Karl-Heinz Mense geht in den Ruhestand

Lemgo . Zum Abschied war Karl-Heinz Mense der Applaus des gesamten Stadtrats sicher. Auf seiner jüngsten Sitzung hat das Gremium dem Leiter des Vorstandsstabs im Rathaus stehende Ovationen zuteil werden lassen.

Unter SPD-Bürgermeister Reinhard Wilmbusse auf den Posten gekommen, ihn unter Reiner Austermann ( CDU ) behalten zu haben, um ausgerechnet unter dem parteilosen Stadtoberhaupt Markus Baier abzudanken, zeigt: In Mense lässt Lemgo keinen Parteisoldaten ziehen. &bdquo;Ich habe mich politisch nicht zerreiben lassen", sagt Mense.

&bdquo;Du benutzt das Florett und nicht den Degen"

Mit ihm geht ein Kenner der Strukturen. Einer, der laufen lässt, wenns läuft. Einer, der auch klare Worte sprechen kann, wenns kritisch wird, der aber das Hintergrundgespräch schätzt, die leisen Worte mag. &bdquo;Du benutzt das Florett und nicht den Degen", hat Karl-Heinz Mense mal zu hören bekommen. Seine Mission: Lemgo. Die teilte er sowohl mit Reinhard Wilmbusse als auch Reiner Austermann und konnte so unter Bürgermeistern sowohl mit rotem, als auch schwarzem Parteibuch bestehen. &bdquo;Das schaffen nicht viele als Stabschef", ist sich der Lemgoer sicher.

So ist der 63-Jährige ein Teil der selbsterfüllenden Prophezeiung namens Lemgo: Rede gut von deiner Stadt, dann wirds ihr gut ergehen. Wenn Bürgermeister Austermann in seinen letzten Jahren als Bürgermeister ein Meister darin war, ein marktgängiges Produkt namens &bdquo;Lemgo" zu erschaffen, war Karl-Heinz Mense sein Verkäufer. Nicht wie ein Marktschreier, eher wie der Typ aus der Sesamstraße: &bdquo;Hey, willst du ein L kaufen?"

Der Spirit Lemgos

L wie Lemgo. Das klingt bei Mense dann so: &bdquo;Wenn du Familie und einen brauchbaren Job hast, findest du in Lemgo so viele Möglichkeiten. Lebensqualität, eine überschaubare Stadt mit einem großen Freizeitangebot und bezahlbaren Wohnraum. Die Schulen bieten eine solche Vielfalt. Du brauchst dir keine Sorgen darum zu machen, dass deine Kinder auf die schiefe Bahn geraten. An diesen Spirit, diesen Geist Lemgos, glaube ich wirklich."

Und wem würde man solche starken Statements abkaufen, wenn nicht Mense, der bekanntermaßen auch ebenso für Schweden schwärmen kann? Dort, im Großraum Göteborg, aber doch ländlich gelegen, hat Mense mit seiner Frau Ulrike vor 25 Jahren – &bdquo;damals war das noch bezahlbar" – ein Bauernhäuschen gekauft. Nur wer die Ferne kennt, weiß die Heimat zu schätzen. Jetzt, im Ruhestand, dürfen die Grenzen zwischen dort und hier nach dem Geschmack der Laubker gerne mehr und immer öfter verschwimmen. &bdquo;Längere Zeiten in Schweden zu verbringen, das wäre schon schön", hofft Mense auf den Sieg über Corona.

Von Bauamt bis Sprengstoffwesen, von Wilmbusse bis Baier

In der Lemgoer Stadtverwaltung hat der baldige Pensionär so einiges gesehen. Bevor er als persönlicher Referent auf der gegenüberliegenden Seite des Vorzimmers von Wilmbusse einzog, hatte er Bauamt (Beitragswesen), Ordnungsamt (von Ordnungswidrigkeiten über StVO bis hin zum Sprengstoffwesen), Kämmerei (Schuldenverwaltung) und nicht zuletzt das Rechnungsprüfungsamt schon durch. &bdquo;Vor allem Wolfgang Müller in der Kämmerei war ein super Ausbilder, der mir das große Einmaleins der Stadtverwaltung beigebracht hat", erinnert sich der frischgebackene Pensionär. Nun ja, und wer in der Rechnungsprüfung war, kennt das große Ganze ohnehin, hat den Überblick.

Apropos Überblick: Seinen Schreibtisch, sein Büro mit unverstellter Sicht auf den Lemgoer Marktplatz wird er vermissen. &bdquo;Diese Aussicht, mittendrin zu sein – das ist eine Ehre, das erdet", sagt der scheidende Stabschef. Seit er ein Headset sein Eigen nennt, kann er das Treiben an Markttagen voll genießen. Auch mal am Fenster stehen und trotzdem telefonieren. Er, der Dauertelefonierer, wie er selbst sagt. Dass er im Büro ist, erkennen seine Kollegen am roten Lämpchen neben der Übernahmetaste.

Rührender Moment mit Karla Raveh

Von wegen Marktplatz: Die Wiege der Gesellschaft, die Wiege auch von Lemgoer Traditionen. Das Hansefrühstück, das Mense zeitweise verantwortete, ist ihm ans Herz gewachsen. &bdquo;Wie gewinnt man die Menschen besser, als über Essen und Trinken?", fragt der Laubker. Doch die Hanse ist für ihn mehr als Folklore, mehr als Menschen, die zur Volksbelustigung Kostüme überstreifen. &bdquo;Die Hanse steht für Weltoffenheit – es ist ein Netzwerk", sagt der 63-Jährige.

Netzwerken konnte der Stabschef. Zugegeben, Twitter, Facebook und Instagram – die modernen Medien, die sollen jetzt andere machen. Aber klare Worte, ja, die schätzte er. Wie, als Ehrenbürgerin Karla Raveh ihm an ihrem 90. Geburtstag das Du anbot. &bdquo;Da habe ich richtig weiche Knie bekommen", erinnert sich Mense. Bewegend.

Ein letztes noch? Das Team, sagt Mense. Ohne ein gutes Team wäre Lemgo nicht da, wo es ist. Im Sport, in der Kultur, an der Schnittstelle Politik/Rathaus, für die Mense wie kein anderer steht. &bdquo;Das ist wie Handball: Du kannst ohne deine Mannschaft nichts erreichen." Mit dem Team lief es gut die vergangenen Jahre, obwohl oder vielleicht gerade weil es keine festen Mehrheiten gab. &bdquo;Man hat sich immer zusammenfinden müssen, und hat zusammengefunden", sagt der scheidende Beamte. In einem solchen Team ist auch Platz für die Auswechselspieler, da versauert keiner auf der Bank oder gar der Tribüne. Da kriegt jeder seine Chance.

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