Kindheitstraum: Zwei Busfahrer erzählen, warum sie den schönsten Job der Welt haben

Kreis Lippe. In NRW fehlen bis Ende des Jahres fast 8000 Busfahrer - davor warnt der Landesverband der Busunternehmer. Zwei Lipper zumindest können nicht ganz nachvollziehen, dass sich für die vielen altersbedingt ausscheidenden Kollegen offensichtlich zu wenig jüngere hinters Steuer setzen wollen. Für Leen de Kok und Janis Düphans ist Busfahrer der schönste Beruf der Welt.

Beide fahren für Karl Köhne, ein Unternehmen der Verkehrsbetriebe Extertal. Und während der eine, Leen de Kok, mit 30 Jahren Berufserfahrung ein alter Hase ist und damals eher zufällig zu seinem Job kam, hat der andere sich einen Kindheitstraum erfüllt. &bdquo;Ich wollte schon mit vier Jahren nichts anderes werden“, erzählt Janis Düphans, heute 24. Andere wollen als Erwachsene Tierarzt oder Lokomotivführer sein, er eben Busfahrer. &bdquo;Ich stand mit meiner Mutter an der Haltestelle zu Hause in Kamen und fand die riesigen Gelenkbusse so toll“, erzählt er. &bdquo;Später bin ich jeden Tag zur Schule mit einem solchen Bus gefahren, ich war ein richtiger kleiner Nerd, kannte alle Nummern von allen Linien bei uns.“

Mit vier Jahren schon ein Bus-Nerd

Aus dem Nerd ist ein richtiger Busfahrer geworden, mit Köhne-Mütze, Köhne-Shirt und einer richtigen dreijährigen Ausbildung. Der Busfahrer gehört zu den staatlich anerkannten Berufen in Deutschland. Düphans hatte den Autoführerschein extra mit siebzehneinhalb gemacht, &bdquo;dann konnte ich mit 18 die Lehre beginnen“. Dazu gehört Fahr- und Dienstplanung, Kalkulation, Fahrzeugtechnik und natürlich der Busführerschein bei einer externen Fahrschule. Die Liebe führte ihn nach Lemgo, Köhne nahm ihn mit Kusshand.

Aus dem staunenden Kind ist 20 Jahre später ein Busfahrer aus Leidenschaft geworden, der im Leben nichts anderes würde machen wollen. &bdquo;Am meisten mag ich es, wenn viel Verkehr und richtig was los ist.“ Im Stadtbus Lemgo gibt es solche Linien, sagt er. Und wenn er mal irgendwo einspringen muss? &bdquo;Kein Problem. Neue Routen präge ich mir sofort ein. Und doofe Umleitungen und Verspätungen hin oder her: Ich habe die Berufswahl noch keinen Tag bereut.“ Düphans weiß, mit welcher Linie er morgens um acht Uhr rechtsrum abbiegen muss, um neun Uhr aber linksrum. Das verinnerlicht er auch Dank &bdquo;Google Maps“ schnell.

Teil der HSG-Familie

Leen de Kok kam nach Abzug der Niederländer aus Blomberg zum Beruf, hätte vor 30 Jahren auch bei der LHG als Fahrer anfangen können. Gefahren war er schon für die Armee, das konnte er, das wollte er weitermachen. Der 58-Jährige ist froh und stolz, bei Köhne gelandet zu sein. &bdquo;Ich habe hier von der Pike auf alles gelernt.“ Ein Glücksfall dann 2004: Er bewarb sich intern als Hilfs-Reisebusfahrer. Einen Reisebus hat Köhne nämlich auch, und zwar den, mit dem die HSG Blomberg unterwegs ist. &bdquo;Die Handballerinnen brauchten einen neuen Fahrer. Ich bin mit den Jahren ein großer Fan und Teil der HSG-Familie geworden.“ De Kok kennt alle Parkplätze der Bundesliga-Hallen, sieht alle Spiele, kennt alle Spielerinnen. Die Kameradschaft und die Freundschaft seien großartig. Und wenn der blaue Bus an eine Reisegruppe vermietet wird, an Landfrauen oder Chöre, dann fährt er ihn auch, das macht ihm Riesenspaß. &bdquo;Drei Tage bayrischer Wald oder so - man fährt als Fremder los und kehrt als Freund zurück.“

