Autor Jakob Springefeld plädiert in Lemgo für den Kampf gegen Rechts

Lemgo. &bdquo;Es geht um Toleranz, Antirassismus, Menschrechte und Demokratie – dafür gibt Kirche gerne Raum“, begrüßte Superintendent Dr. Andreas Lange rund 100 Gäste im Gemeindesaal von St. Nicolai zur Lesung mit Jakob Springfeld. Die Lesung wurde in Kooperation von Kirchengemeinde und VHS-Lemgo veranstaltet. Claudia Biehahn, Leiterin der VHS-Lemgo, betonte im Grußwort, das Demokratie ein Schwerpunkt der Volkshochschule sei, der in Zukunft ausgebaut werden soll.

Springfeld freute sich, dass in Lemgo keine Neo-Nazis vor der Tür standen, die seine Lesung verhindern wollten, wie neulich in Bautzen. Gemeinsam mit dem Journalisten Issio Ehrich hat der 21jährige Zwickauer Klimaaktivist letztes Jahr ein Buch geschrieben, das ein erschütterndes Bild über den Einfluss Rechtsextremer in seiner Heimatstadt offenbart. &bdquo;Ich möchte kein Nestbeschmutzer sein“, sagte er, aber die Mehrheitsgesellschaft müsse sich solidarisieren und der rechten Ideologie die Stirn bieten. Sein Buch mit dem Titel &bdquo;Unter Nazis. Jung, ostdeutsch, gegen rechts.“ ist eine autobiografische Geschichte, die die Polarisierung der ostdeutschen Gesellschaft zeigt.

Sein Trompetenlehrer, den er früher sehr schätzte und der heute Coronaleugner ist, habe sich von ihm abgewandt, als er anfing, sich gegen Neonazis zu engagieren. Es geht um die harte Realität, auf die junge Antifaschisten in Städten wie Zwickau stoßen, in der über 25% Prozent AFD wählen. "Hoffentlich holt der nicht mehr lange Luft." Oder: "Gleich in die Fresse schlagen." Offener Hass dieser Art gehörte zum Alltag von Springfeld, der inzwischen in Halle an der Saale Politikwissenschaft und Soziologie studiert, wo er freier lebt.

"Engagement für Klimaschutz zieht Engagement gegen Rechts nach sich" Auslöser für seinen politischen Kampf waren 2018 Ausschreitungen von Rechtsextremen in Chemnitz. Seit 1990 sind mehr als 110 Menschen durch rechte Gewalt getötet worden. Aufgeben komme für Springfeld nicht in Frage. Er will Strukturen aufdecken, die es rechten Bauernfängern leicht machen und spart Versäumnisse der Kommunalpolitik und Polizei nicht aus, die auf dem rechten Auge blind sei. Viele Polizisten seien AFD-Sympathisanten und eine Rassismus- und Antisemitismus-Studie unter der Polizei in Sachsen werde seit Jahren verhindert. Sachsen stecke in einer tiefen &bdquo;Demokratiekrise“. Die Taktik von Ministerpräsident Kretschmer nach rechts zu rücken verfange nicht, da Rechte das Original wählen. &bdquo;Wenn wir im Bundestag eine Partei haben, die den Klimawandel leugnet, sehen wir: Wer sich fürs Klima engagiert, muss sich auch gegen Rechtsextremismus engagieren. Das eine geht nicht ohne das andere“, so Springfeld.

In Stuttgart erhielt er 2020 die Theodor-Heuss-Medaille für sein Engagement sowie das Erinnern an die Taten des NSU und ZEIT-Campus ernannte ihn zu den 100 wichtigsten Ostdeutschen. Er analysiert, warum im Osten der Boden für die Instrumentalisierung von Existenzängsten unter Jugendlichen besonders fruchtbar ist. &bdquo;Struktureller Rassismus und Rechtsextremismus sind jedoch eine gesamtdeutsche Bedrohung, in Halle wie in Hanau.“ Sein Buch ist Warnsignal und Hoffnungsschimmer zugleich. Es zeigt, wie Kommunen zu progressiven Keimzellen werden können und sich die Zivilgesellschaft stärker vernetzen sowie für eine wehrhafte Demokratie einsetzten kann und nicht nur nach Angriffen von Neonazis reagiert.

Jakob Springfeld las aus seinem Buch und kam unter der Moderation von Claudia Biehahn mit Zuhörern ins Gespräch. &bdquo;Das Buch sollte in Schulen Pflichtliteratur werden", sagte ein Hörer und Springfeld wertete es als Erfolg, dass die NSU-Geschichte in Zwickau, wo drei Haupttäter wohnten, im Lehrplan verankert wurde. "Wir sollten aber nicht mit dem Zeigefinger auf ein Bundesland zeigen." Neonazis gebe es auch vor der eigenen Haustür.

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