Barntruper wegen sexuellen Missbrauchs seiner Töchter in mehr als 400 Fällen verurteilt

Barntrup/Detmold. In hochgerechnet 700 Fällen soll der angeklagte Barntruper von 2002 bis 2014 regelmäßig, mindestens einmal pro Woche, sexuelle Handlungen an sich vorgenommen haben, während seine drei minderjährigen Töchter anwesend waren. Die große Jugendkammer des Landgerichts Detmold unter dem Vorsitz von Richterin Anke Grudda hat den heute 64-Jährigen daher in 415 sowie im Fall eines Missbrauchs in der Badewanne zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Zusätzlich muss der Angeklagte 3500 Euro an den Kinderschutzbund Detmold zahlen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Zum Tatvorwurf: E ntweder soll sich der Barntruper laut Anklage oberhalb der Kleidung an sein Glied gefasst haben oder sichtbar und bewusst vor den Töchtern masturbiert haben. Oft habe sich der Angeklagte auch nackt durch die Räume bewegt. In einem weiteren Fall soll der Barntruper seine Tochter zudem in der Badewanne sexuell missbraucht haben.

Umfassendes Geständnis der Taten Die Staatsanwältin Sarah Garbuszus beantragte vorab, das Verfahren für die Taten aus den Jahren 2002 bis 2006 einzustellen. Diese fielen, so ihre Begründung, &bdquo;gegenüber der übrigen Taten nicht erheblich ins Gewicht“. Zu Beginn der Verhandlung räumte der Angeklagte durch seinen Verteidiger Dr. Carsten Ernst ein umfassendes Geständnis ein.

&bdquo;Es ist schwierig, sich selbst einen Spiegel vorzuhalten, vor allem wenn es schon so lange her ist“, sagte Ernst. Doch genau das tue sein Mandant. Er könne heute nicht mehr sagen, wie viele Fälle es waren, doch er schäme und entschuldige sich dafür. Im Verlauf der Verhandlung betonte der Angeklagte mehrmals, dass er keinen Kontakt zu seinen Töchtern habe und auch in Zukunft keinen wolle. Er lebt weiterhin mit seiner Ehefrau zusammen.

&bdquo;Die Scham muss die Seiten wechseln“ Zwar macht das Geständnis Zeugenaussagen im Grundsatz entbehrlich – dennoch möchten zwei der Töchter aussagen. &bdquo;Ich bin erstaunt, dass er gestanden hat. Das hätte ich nicht gedacht“, sagt die 29-Jährige leise. Nach dem Vorfall in der Badewanne und den vielen weiteren Fällen leide sie unter Angstzuständen und Panikattacken und befinde sich in psychologischer und psychiatrischer Behandlung.

Viele hätten sie gefragt, warum sie sich eine Gerichtsverhandlung freiwillig antue. Ihre Antwort zitiert sie mit den Worten der bekannten Aktivistin Gisèle Pelicot , die einen Missbrauchsprozess in Avignon durchgestanden hat: &bdquo;Die Scham muss die Seiten wechseln.“

Zeugin kann Geständnis nicht ernst nehmen Dass sich der Barntruper wirklich schuldig fühlt, bezweifelt seine 27-jährige Tochter: &bdquo;Ich kann das nicht ernst nehmen.“ Zur Zeit der Taten hätten sie und ihre Schwestern ihn mehrfach gebeten, mit dem Masturbieren in ihrer Gegenwart aufzuhören – vor allem, wenn er sie dabei ansah.

Doch ihr Vater habe darauf nur verständnislos und aggressiv reagiert. Er soll laut Anklage massiven psychischen Druck auf die Zeuginnen ausgeübt haben und von Selbsttötung und Tötung aller Beteiligten gesprochen haben. Auch Jahre später, als sie ihn mit den Vorwürfen konfrontierte, habe er sich geweigert, seine Schuld einzugestehen.

Geständnis wiegt schwer &bdquo;Er hat das eigentlich immer gemacht. Als Kind hält man ja erst mal alles für normal, was die Eltern machen“, sagte die 27-Jährige. Erst durch Gespräche mit Freunden habe sie gemerkt, dass das nicht normal gewesen sei, und sich dafür geschämt. Sie leide mittlerweile unter Angstzuständen und Panikattacken. &bdquo;Ich schaffe es im Moment nicht, meine Tür zu öffnen, weil ich denke, er steht davor“, erzählte sie weiter.

Das Geständnis des Angeklagten wiegt allerdings schwer, betonte die Staatsanwältin: &bdquo;Man hat gesehen, wie er sich zu Recht geschämt hat, hin und her gewippt ist und mit den Fingern gespielt hat.“ Außerdem konnte er seinen Töchtern nicht in die Augen sehen. Negativ fiel hingegen der immens lange Tatzeitraum ins Gewicht. Nur weil die jüngste Tat mehr als zehn Jahre zurückliege, sei die Staatsanwältin mit einer Bewährungsstrafe einverstanden.

&bdquo;Für die Kammer ist es erschreckend, welche erheblichen Folgen die Taten hinterlassen haben“, sagte Richterin Anke Grudda abschließend. Es mache betroffen, die drei jungen Frauen im Gerichtssaal zu sehen, deren Leben durch die Missbräuche nachhaltig geprägt worden seien.

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