Lemgo drückt beim Klimaschutz aufs Tempo

Lemgo . Die alte Hansestadt wird ihr erst 2019 neu geschriebenes Klimaschutzpaket schon wieder aufschnüren – mit dem Ziel, es zu verschärfen beziehungsweise zu beschleunigen. Ein Teilerfolg, meint die Lemgo-Gruppe &bdquo;Fridays for Future“, die es gern noch griffiger gehabt hätte: nämlich mit dem Versprechen, bis 2030 in Lemgo das aufzuholen, was laut Pariser Klima-Abkommen bislang versäumt worden sei.

Nun soll Lemgo sein Klimaschutzkonzept überarbeiten. Schon ist von Arbeitsgruppen die Rede, die nach dem Sommer die hiesige Situation beleuchten und im Stadtrat sowie seinen Gremien konkrete Maßnahmen vorschlagen sollen – auch soziale Gerechtigkeit sei hierbei eine Bedingung.

Diesem, von &bdquo;Fridays for Future“ in Zusammenarbeit mit Dr. Dieter Attig, früherer Stadtwerke-Chef, Träger des Deutschen Solarpreises sowie Aufsichtsrat der neu gegründeten Energiegenossenschaft Umweltinitiative Lemgo/Lippe, formulierten Kompromissvorschlag konnten am Ende bis auf FDP (Enthaltung) und AfD alle zustimmen. Letztere vertrat in Person von Sonja Schaak die Meinung: &bdquo;Der Klimawandel ist nur ganz gering menschengemacht. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie sich das Klima entwickelt – das war über Tausende von Jahren so.“

"Ein 'Weiter so' darf es nicht geben"

Die SPD dagegen unterstützt laut Hartmut Baack den Antrag &bdquo;von Herzen“, Roman Paschek (CDU) und Wolfgang Sieweke (BfL) machten allerdings die knappe Zeitschiene bis 2030 geltend. Paschek: &bdquo;Innerhalb von neun Jahren ist das nicht umsetzbar.“ Sehr wohl habe die Jugend, sprich &bdquo;Fridays for Future“, aber zum Lernprozess in der Politik, auch in Lemgo, geführt. Falsch sei aber, dabei die Generationen gegeneinander auszuspielen oder den Wohlstand zu gefährden. Sieweke: &bdquo;Lemgo muss seinen Teil erfüllen, ein ,Weiter so darf es nicht geben.“

Dr. Burkhard Pohl (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses, erklärte im Anschluss: &bdquo;Mit diesem Antrag macht ,Fridays for Future der Politik Beine – das ist wichtig angesichts der drohenden Klimakatastrophe.“ Lemgo müsse nun Maßnahmen klar beschleunigen.

Was das konkret heißen könnte, machte Berater Michael Brieden-Segler deutlich, der schon Lemgos altes Klimaschutzkonzept mit erarbeitet hatte. Grundlagen, die für CDU-Mann Roman Paschek übrigens bemerkenswert und ein &bdquo;Ritterschlag“ für Lemgo im Vergleich mit anderen Kommunen sind. Habe doch Lemgo seit 2006 den CO 2 -Ausstoß pro Kopf tatsächlich von 7 auf knapp 6 Tonnen gesenkt, bestätigt denn auch Michael Brieden-Segler.

Das entfällt zum Gros auf den Strom. Ein Hauptproblem wird neben dem Verkehr für Michael Brieden-Segler daher der Wärmebedarf (Heizung und Warmwasser) der Häuser sein. Sonst habe Lemgo schon 2031 das rechnerisch zur Verfügung stehende CO 2 -Budget aufgebracht, mit dem das 1,5-Grad-Ziel noch eingehalten werde.

"Eine lebenswerte Welt retten"

Entsprechende Technik sei vorhanden, die Schwierigkeiten vielmehr finanzieller und rechtlicher Natur. Hier wies Brieden-Segler auf Abstandsregeln für Windkraft hin, die oft keinen Ausbau mehr zuließen. Dazu komme der Mangel an Handwerkern und Baustoffen.

Dazu passt die Analyse von Andreas Schmid vom Energie- und Umweltbüro der Stadtwerke Lemgo: Kunden müssen heute im Schnitt sechs Monate warten, ehe sie eine Photovoltaik-Anlage erhalten. &bdquo;Wir haben täglich mehrere Anfragen dazu“, bestätigt Schmid. Jedoch machten viele kleine Anlagen, also auf Privatdächern, den Kohl auch gar nicht mal so fett. Dagegen könnte, so Schmid weiter, eine einzige Freiflächen-Anlage, also beispielsweise auf einem Feld, von 500 mal 400 Metern, die Solarleistung Lemgos, die momentan von 922 Dächern getragen wird, mehr als verdoppeln.

Auch bei der Speichertechnik gebe es Größenvorteile – etwa über die Stadtwerke, die eine Power-to-Heat-Anlage betreiben, die überschüssigen Strom in Wärme umwandelt. Wer privat Strom speichere, nehme Verluste von zehn Prozent in Kauf. Bei Heizung und Warmwasser bringt Michael Brieden-Segler auch kleinere Fernwärme-Netze für die Dörfer ins Spiel. Lemgo und zunehmend auch Brake würden mit der Technik versorgt, bei der Stadtwerke sich anschickten, bald 25 Prozent regenerativ zu erzeugen.

&bdquo;Fridays for Future“ ist nach Angaben von Naomi Brendler &bdquo;sehr zufrieden“ mit dem Beschluss, auch wenn die konkrete Jahreszahl 2030 gestrichen worden sei. Es zähle das Bekenntnis zum &bdquo;überlebenswichtigen 1,5-Grad-Ziel“ und dieses gemeinsam anzugehen. In den geplanten Workshops werde man sich sehr gerne einbringen. Naomi Brendler: &bdquo;Jetzt fällt die Entscheidung, ob wir eine lebenswerte Welt retten.“

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