Detmolder Weg: Radler müssen in Lemgo auf die Straße

Lemgo. Der Plan lautete anders: Eigentlich sollten insbesondere unsichere Radfahrer, beispielsweise Kinder ab zehn oder schon etwas wackelige Senioren, am viel befahrenen Detmolder Weg den Gehweg weiterhin auch als Radweg nutzen dürfen. Und zwar dem Schutzstreifen zum Trotz, der in Kürze auf die Fahrbahn gepinselt werden soll. Schutzstreifen plus Radweg: eine Doppellösung, der ausdrückliche Wunsch des Verkehrsausschusses. Dagegen hat die Bezirksregierung jedoch ihr Veto eingelegt.

Tausende Autofahrer nutzen die Einfallstraße von der Westumgehung in Richtung Lemgoer Süden und Campus täglich. Insbesondere in der Rushhour klebt Stoßstange an Stoßstange. Dazwischen nun auf einen zwar markierten, aber nicht abgetrennten Schutzstreifen schon die Kinder ab dem vollendeten zehnten Lebensjahr auf den Schulweg zu schicken, erschien den Verkehrspolitikern in Lemgo dann doch etwas gewagt.

Ortstermin verwirft vermeintlich sichere Alternative Im Beschluss des Verkehrsausschusses vom 13. November 2019 wurde daher ausdrücklich festgehalten: &bdquo;Aufgrund der Diskussionen schlägt sie (die Verwaltung, Anmerkung der Redaktion) jedoch als Kompromiss vor, den zurzeit vorhandenen nicht benutzungspflichtigen Radweg als ,Gehweg, Radfahrer frei zu beschildern. So ist auch dem unsicheren Radfahrer eine Alternative geboten."

Inzwischen muss man sagen: Wäre geboten. Denn wie Andreas Moseke, Sprecher der Bezirksregierung, bestätigt, ist der Beschluss des Lemgoer Verkehrsausschusses null und nichtig. Dies sei das Ergebnis eines Ortstermins, bei dem die Stadt die Freigabe des Gehweges für Radfahrer habe bewerten wollen, so Moseke.

Teilnehmer des Treffens: Stadt- und Kreisverwaltung, Kreispolizeibehörde, Bezirksregierung und der lippische Radverkehrsbeauftragte. Moseke: &bdquo;Gemeinsam sind die Beteiligten zu dem Ergebnis gekommen, dass eine deutlich höhere Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger gegeben ist, wenn der Gehweg – bis auf ein kurzes Teilstück – nicht für Radfahrer freigegeben wird."

Gehweg ist zu schmal für alle Hauptgrund laut Moseke: Der Gehweg sei zu schmal, als dass Radfahrer und Fußgänger gemeinsam sicher auskommen. Die vielen Einmündungen und Grundstücksausfahrten seien ein weiteres Risiko für Radfahrer, die hier in beiden Richtungen – sowohl stadtauswärts als auch stadteinwärts – unterwegs gewesen wären.

Der Schutzstreifen auf dem Detmolder Weg, für den damit Nutzungspflicht besteht, solle nun aber immerhin in &bdquo;einer breiteren Ausführung" gemacht werden, betont Moseke. Ihn müssten dann Kinder ab dem elften Lebensjahr nutzen. &bdquo;Wir sind aufgefordert worden, die Radweg-Schilder am Gehweg abzubauen, aber erst wenn die Schutzstreifen markiert sind", sagt Abteilungsleiter Heiko Fischer vom Lemgoer Straßenbauamt. Von einer aus Sicht des Ausschusses &bdquo;unbefriedigenden Lösung" spricht denn auch Detlef Höltke (Grüne), Vorsitzender des Gremiums.

Keine "Schonfrist" Grundsätzlich sei ein Schutzstreifen zwar die erwiesenermaßen sicherere Lösung, aber für eine Übergangszeit hätten die Politikern Radlern, die sich unsicher fühlen, die Chance geben wollen, sich schrittweise an den Schutzstreifen zu gewöhnen. Beispielsweise, ihn mal zu verkehrsschwachen Zeiten ausprobieren, ansonsten aber den Gehweg weiter zu nutzen.

Jetzt heißt es aber aus Detmold: Schutzstreifen – ganz oder gar nicht. Und gar nicht &bdquo;wäre noch schlimmer", sagt Höltke. Dann müssten nämlich die Radfahrer trotzdem runter vom zu schmalen Gehweg auf den Detmolder Weg – nur ohne Schutzstreifen.

Seitenwechsel auf freier Strecke? Vor allem das Thema der Straßenquerung hält Höltke noch für wichtig. Radfahrer, die westlich vom Detmolder Weg wohnen, müssen bald, wenn sie Richtung Stadt wollen, die Seite wechseln, um zum Schutzstreifen zu kommen. Am Biesterbergweg gibt es eine Ampel, wer aber irgendwo zwischen ihr und dem Pahnsiek wohnt, beispielsweise aus Sauernfeldweg oder Lehmkuhle kommt, muss entweder auf freier Strecke die Straßenseite wechseln oder streng genommen bis zur nächsten Ampel schieben. Immerhin eine Querungshilfe soll es noch geben, ergänzt Heiko Fischer.

Und wie sieht es mit der Begleitung von Kindern aus, die bis zehn Jahre auf dem Gehweg fahren dürfen? Bis acht Jahre kein Problem, meint die Bezirksregierung. So lange darf ein Elternteil sein Kind auf dem Gehweg per Rad begleiten. Ab neun dürfte das Kind bleiben, aber Mama oder Papa müssten auf die andere Straßenseite auf den Schutzstreifen.

&bdquo;Vision Zero": Beispiel soll Schule machen Die Grünen fordern, dass sich Lemgo der Kampagne &bdquo;Vision Zero" anschließt – ihr Kern besteht darin, den Radverkehr so aufzustellen, dass sich Radler sicherer bewegen können. Positive Effekte auf die Klimapolitik hätten die entsprechenden Maßnahmen außerdem, erklären der Fraktionsvorsitzende Dr. Burkhard Pohl und sein Parteikollege Detlef Höltke, der auch dem Verkehrsausschuss vorsteht. In Lemgo sei die Hausaufgabe, die &bdquo;Radinfrastruktur massiv auszubauen".

Die Rotfärbung von Radwegen hingegen sei &bdquo;nur ein erster Schritt". Wie schon häufiger und von vielen Seiten betont, seien Radwege zu sanieren, berühmt-berüchtigtes Beispiel, das auch die Grünen anführen, ist der Streifen entlang der B 238 hinauf zur Luherheide. Auch Wahmbeck, Lieme-Hardissen und Luhe haben die Grünen auf der To-do-Liste. Denn: &bdquo;Oft trauen sich Radfahrer mangels freier Wege nicht auf die Straße und weichen auf den Bürgersteig aus." Die Stadt müsse sich zum Ziel der &bdquo;Vision Zero" bekennen, also einem Radverkehr ohne schwere Unfälle.

Bürgermeisterkandidatin Dr. Katharina Kleine Vennekate: &bdquo;Das bezieht gerade auch sichere Wege zur Schule mit ein." Laut Pohl haben einige deutsche Städte die &bdquo;Vision Zero" als Planungsziel bereits übernommen – Lemgo solle folgen.

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