Lage. 16 Grad Lufttemperatur, 6 Uhr morgens - zwei Gründe, es nicht zu tun. Aber weit gefehlt. Das neue Angebot im Freibad am Werreanger kommt bestens an. Frühschwimmen ist beliebt. Die Resonanz übertrifft die Erwartungen. Am Eingang steht auf der Kreidetafel, wie das mit dem Eintritt geregelt wird: Wer zahlen muss, die Zehnerkarte abstreichen lassen will oder die Saisonkarte vorzeigt, der geht zu Evelin Biegner. Die Schwimmmeisterin hat die Aufsicht und ist schon einige Zeit vor der Öffnung im Freibad. „Wenn ich anfange, ist es noch dunkel“, sagt sie. In Zahlen: 5 Uhr. Die Technik muss kontrolliert werden, Wasserproben werden gezogen, Dreck wird entfernt, die Umkleiden kontrolliert - es gibt einiges, was vorbereitet werden muss. An der Kreidetafel steht die Wassertemperatur: 23 Grad. Eine Solarthermieanlage wärmt das Wasser und wenn die Sonne nicht scheint, dann geht es runter. Für die Schwimmmeisterin ist klar, dass da nix geschönt wird. Auch Mittwochmorgen nicht, als der Himmel dunkel ist und sich Regen ankündigt. „Da gab es eine Nachkommastelle, die musste ich streichen. Es gibt reelle Zahlen“, sagt sie lachend. Denn alles andere macht aus ihrer Sicht keinen Sinn. „Wem es zu kalt ist, der schwimmt ohnehin nicht.“ Im Schnitt sind 20 Frühsportler im Becken An diesem Mittwoch kräuselt sich die Wasseroberfläche des 50-Meter-Beckens ordentlich, denn 23 Schwimmerinnen und Schwimmer ziehen Bahn um Bahn. Im Schnitt seien es 20, sagt Biegner, die auch Strichliste führt. Erst einmal ist das Frühschwimmen ein Versuch, „aber die Erwartungen wurden übertroffen“. Ein Fan ist Petra Schäfer, die in der Kernstadt wohnt und begeistert ist. Regelmäßig sei sie dabei, auch nachmittags komme sie ins Freibad, wenn es denn gerade passt. In dem Becken können man ordentliche Bahnen ziehen. „50 Meter - wo hat man das schon?“ Gegen 6.30 Uhr sind die Bahnen doppelt belegt, einige kraulen mit kräftigen Zügen durchs Wasser. Das sieht ganz nach Training aus. Und Evelin Biegner bestätigt das, denn sie kennt einen guten Teil der Besucher bereits. „Es nutzen einige vor der Arbeit das Angebot, aber auch Frührentner und Rentner sind dabei.“ Sie freut besonders, dass es zahlende Gäste gibt, die das Bad auf dem Zettel haben, seit es das Frühschwimmen gibt. Es ist Werbung für die Freizeitanlage, und es sind alles zufriedene Badegäste. „Das macht mir großen Spaß, denn sie gehen hier alle mit einem Lächeln raus“, sagt Biegner. Ein flotter Spruch, ein nettes Wort, eine kleine Hilfe - die Schwimmmeisterin ist um nichts verlegen, die Stimmung ist bestens. Ein guter Teil der Schwimmerinnen und Schwimmer hat allerdings kein Verständnis für die Kritik an den verkürzten Öffnungszeiten in den Ferien, die in einem LZ-Artikel veröffentlicht wurde. Erst kurz vor den Ferien hatte die Stadt das bekannt gegeben, was zu einigem Unmut geführt hatte. Zeitgleich startete das Frühschwimmen. Viel Lob für das Frühschwimmen „Das hat doch mit dem Frühschwimmen gar nichts zu tun. Rein rechnerisch geht das mit den Stunden doch gar nicht auf“, sagt Gisela Dähn. Denn Evelin Biegner hat eine Teilzeitstelle. „Ich bin in dem Schichtenplan der Schwimmmeister in Lage gar nicht drin. Nur deshalb konnte dieses Angebot eingerichtet werden“, erklärt Biegner. Werde sie krank, dann gebe es nicht mal eben Ersatz, stellt sie klar. Dass die Öffnungszeiten in den Ferien verkürzt werden mussten, habe andere Gründe. Es fehle Personal - und es sei keineswegs einfach, Fachkräfte in diesem Bereich zu finden. „Schauen Sie nach Detmold, da wird auch immer wieder geschlossen.“ Gisela Dähn und Petra Schäfer sind sich einig, dass die Stadt mit dem Frühschwimmen im Werreanger etwas sehr Gutes auf den Weg gebracht hat. „Hoffentlich bleibt das so“, sagt Dähn. Sie wohnt in Hörste, das auch ein städtisches Freibad hat, geht zum Schwimmen aber „überall mal hin“. Das Frühschwimmen schätzt sie sehr, „denn da springt einem keiner auf den Kopf“. Im Werreanger seien die langen Bahnen ein Pluspunkt, das Wasser sei wärmer als zum Beispiel in Hörste, außerdem störe sie da die Leine, die den Nichtschwimmer- vom Schwimmerbereich abtrennt. Aus Hörste kommen noch mehr Badegäste, aber auch aus anderen Ortsteilen und aus Detmold und Bad Salzuflen. Im Vorbeigehen sagt ein jüngerer Mann, dass es „ja immer weniger Frühschwimm-Angebote gibt.“ Er sei sonst zum Hallenbad in Helpup gefahren, aber dort ist derzeit Pause. Um 6.40 Uhr ist immer noch Betrieb im Wasser, neue Badegäste kommen ab dieser Uhrzeit eher nicht mehr dazu. Petra Schäfer hat ihre Runden erledigt. „750 Meter, das ist sehr gut“, sagt sie und geht in Richtung Umkleide. Für Evelin Biegner ist um 7.30 Uhr, wenn offiziell geschlossen wird, noch nicht Feierabend. „Da sind einige Arbeiten noch zu erledigen, das Reinigungsgerät lasse ich auch noch ins Becken, denn die Kollegen übernehmen ja mittags.“ Wenn es nach den Frühschwimmern geht, so viel ist klar, dann sind die dreimal in der Woche, montags, mittwochs, freitags, jedenfalls gesetzt. „Das war bislang neun Mal und ich habe nur einmal ausgesetzt - da war das Wetter zu schlecht“, sagt Gisela Dähn lachend. Die nächste Zehnerkarte kaufe sie auf jeden Fall.