteten, dass die Spieler in den Pool pinkelten. Das ging schon damals nicht und war auch das letzte Mal, dass man so nah an der Mannschaft dran war. “

Manni und die Heim-EM

&bdquo;Die Vorfreude ist gemäßigt, nachdem wir uns so viel Grütze zusammengespielt haben. Ob zwei gute Spiele reichen? Bei den Deutschen ist eine Generation am Werk, die offensichtlich zu stark fehlerbehaftet ist. Vor allem hinten in der Abwehr leisten sie sich immer wieder dicke Bolzen.

Und vorne spielt Füllkrug den Mittelstürmer. Das hätte mal vor fünf Jahren einer sagen sollen. Wenn 100 perfekt ist, dann sehe ich die deutsche Nationalmannschaft bei 70. Den Titel würde ich den Engländern gönnen. Die wären nach langer Zeit mal dran.“

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