Dieser Kontakt zu den Fahrgästen ist es auch, der ihm &bdquo;auf Linie“ viel Freude macht. Leider schaffe die &bdquo;Corona-Scheibe“ Distanz. &bdquo;Der persönliche Draht fehlt mir schon.“ Um so mehr freut es ihn, wenn ein Fahrgast mal einen Schoko-Nikolaus ’rüber reicht oder eine Mama ihrem Kind erklärt: &bdquo;Guck mal, der nette Busfahrer hat mich auch schon zur Schule gebracht.“ Dann starte der Tag gut. Stammgäste gebe es wenige, auch weil die Touren und Schichten wechselten. Zwei verschiedene Routen täglich sind Standard.

Der Kontakt wird unpersönlicher

Leider werde der Kontakt zu den Fahrgästen immer unpersönlicher. &bdquo;Viele zeigen ihr Deutschland-Ticket und haben ihren Knopf im Ohr.“ Und: Manche Mitfahrer werden schneller aggressiv als früher, zeigen den Mittelfinger, werden unflätig. Volle Schulbusse mit quengelnden Kindern hat es immer schon gegeben, die gehören dazu. Der Schülerverkehr laufe generell gut, sagt de Kok, auch wegen des Deutschlandtickets. Aber: &bdquo;Das Verhalten unserer Fahrgäste insgesamt hat sich schon geändert.“ Das Unverständnis bei Verspätungen und Umleitungen werde größer. Zuweilen, selten, müssen die Busfahrer von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, auch die Polizei hat de Kok schon gerufen.

Janis Düphans stimmt den Beobachtungen zu. &bdquo;Das habe ich selbst mit meiner kurzen Berufserfahrung schon gemerkt.“ Was er gelernt hat: Bei aggressiver Stimmung ruhig zu bleiben. &bdquo;Du musst den Leuten zeigen, dass du der Profi bist.“ Als junger Busfahrer höre er, wie die Kollegen reagierten, schaue sich viel ab. Und er wisse ja, dass der nächste Tag besser werde. &bdquo;Aber die Erfahrungen musst Du schon machen, Du musst deine Linie durchziehen“, rät der alte Hase de Kok. Damit es der schönste Beruf der Welt bleibt.

200 Busfahrer

Sven Oelmann, Geschäftsführer der VBE, kennt die Zahlen des Landesverbandes der Busunternehmen. Bei der VBE sei die Lage nicht ganz so schlimm, die Zahl der Busfahrer (200) reiche. Die VBE bilde zurzeit drei Busfahrer aus, &bdquo;die Azubis bleiben oft bei uns“. Auch in Zeiten extremer Personalknappheit in den Jahren 22/23 seien höchstens mal einzelne Fahrten ausgefallen. Zwar gingen viele Kollegen in Rente, führen aber glücklicherweise weiter. Es gebe kontinuierlich Bewerbungen, der Krankenstand sei niedrig. Zudem schult die VBE Arbeitssuchende um, die vom Jobcenter vermittelt werden. Tariflich sei viel passiert, der Job werde deutlich besser bezahlt als noch vor Jahren. Dies konkretisiert Fahrer Leen de Kok: Statt rund 14 Euro Mindestlohn gebe es nun 20 Euro die Stunde. Routen-Tausch sei möglich. Prokurist Uwe Kortemeier bestätigt: &bdquo;Wenn die Lenk- und Ruhepausen passen, machen wir vieles möglich.“ Bei längeren Pausen werde nur die gesetzliche Ruhezeit abgezogen, zudem sei der Fuhrpark modern.

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