Unterm Hermann: Wie Hans-Joachim Heist als Heinz Erhardt dem Müll eine Abfuhr erteilt

Detmold. Eines vorab: Geschrien hat er kein einziges Mal. Das vor Zorn puterrot angelaufene Gesicht bekamen die Gäste unterm Hermann nicht zu sehen, das gibts ja regelmäßig freitagabends in der Heute-Show. Stattdessen präsentierte sich Hans-Joachim Heist bei den &bdquo;Hermanns-Festspielen“ von einer ganz anderen Seite: Der &bdquo;kleinste Künstler Deutschlands“ hatte für den Auftritt unter dem größten Denkmal Deutschlands den Hassknecht zu Hause gelassen und den Heinz mitgebracht. Den Heinz Erhardt.

Und die Rolle dieses großen Komikers und Meisters der deutschen Sprache, des Wortwitzes und der Wortverdreherei, des Kalauer-Königs, ist Heist wie auf den Leib geschneidert. Schon großartig, wie er die Mimik und Gestik Erhardts nachahmen kann, dessen Art zu gehen und vor allem dessen Stimme in all ihren Facetten. Heist reicht es, dem Publikum einmal kurz den Rücken zuzudrehen, um sich binnen Sekunden in Erhardt zu verwandeln: Die markante schwarze Brille auf der Nase und den rechten Zeigefinger spielerisch-mahnend erhoben, den Schalk ins Gesicht gezaubert, die Glatze überkämmt. Die Rolle, in die Heist schlüpft, funktioniert, auch wenn der Abend nicht ausverkauft war, tatsächlich auch im Jahr 2025 noch. Sind Erhardts große Zeiten doch rund 60 Jahre her, es waren die Zeiten der Schwarz-weiß-Fernseher und des sonntäglichen Versammelns in der guten Stube vor der Glotze, um über Willi Winzig, den letzten Fußgänger und ähnliches zu lachen.

TV-Star und Entertainer Heinz Erhardt war aber nicht nur TV-Star, sondern ein sehr guter Entertainer auf der Bühne. Das Wort Comedian war noch gar nicht erfunden, da füllte er diesen Begriff schon mit Leben. Und daran erinnert Heist, blödelt, rezitiert den großen Meister. Es gelingt ihm, die gemütliche Arena des Freilufttheaters mit Fröhlichkeit zu füllen - eine in diesen Zeiten rar gewordene Stimmung. Es sind die uralten Witze der Eltern- und Großelterngeneration zu hören, manche Kenner sprechen die Pointe mit. Wollen wir mit einem Glas Sekt an- und dann aufstoßen, gnädige Frau? Werden wir dem Müll eine Abfuhr erteilen? Für den Urlaub in Finnland reicht es, ein Stück Seife mitzunehmen, Lappen gibt es da genug. Viele Partner zu haben ist polygam, einen zu haben ist monoton und so weiter und so weiter ...

Viele der Sparwitze lassen den ein oder anderen Besucher mit einem &bdquo;Oh Gott“ die Hände vors Gesicht schlagen, aber sie bleiben alle, genießen den Abend und die Reise die schwarz-weiße Zeit. Eine Reise, die nur durch das sich meldende Handy im Publikum kurz unterbrochen wird. &bdquo;Da ruft Sie jemand an“, sagt Heist überflüssiger- und netterweise. Es dauert ein wenig, bis die Besitzerin ihr Mobilgerät in den Schweigemodus zu versetzen vermag, sie wirft es sogar um Hilfe bittend auf die Bühne. &bdquo;Ich kümmere mich um alles“, sagt Heist als Heist und für einen Moment mal nicht als Heinz Erhardt, &bdquo;Sie müssen es mir nur sagen.“

Im Gespräch mit dem Publikum Auch in der Interaktion mit dem Publikum ist er gut, weist den Weg zu Toilette (&bdquo;die ist gar nicht so nah von hier“), erkundigt sich, ob die Pommes schmecken, und fragt einen jungen Mann im Publikum (bestimmt ist er der jüngste), warum er denn überhaupt da sei. &bdquo;Ich bin mit Heinz Erhardt großgeworden“, sagt der und muss ob dieser Antwort natürlich aufstehen: Heist will kontrollieren, wie groß er wirklich ist, und glaubt ihm erst dann. Und wo kommen die Besucher her? Heist sucht die absurdesten Namen der Heimatorte. Pivitsheide? Das ts darin zieht Hans-Jürgen Heist lang und länger, bis er resigniert: &bdquo;Da kriegt man ja einen Krampf.“ Helpup? &bdquo;Gefällt mir außerordentlich gut. Aber ich hab auch schon dunkle Pupse gesehen.“ Dünnen? &bdquo;Ist das bei Dicken?“

Am Ende eines lustigen Abends gibt Hans-Joachim Heist dann noch ein paar Erhardt-Weisheiten mit auf den Weg. &bdquo;Jeder sollte sein eigener Hirte sein und sich hüten“, mahnt er, und das Leben sei wie ein Theater: &bdquo;Ein paar arbeiten, und die anderen schauen zu“. Diesem Rat wurde auf der Stelle gefolgt. Gearbeitet haben an diesem Abend Hans-Joachim Heist und der Technik-Mann, die anderen haben fröhlich zugehört, wie Heist mit alten Witzen so manchem Comedy-Müll der Gegenwart eine Abfuhr erteilte.

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