Salzuflerin gibt sich als Krankenschwester aus und bekommt im Klinikum Lippe Medikamente

Kreis Lippe. Unfassbar ist, dass der Plan überhaupt funktioniert hat: Eine junge Frau aus Bad Salzuflen hat sich im Krankenhaus Lemgo als Krankenschwester ausgegeben und sich dadurch Medikamente beschafft. Weil die 22-Jährige bei ihrer Verhandlung vor dem Amtsgericht Lemgo aus Sicht des Vorsitzenden Richters Prof Dr. Florian Hobbeling aufrichtige Reue zeigt, nicht vorbestraft ist und auch der Strafbestand diskussionswürdig erscheint, kommt sie mit einem blauen Auge - und damit einer Geldauflage von 2000 Euro - davon.

Das Geständnis aus dem Mund der Angeklagten bekommt Richter Hobbeling aber erst, nachdem er ein paar ernste Worte spricht. Eigentlich hätte Verteidiger Fahrettin Karaduman aus Bielefeld nämlich gern einfach eine geständige Einlassung für seine Mandantin verlesen. Dieses Vorhaben hält der Richter aber für nicht zulässig. &bdquo;Verteidiger können sich super entschuldigen, es zählt aber erst richtig, wenn es von Ihnen persönlich kommt“, sagt Hobbeling. Nur dann lasse sich über eine Einstellung des Verfahrens überhaupt reden.

Angeklagte entschuldigt sich vor Gericht Der Einwand zeigt Wirkung. &bdquo;Es tut mir unglaublich leid. Es war leichtsinnig und überhaupt nicht durchdacht“, sagt die junge Frau schließlich vor Gericht. Sie habe nach der Trennung der Eltern eine schwere Zeit gehabt, an Schlafstörungen gelitten und befinde sich in neurologischer Behandlung. Die wahnwitzige Idee, sich als Krankenschwester zu verkleiden, hatte sie nach einer besonders schlimmen Nacht. &bdquo;Ich brauchte einfach die Tabletten.“

Als die Salzuflerin am 26. März 2024 wohl kurzfristig keinen Arzttermin bekommen konnte, nahm sie nach eigener Aussage die Dienstkleidung ihrer Schwester, um sich als Mitarbeiterin des Klinikums auszugeben und an Medikamente zu kommen. Da die Frau selbst schon kurzzeitig beim Klinikum Lippe gearbeitet hatte, kannte sie sich entsprechend aus.

Zunächst habe sie am Standort in Lemgo auf der Station 42 eine Mitarbeiterin beiläufig nach Zopiclon-Tabletten - also Schlafmittel - gefragt, dort habe es aber keine gegeben, daher ging die Suche weiter. &bdquo;Ich bin dann auf die Station 13 gegangen und habe eine andere Mitarbeiterin gefragt. Die konnte mir welche gegeben“, sagt die 22-Jährige. Rumgewühlt habe sie in den Medikamentenschränken nicht, sagt sie vor Gericht. Die 20 Tabletten - eine Packung kostet etwa 10 Euro - habe die junge Frau für sich selbst gebraucht.

Berufsverbot möglich? Dennoch denkt der Richter während der Verhandlung zumindest kurz laut über ein mögliches Berufsverbot nach, als er hört, dass die 22-Jährige aktuell in einem Seniorenheim arbeitet und bald eine Ausbildung zur Pflegefachkraft beginnen will. Letztendlich hält der Vorsitzende es aber für angemessen, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 2000 Euro vorläufig einzustellen. Staatsanwalt und Verteidiger stimmen dem Ganzen zu. Die Summe soll die 22-Jährige in Raten von je 350 Euro innerhalb eines halben Jahres an die Gesundheitsstiftung des Kreises Lippe zahlen - das Geld kommt dem Reanimationsprojekt zu gute.

Da die Tat wegen der Medikamentensorte nicht unter den angeklagten Verstoß gegen das Betäubungsmittel fällt und auch eine Verurteilung wegen Diebstahls oder Betrugs in diesem außergewöhnlichen Fall diskutabel gewesen wäre, scheint die Einstellung für die Prozessbeteiligten die sauberste Lösung zu sein. &bdquo;Bestrafen müssen wir es“, macht der Richter deutlich. &bdquo;Junkies dürfen das nicht einfach nachmachen.“

Klinikum erstattet Anzeige Und wie flog das Ganze auf? Nach Angaben des Gerichts war einer Mitarbeiterin der Station 42 aufgefallen, dass die Angeklagte keine Kollegin war und nach Medikamenten gesucht habe. Dies wurde der Stationsleitung gemeldet, teilt Amtsgerichtsdirektorin Petra Borgschulte mit. Die Schwester der Angeklagten hatte einmal Fotos ihrer Schwester gezeigt. Die Mitarbeiterin der Station 13, die die Medikamente der Angeklagten ausgehändigt hatte, erinnerte sich an die Fotos und erkannte die Angeklagte wieder. Die Stationsleitung meldete den Vorfall und das Klinikum erstattete Strafanzeige. Laut Klinikum-Sprecher Christian Ritterbach gibt es &bdquo;beim Umgang und der Ausgabe von Medikamenten im Klinikum Lippe eine genaue Routine und strenge Sicherheitsvorkehrungen, die auch in diesem Fall gegriffen haben“.

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