87 Prozent Zufriedenheit: Standort-Check mit Lippes Unternehmen

Kreis Lippe. Die gute Nachricht vorweg: Die Unternehmen in Lippe fühlen sich hier fast alle richtig aufgehoben. Erstmals seit 2019 hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Lippe die kleinen und mittleren Betriebe im Schatten des Hermannsdenkmals bei einer Standortumfrage befragt, wie es ihnen hier geht. Das Ergebnis: Knapp 87 Prozent sind zufrieden - das ist nur ein Mini-Minus gegenüber vor sechs Jahren. Und: Ein Viertel will sich vergrößern, eine Verlagerung steht nur bei drei Prozent auf der Agenda.

Also alles Friede, Freude, Eierkuchen? Davon kann nach Worten von IHK-Präsident Volker Steinbach und Hauptgeschäftsführerin Svenja Jochens dann doch nicht die Rede sein, stellt Steinbach der Bilanz immerhin ein &bdquo;Trotz“ voran. Das klingt so: &bdquo;Trotz der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen fühlen sich die lippischen Unternehmen an ihrem heimischen Standort im Großen und Ganzen wohl.“

Neue Regierung ist gefragt Um dem genauer auf den Grund zu gehen, hat die IHK unter Leitung von Projektchefin Stefanie Schöpe jedes vierte Unternehmen gefragt, die Rücklaufquote war hoch. Vor allem kleine Firmen mit weniger als zehn Mitarbeitern und zu 18 Prozent auch Ein-Mann-Betriebe haben geantwortet. &bdquo;Stimmen, die man sonst nicht so wahrnimmt“, sagt Steinbach mit Blick auf die kleinen und kleinsten Unternehmen fehlende PR-Abteilung.

Die Stimmen sind ganz frisch, betont Schöpe mit Blick auf die im Januar versandten Fragebögen. Die erwartbaren Themen stehen dabei oben, denn, so Hauptgeschäftsführerin Jochens, die IHK setze große Hoffnungen in die neue Bundesregierung, &bdquo;wichtige Strukturreformen breiter und schnell anzufassen“. Die Themen, die die Wirtschaft sieht, wolle man dank der Umfrage in Politik und Verwaltung platzieren. Jochens: &bdquo;Wir sind in einer problematischen Situation, über die wir lange geredet haben - jetzt ist die Zeit, wieder Wirtschaftspolitik zu machen.“

Schlechte Straßen, &bdquo;lahme“ Bürokratie Baustellen, die die IHK über die Umfrage destilliert hat, sind im Bereich der Infrastruktur vor allem das schnelle Internet und der teils schlechte Straßenzustand. Beim wirtschaftlichen Umfeld müssen nach dem Geschmack der Unternehmen Bürokratie und Regulierungen abgebaut sowie das Tempo erhöht werden, mit dem Genehmigungen und andere Verwaltungsakte ablaufen. Bei den Standortkosten schmerzen in dieser Reihenfolge besonders: die Energiekosten, Grund- und Gewerbesteuern, Wasser-/Abfallgebühren und die Personalkosten. &bdquo;Verheerende Bewertungen“, fasst es IHK-Präsident Steinbach schonungslos zusammen.

Interessant wird es im Paket &bdquo;Lebensqualität“. Weniger verwunderlich dort noch die Mahnung, genug bezahlbaren Wohnraum sicherzustellen. Dass aber neben den Lebenshaltungskosten auch die medizinische Versorgung solch einen Stellenwert bei den Firmen genießt, hatte die IHK so nicht erwartet. &bdquo;Letztes Mal landete dieser Punkte beileibe nicht so weit vorne“, erkennt Schöpe Auswirkungen der Diskussionen um das Klinikum.

Hauptsache, der Strom fließt Die absolut größte Bedeutung messen die Unternehmen übrigens der Versorgungssicherheit mit Strom bei - ein Punkt, in dem sie allerdings zufrieden sind. Auch die Nähe zu den Lieferanten und Kunden wird in Lippe traditionell gut bewertet, ebenso wie weiche Faktoren wie Naherholung und Einkaufsmöglichkeiten.

Apropos Grundsteuer: Tendenziell hat die Reform zu Jahresbeginn das Gewerbe eher entlastet und dies den privaten Haushalten aufgebrummt. Summen, die nach Ansicht von Jowat-Vorstand und IHK-Vollversammlungsmitglied Ralf Nitschke aber zu gering ausfallen, um spürbar die Wirtschaft zu entlasten. Stattdessen habe zu Jahresbeginn zunächst einmal eine ordentliche Gewerbesteueranhebung ins Kontor geschlagen. &bdquo;Ein Riesenthema“, findet auch Hauptgeschäftsführerin Jochens mit Blick auf 30 Prozent Steuern in Deutschland im Vergleich zu 21 in der EU.

Besser in den USA selbst produzieren Nach Ansicht von Jowat-Chef Nitschke verlieren deutsche und damit auch lippische Produkte mehr und mehr ihre Wettbewerbsfähigkeit. Hohe Energiekosten, lange Genehmigungsverfahren, Umweltauflagen ... &bdquo;es ist einfach überzogen, wir müssen zurück zu Maß und Mitte“, mahnt der Vorstand des Detmolder Industrieklebstoff-Herstellers. Angesichts der Qualität, die inzwischen auch China und Indien lieferten, beschränke sich der einstige Exportweltmeister Deutschland inzwischen mehr und mehr auf den europäischen Markt. Nitschke: &bdquo;Das führt am Ende natürlich zu einem bescheideneren Lebensstandard.“

Mit gemischten Gefühlen blicken IHK und Unternehmen auf Amerika: Die erratische Politik von Präsident Trump hinterlasse Verunsicherung, so IHK-Präsident Steinbach. In seinen eigenen Werken in Texas und North Carolina läuft es ebenso wie bei Jowat USA hingegen umsatzmäßig gut. Angesichts der neuen Zollbarrieren seien aber vor allem die Firmen sicher aufgestellt, die in den Vereinigten Staaten selbst produzierten und nicht importierten.

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