Auf dem Meierhof verbindet ein besonderes Projekt Mensch und Tier

Lemgo. Frederik ist gefräßig, so richtig verfressen und das sieht man ihm auch an. Die Plauze hängt tief, über dem Rüssel kleben noch die Überbleibsel der letzten Mahlzeit. Ein richtiges Schwein. Noch lieber als Kartoffeln, Korn & Co. aber mag der schwarze Freddi seinen Philip. Wenn der ihn streichelt, wirft sich das Schwergewicht auf die Seite und grunzt vor Wohlgefallen.

Philip ist einer der 24 Bewohner, die im Wohnprojekt Meierhof der Stiftung Eben-Ezer in Lemgo-Luhe wohnen. Dabei ist er mehr als &bdquo;nur" Bewohner, hat er doch die Pflege der Tiere übernommen. Seit 2017 gibt es das Wohnhaus direkt neben dem landwirtschaftlichen Betrieb und der Hofmolkerei von Eben-Ezer. Ein Ort, an dem sich Mensch und Tier zu Hause fühlen. Und so gehören zu der Anlage Frederik und drei schweinische Gefährten, drei Shetland-Ponys, die Esel Niko und Theo, Schafe und Lämmer und nicht zu vergessen fünf Kaninchen und das Meerschweinchen. Heilerzieherin Anna-Lena Bergmann leitet das Projekt vor Ort und kann sich dabei ganz auf Philip verlassen. Er ist hauptberuflich für die Pflege der Tiere verantwortlich und sein Arbeitsweg, weist er auf das Haus mit den großen Fenstern und Balkonen im Hintergrund, der ist nicht nun wirklich nicht weit.

Dort wohnen Menschen mit psychischen und teils auch körperlichen Einschränkungen, in Einzimmer-Appartements oder auch in Zweier- oder Vierer-WGs. Zwei von ihnen arbeiten auf dem benachbarten landwirtschaftlichen Betrieb, andere in Werkstätten in der Umgebung, einige ältere sind schon im Ruhestand. Philip aber ist direkt vor Ort für die Tiere zuständig. Füttern, kämmen, Stall ausmisten oder mit Esel & Co. spazieren gehen, zählt er nur einige der vielen Aufgaben auf, während er die Schubkarre zur Seite stellt und Pony Beatrix die Mähne krault. Auch Unterställe hat er schon gebaut oder Zäune geflickt, gemeinsam mit Bewohnern und den gut 20 Mitarbeitern von Eben-Ezer, die in der Wohnanlage arbeiten. Vieles sei mittlerweile eingespielt, sagt Anna-Lena Bergmann und wenn es mal größere Probleme gibt, dann könne sie sich stets auf Nachbar Bauer Nagel verlassen.

Streicheleinheiten und Spaziergänge

Die Heilerziehungshelferin ist für sämtliche Bewohner der Anlage zuständig und hat das kleine Tierparadies maßgeblich mit aufgebaut. Als sie nach der Ausbildung und der ersten Stelle in Detmold zum Wohnprojekt Meierhof stieß, gab es dort zunächst nur Esel und Schafe. Die 30-Jährige, die selbst vom Bauernhof kommt, weiß, wie positiv sich Tiere in der Therapie auswirken, nicht nur als Seelentröster, sondern auch, um den Tag zu strukturieren oder einen Anlass zu bieten, sich im Freien zu bewegen. Dafür wurde auch extra ein Weg zur Villa Löwenzahn verlegt, dem weiten Auslauf, in dem sich Kaninchen und Meerschweinchen tummeln.

Aus den großen Fenstern des Wohnhauses blicken die Bewohner direkt auf ihre kleine Farm, das schaffe Anreiz, mit anzupacken, herauszukommen, um die Tiere zu streicheln oder mit Esel oder Pony eine Runde zu drehen. Da ist dann Ruhe angesagt, wie Anna-Lena Bergmann erzählt, denn wenn Esel Theo nicht will, dann hilft auch kein Ziehen; vielen Behinderten falle dieses Innehalten nicht leicht, doch mit Partner Tier lernen sie, sich besser zu kontrollieren.

Dabei kamen die Tiere erst nach und nach beim Wohnprojekt dazu. &bdquo;Es hat sich so ergeben", wie es die Kalletalerin formuliert und &bdquo;natürlich können wir nicht alle aufnehmen". Frederik und sein Kumpan etwa wurden von einem Studenten abgegeben, dem die Zeit für das Schweine-Duo fehlte. Und ihr Gefährte, das vermeintliche Mini-Schwein, wuchs sich zur dicken, grunzenden Speckschwarte aus. Als Auslaufmodelle entpuppten sich Marie, Beatrix und Berlioz – die kleinen Shettys wurden für die Kinder der ursprünglichen Besitzer einfach zu klein. Auf Paddock und Wiese genießen sie jetzt ihr Leben in dem Mensch-Tier-Wohnprojekt – Philip bringt das Futter vorbei, es gibt Streicheleinheiten und ab und zu einen Spaziergang entlang der Wege. Glück gehabt.

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