Lemgo. Mitten im Corona-Shutdown hat Dorit Meier ihren neuen Job angetreten. Seit Ende der Osterferien ist die 48-Jährige Leiterin der Realschule Lemgo am Heldmanskamp und damit Nachfolgerin von Norbert Fischer. „Natürlich hat man einen Plan, wie das Kennenlernen ablaufen soll", sagt die Lipperin... „Und dann ist auf einmal alles über den Haufen geworfen." Auf einmal sind Krisenmanager gefragt – und Desinfektionsmittel. Letzteres hat Dorit Meier für die Schule inzwischen in der Lemgoer Innenstadt organisiert, in der Schnaps-Destille von Jürgen Schöttker, der kurzfristig neben Wacholder und „Scharfer Hexe" auch Hochprozentiges gegen Corona ins Sortiment genommen hat. Lipperin kommt zurück Kurze Wege zum Desinfektionsspray. Das ist halt Kleinstadt, betont die neue Rektorin und hat den Vergleich: ihre alte Stelle, die Vize-Leitung an der deutlich größeren Martin-Niemöller-Gesamtschule in Bielefeld-Schildesche. Die Vernetzung, das Miteinander: im Schulleben nicht unwichtig – und auch ein Grund für den Wechsel der Lipperin nach Lippe. Auch wenn die Realschule unter den städtischen Schulen in der alten Hansestadt die höchsten Anmeldezahlen vorweist: Gegenüber Schildesche sind alle Schüler und Kollegen vergleichsweise schnell kennen zu lernen – in normalen Zeiten wäre das kein Problem gewesen. Doch nicht im Pandemie-Jahr 2020. „Eine Schule ohne Schüler und Lehrer, das ist schon sehr befremdlich", unterstreicht Dorit Meier. Das Kollegium konnte sie – dank dem großen Pausenzentrum, in dem sogar der Stadtrat samt Entourage Platz fand und findet – inzwischen kennenlernen. Und den Schülern sowie Familien? Hat sie sich in einer Videobotschaft vorgestellt. „Zum neuen Schuljahr hoffe ich, dass wir irgendwie trotz und mit Corona arbeiten können", sagt Meier. Das Miteinander ist wichtig Plötzlich werde allen bewusst, wie wichtige das persönliche Miteinander ist. Auch wenn das seit Wochen fehlt, ist der Pädagogin um die Realschule nicht bange. „Sie ist so gut aufgestellt, dass sie über Lemgo hinaus Strahlkraft hat", bekräftigt die Pivitsheiderin mit Blick auf die Anmeldezahlen, die Jahr um Jahr noch einen draufsetzen und die Schule an den Rand der Kapazitätsgrenze gebracht haben. Insbesondere aus den nordlippischen Kommunen kommt stetig mehr Zuspruch „Wer hier durchgegangen ist, hat einen guten Abschluss, der bei den Betrieben vor Ort geschätzt ist", ist sich Dorit Meier sicher. Ein „Fundament", das sie bewahren wolle. In Sachen Digitalisierung und Schulprofil beispielsweise habe ihr Vorgänger Spuren hinterlassen. Studiert hat die Detmolderin Chemie und Biologie, „ihre" Fächer, „in denen Schüler auch mal ausprobieren können", meint die Mutter zweier Kinder. Insofern komme es nicht nur auf den Output der Schüler an, also die Leistung, die sie brächten, sondern auch den Input: „Sie müssen Zeit haben, sich und ihr Können kennenzulernen." So schön die gewachsene Bedeutung der Realschule auch ist, sie bringt Herausforderungen mit sich: Eigentlich sollte das Hauptgebäude nach dem Geschmack des städtischen Bauamts schlank im Bestand saniert werden. Doch Denkmalschutz und wachsender Bedarf an Klassenräumen schieben dieser Lösung einen Riegel vor: ein Neubau muss her. Wenn die Realschule jetzt drei 10. Klassen abgibt und fünf neue 5. aufnimmt, sind bis auf einen Jahrgang alle Züge „sehr, sehr voll". Dorit Meier: „Dabei bleibt es natürlich auch unser Anspruch, die Qualitätserwartungen zu erfüllen." Stichwort: Digitalisierung Dazu gehören Differenzierung, MINT (also Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik), der Ganztag, ein musischer Schwerpunkt, Erasmus und der Wahlpflichtbereich, über den die Schüler quasi ein Hauptfach buchen und an Projekten teilnehmen. Digitalisierung ist dabei für Dorit Meier ein Stichwort, aber nicht das alleinige. „Auch Arbeitsblätter oder ein gutes Buch haben ihre Berechtigung", wirbt sie für eine vernünftige Balance. Mit Blick auf die steigenden Schülerzahlen ein wenig Klartext: Ohne Neubau wird es am Heldmanskamp nicht gehen. Die Stadt stürzt sich gerade eifrig auf die Detailplanungen: Zwischen-Quartier, ein Vorziehen des Neubaus oder doch Container (die eigentlich niemand will)? Die beste aller Improvisationslösungen wird gesucht. Fest steht: Ob a, b oder c – wies auch kommt, Dorit Meiers Corona-geschulte Management-Qualitäten werden einmal mehr gefragt sein.