Jagdrecht: Warum eine Lipperin seit Monaten auf die Lizenz zum Jagen wartet

Kreis Lippe. Es war eine Reaktion auf die Anschläge des vergangenen Jahres: Noch im Oktober 2024 hat der damalige Bundestag ein Sicherheitspaket verabschiedet, von dem auch das Waffenrecht betroffen ist. Und genau dieser Punkt hat teils unangenehme Folgen, unter anderem für Jäger, wie ein Fall aus Lippe zeigt. Ramona Becker, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hatte damals die aktuelle Diskussion verfolgt und sich gekümmert, um möglichst rechtzeitig ihren Jagdschein zu verlängern.

Denn auf seiner Internetseite hatte der Jagdverband bereits kurz nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes auf Änderungen im Verfahren zur Erteilung und Verlängerung von Jagdscheinen gegeben: &bdquo;Neben den bisher schon notwendigen Abfragen bei verschiedenen Behörden sind nun Weitere dazugekommen...“ Der &bdquo;Flaschenhals“ werde wohl die waffenrechtliche Prüfung und die dazu einzuholenden Behördenauskünfte sein, mutmaßte der Jagdverband.

Immerhin erreichte die Jägervertretung, dass die Antragsfrist um einen Monat nach vorn verlegt wurde, und davon machte auch Ramona Becker Gebrauch: &bdquo;Ich habe den Antrag schon im Dezember gestellt“, erzählt die Lipperin der LZ. Es war ihr damals klar, dass ihr aktueller Jagdschein nur noch bis zum 31. April 2025 gültig sein würde, denn das Jagdjahr läuft immer vom 1. Mai jeden Jahres bis Ende April des folgenden. Genützt hat es ihr nichts: Noch immer hat sie keine Möglichkeit, legal jagen zu gehen, sie wartet immer noch auf die Verlängerung.

De facto ein Jagdverbot Dabei wäre es eigentlich an der Zeit: Zwar sind derzeit noch die Rehe mit ihren Kitzen unterwegs, aber Rehböcke dürfen ab Mai geschossen werden. Teilweise sollten sie es auch, um eher schlecht entwickelte Jungböcke aus dem Bestand zu nehmen. &bdquo;Es gibt ja nicht nur ein Jagdrecht, sondern auch eine Pflicht zur Hege, dazu gehört auch der Abschuss schwächerer Tiere“, heißt es dazu beim Jagdverband. Das ist nicht alles: Mitunter werden Jäger auch gerufen, um nach einem Autounfall ein verletztes Tier zu erlösen. Da müsste Ramona Becker derzeit passen: &bdquo;Ich würde mich ohne einen Jagdschein strafbar machen.“ Und: Wer keinen gültigen Jagdschein besitzt, kann auch kein Revier pachten.

Aber warum dauert das eigentlich so lange mit der Verlängerung? Den Antrag hat Ramona Becker wie immer bei der Unteren Jagdbehörde gestellt, also beim Kreis Lippe. Auf Nachfrage der LZ teilt der Kreis Lippe dazu mit: &bdquo;Eine für die unteren Jagdbehörden grundlegende Änderung ist, dass sie die Zuverlässigkeitsprüfungen bei Jagdscheinanträgen nicht mehr selbst durchführen. Das machen jetzt die Waffenbehörden. Darüber hinaus müssen die Waffenbehörden zusätzliche Erkenntnisstellen anfragen (Bundespolizei, Zollkriminalamt und je nach Einzelfall auch beim Bundeskriminalamt) sowie die Wohnorte der letzten zehn Jahre erfassen und bei der Überprüfung berücksichtigen.“ Was dazu führen könnte, dass die Landeskriminalämter weiterer Bundesländer bei der Prüfung involviert werden könnten.

Übermittlung per Schneckenpost Wer nun denkt, dass das mal fix per Knopfdruck am Computer funktioniert, der irrt, wie der Kreis Lippe erläutert: Vom Kreishaus wandern die Auskunftsersuchen der Unteren Jagdbehörde per Hauspost zur Waffenbehörde, das heißt zur Kreispolizei, und die Ergebnisse auf demselben Weg wieder zurück. &bdquo;Aktuell wird an einer digitalen Datenübermittlung zwischen Jagd- und Waffenbehörden gearbeitet“, schreibt der Kreis. Und bevor die Waffenbehörde nicht alle Auskünfte gesammelt und weitergegeben hat, wird das auch nichts mit der Jagdscheinverlängerung.

Die Abfragen bei all den beteiligten Behörden müssen einzeln manuell abgearbeitet werden, schreibt die Pressestelle der Kreispolizei, und wenn in irgendeinem Bereich &bdquo;Erkenntnisse vorliegen, kann sich hierdurch eine abschließende Beurteilung deutlich verzögern. In diesem Zusammenhang müssen staatsanwaltschaftliche Akten oder auch Gutachten angefordert und ausgewertet werden. Weiterhin mussten sich viele Erkenntnisstellen auf die Neuregelung und die damit einhergehenden Abfragemasse einstellen. Hier kann es ebenfalls zu Verzögerungen in der Abarbeitung kommen.“ Damit ist auch die Polizei nicht glücklich: &bdquo;Die Waffenbehörde bedauert, wenn es in Einzelfällen aufgrund der geänderten, vorgeschriebenen Vorgehensweise zu längeren Wartezeiten kommen sollte.“

&bdquo;Schrauben an der falschen Stelle“ Nicht glücklich ist auch der Jagdverband NRW mit der ganzen Sache, der zu diesem Thema auch mit Innenminister Herbert Reul gesprochen hat: &bdquo;Der Innenminister sieht es auch so, dass die Bedrohung der Sicherheit nur zu einem verschwindend kleinen Teil von Jagdwaffen ausgeht. Das ständige Schrauben an Gesetzen ist ein Schrauben an der falschen Stelle“, sagt Pressesprecher Andreas Schneider. Allerdings habe die Umsetzung in diesem Fall in den meisten Fällen ganz gut geklappt - von bedauerlichen Einzelfällen mal abgesehen. Und zu den bedauerlichen Einzelfällen gehört nun auch Ramona Becker. Sie ist frustriert: &bdquo;Aber eines ist klar. Ohne gültigen Jagdschein gehe ich nicht in den Wald.“

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