Schlägerei in Silvesternacht: Salzufler soll 30-Jährigen in den Hals gestochen haben

Bad Salzuflen/ Detmold. Wieder sitzen sich das Opfer (30) und der mutmaßliche Täter (22) im Gerichtssaal gegenüber. Im Fokus steht der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. Bereits im Sommer hatte das Schöffengericht vor dem Amtsgericht Lemgo versucht, den Fall rund um eine Schlägerei in Salzuflen samt Messerangriff in der Silvesternacht 2023/2024 aufzuarbeiten. Ohne Erfolg.

Die zuständige Kammer konnte seinerzeit nicht ausschließen, ob am Ende doch ein versuchter Totschlag im Raum stehen könnte. In dem Fall wäre es um eine Strafe gegangen, die die Strafgewalt des Amtsgerichts von bis zu vier Jahren überschreiten würde. Deshalb hatte das Amtsgericht das Verfahren an das Landgericht als höhere Instanz abgegeben.

Schwurgericht dröselt Fall neu auf Nun muss sich das Schwurgericht unter dem Vorsitz von Richter Karsten Niemeyer komplett neu mit der Sache befassen - und die Umstände detailliert aufarbeiten. Die Aussagen der Beteiligten gehen dabei weit auseinander. &bdquo;Wir müssen prüfen, wer die Wahrheit sagt“, sagt der Vorsitzende zum Prozessauftakt.

Objektive Spuren gibt es kaum, auch die Tatwaffe fanden die Ermittler nicht. Fest steht nur: Kurz nach Mitternacht in der Silversternacht vor zwei Jahren gerieten zwei miteinander bekannte Familien beim Böllern in einem Salzufler Wohngebiet aneinander. Es kam zu einer tumultartigen Schlägerei, jemand aus der Nachbarschaft hielt die Situation auf Video fest. Viel zu erkennen ist darauf nicht, deshalb sieht Richter Niemeyer zunächst keinen Grund, den Clip überhaupt einzuführen.

Nur auf Drängen von Verteidiger Helmut Wöhler spielt die Kammer die Videosequenz doch ab. Der Ausschnitt zeigt, wie etwa 15 Männer aufeinander losgehen. &bdquo;Das war von beiden Seiten krass - von ihm und auch von seinem Bruder“, sagt das als Nebenkläger auftretende Opfer. Er habe die Beteiligten auseinanderziehen wollen. Nach ein paar Minuten trennt sich die Traube wieder, einige laufen noch hintereinander her. Der eigentliche brisante Vorfall soll erst später passiert sein.

Eine Auseinandersetzung in zwei Akten Etwa eine halbe Stunde nach der beendeten Schlägerei soll es erneut auf der Straße zu einem Aufeinandertreffen einiger Beteiligter gekommen sein. Laut Aussage des Geschädigten habe der Angeklagte vor dem Haus eines Familienangehörigen randaliert. &bdquo;Darum sind wir wieder raus“, sagt er.

Weil jemand vor einem Messer gewarnt habe, kam es offenbar schnell zum Rückzug. Dabei hätte er sich schützend vor seine Mutter stellen wollen und die Arme gehoben, sagt der 30-Jährige. In diesem Moment soll der Angeklagte ihn erst mit Pfefferspray und dann mit einem Messer attackiert haben. &bdquo;Den Stich habe ich erst gar nicht mitbekommen“, sagt der Mann aus. &bdquo;Plötzlich kullerte etwas Schleimiges an meinem Hals herunter. Das war Blut.“

Die Verletzung ist unstrittig. Das Opfer hatte laut Anklage eine Schnittwunde am linken Ohr sowie eine etwa vier Zentimeter tiefe Stichwunde im linken Halsbereich erlitten. Das dokumentiert ein mehrtägiger Krankenhausaufenthalt. In der Klinik soll der Salzufer angegeben haben, nicht zu wissen, wer ihn verletzt hat.

Vor dem Landgericht erklärt der 30-Jährige nun, wegen des Pfeffersprays beeinträchtigt gewesen zu sein und daher nicht gesehen zu haben, wie sein Gegenüber zustach. Der Salzufler ist sich aber sicher, unmittelbar vor dem Sprayangriff auch einen &bdquo;funkelnden Gegenstand“ in der Hand des Angeklagten gesehen zu haben.

&bdquo;Woher wissen Sie, dass er es war, der zugestochen hat?“, will Verteidiger Wöhler wissen. &bdquo;Er stand doch direkt vor mir“, sagt das Opfer. Auch die Mutter des 30-Jährigen, die unmittelbar daneben gestanden habe, ist überzeugt, den Angeklagten mit einem Messer gesehen zu haben.

Angeklagter bestreitet Vorwürfe Der bestreitet, bei diesem zweiten Aufeinandertreffen dabei gewesen zu sein und wittert ein Komplott. &bdquo;Im Viertel kennt sich jeder. Die Familie hat nicht gerade den besten Ruf“, sagt er. Er habe die erste Schlägerei nicht absichtlich provoziert, erklärt der Angeklagte weiter, geschweige denn Böller in die Gruppe geworfen. &bdquo;Da ist zu viel Alkohol geflossen, die haben sich selbst aufgeheizt.“ Nach der körperlichen Auseinandersetzung sei er direkt nach Hause gegangen, irgendwann sei die Polizei gekommen und hätte alles durchsucht.

Gefunden habe man nichts. Ob er sich erklären könne, wie die Schnittverletzungen zustande gekommen sein könnten, will der Richter wissen. &bdquo;Ich kann es mir nicht erklären“, sagt der Angeklagte. &bdquo;Vielleicht waren es Frauennägel. Ich war’s nicht.“

Richter Karsten Niemeyer macht dem Angeklagten noch einmal deutlich, worum es geht. &bdquo;Sie machen hier hopp oder top“, sagt der Vorsitzende. &bdquo;Entweder glauben wir Ihnen oder nicht.“ Im Falle einer Verurteilung gebe es wegen des fehlenden Geständnisses keinen Straferlass. Ob sich die Tat sicher nachweisen lässt, soll die Beweisaufnahme zeigen. Ein entsprechender Deal vor dem Amtsgericht war nicht zustande gekommen. Acht Zeugen hört die Kammer zum Auftakt, sechs weitere stehen noch aus.

Der Prozess wird am Montag, 27. Oktober, fortgesetzt.

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