Patient gelähmt? Kreis Lippe prüft mutmaßliche Fehler des Rettungsdienstes

Kreis Lippe. Die Personaldecke im Rettungswesen ist dünn, es fehlen Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, die in der Lage sind, Patientinnen und Patienten medizinisch fachgerecht erstzuversorgen. Dabei ist der Bedarf groß. Allein im Kreis Lippe hat es im Jahr 2024 rund 54.000 Rettungsfahrten gegeben.

Um Kapazitäten für Notfälle zu schaffen, besetzt der Kreis seit einem Jahr - wie auch anderswo üblich - manche Einsatzfahrzeuge ausschließlich mit weniger qualifizierten Rettungssanitätern. Die schickt der Disponent nur raus, wenn die Situation für die Betroffenen nicht als lebensbedrohlich eingeschätzt wird. 1730 solcher Einsätze hat es dem Kreis nach 2024 gegeben. In zwei Fällen könnte womöglich etwas schief gegangen sein. Der Kreis Lippe geht beiden Fällen jetzt nach.

Querschnittsgelähmt durch Rettungseinsatz? In einem Fall hat sich die Familie des Betroffenen beim Kreis beschwert. Dem Vorwurf nach geht es darum, ob die eingesetzten Rettungssanitäter den verletzten Patienten möglicherweise falsch behandelt und damit geschadet haben könnten. Der Betroffene soll nun querschnittsgelähmt sein. Der Kreis geht daher der Frage nach, ob die Ursache in einer möglicherweise fehlerhaften Behandlungsmethode gelegen haben könnte.

Die genauen Hintergründe sind noch vage: Fest steht, dass die betroffene Person sich beim Sturz aus mehreren Metern verletzt haben soll. Die daraufhin angeforderten Rettungssanitäter sollen die Person dann der Beschwerde nach mutmaßlich nicht auf eine den Körper stabilisierende Vakuummatratze gelegt haben, sondern ihr aufgeholfen und diese zum Krankentransportwagen (KTW) geführt haben.

Der Kreis Lippe bestätigt den Einsatz, will aber keine Einzelheiten nennen, da der Fall gerade aufgearbeitet werde. Allerdings decke sich der beschriebene Verlauf nicht mit den bisher vom Kreis gewonnenen Erkenntnissen, heißt es aus der Pressestelle. &bdquo; Die weitere Prüfung zum genauen Ablauf des Einsatzes ist aber noch nicht abgeschlossen“, teilt Kreis-Pressesprecher Patrick Bockwinkel auf Anfrage mit. Demnach gebe es kein abschließendes Ergebnis.

Anzeichen für Schlaganfall entdeckt erst der Arzt Darüber hinaus sollen Rettungssanitäter aus Lippe in einem zweiten Fall möglicherweise einen Hinweis auf einen Schlaganfall übersehen haben. Bei dem Einsatz geht es um einen Transport zum Klinikum Herford. Rettungssanitäter könnten bei einer Person einen sogenannten Herdblick nicht erkannt und dementsprechend nicht richtig eingeordnet haben. So zumindest lautet der Vorwurf.

Wer von einem Herdblick betroffen ist, kann den Blick der Definition nach nicht mehr kontrollieren, die Augen richten sich nach oben oder zur Seite aus. Einem Arzt im Klinikum Herford soll das Anzeichen auf einen Schlaganfall bei dem eingelieferten Patienten eher zufällig aufgefallen sein. Auch dieser Fall wird derzeit vom Kreis geprüft, heißt es.

Auffälligkeiten blieben Einzelfälle Die beiden Einsätze markierten absolute Einzelfälle, betont der Kreis Lippe weiter. &bdquo;Insgesamt liegen dem Kreis derzeit keine weiteren Beschwerden aus dem Bereich Rettungsdienst vor“, heißt es. Generell erreichten die Kreisverwaltung sehr wenige Beschwerden, und wenn doch, ginge es fast ausschließlich um zwischenmenschliche Gründe.

Beispielsweise beschwerten sich Menschen darüber, wenn das Personal vermeintlich unfreundlich gewesen sei, heißt es. &bdquo;In den wenigsten Fällen wird die Fachlichkeit thematisiert“, schreibt Pressesprecher Patrick Bockwinkel. &bdquo;Wesentlich häufiger erhalten wir positive Rückmeldungen, in denen sich Patientinnen und Patienten für unseren Einsatz bedanken.“

Bis auf die beiden aktuell zu prüfenden Vorfälle habe es keine weiteren Auffälligkeiten bei den Einsätzen des &bdquo;KTW/ Typ 2“, also dem seit einem Jahr ausschließlich mit Rettungssanitätern besetzen Rettungswagen, gegeben. Dem Kreis nach werden die Einsätze regelmäßig mit dem ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes aufgearbeitet. Sie sparen ebenfalls Geld: Krankenkassen zahlen für einen Krankentransport 327 Euro - also etwa 500 Euro weniger als für einen regulären Rettungstransport.

Unterschiede zwischen Notfall- und Rettungssanitäter Eine &bdquo;reguläre“ Besatzung besteht laut Kreis aus einem Rettungssanitäter und einem Notfallsanitäter. Hinter letzterem Berufsbild steckt eine dreijährige vollwertige Berufsausbildung. Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter arbeiten eng mit dem Notarzt oder der Notärztin zusammen, können aber auch eigenverantwortlich tätig werden.

Dagegen absolvieren Rettungssanitäterinnen und -sanitäter eine Schulung von etwa dreieinhalb Monaten. Sie gilt dem Roten Kreuz nach als Einstieg im Rettungsdienst. Alle beim Kreis autark fahrenden Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter hätten &bdquo;mehrjährige Erfahrung im Rettungsdienst“, schreibt der Kreis. Außerdem bekämen alle noch eine zusätzliche Schulung. Dem Rettungsdienstbedarfsplan nach dauert diese einen Tag lang.

Selbst eine reguläre Besatzung treffe allerdings Entscheidungen, die im Nachhinein eventuell anders getroffen worden wären. Das zu betonen, ist dem Kreis Lippe noch wichtig.

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