Kreis Lippe. Gelbschwarz und bedrohlich: So nimmt mancher sie wahr, wenn Wespen sich als Mitesser an der sommerlichen Kaffeetafel einfinden. Doch ihr Anblick sei eigentlich ein Grund zur Freude, schreibt die BUND-Ortsgruppe Lippe in einer Pressemitteilung. Er sei „angesichts des dramatischen Insektensterbens ein Lichtblick, denn mehr als die Hälfte der Wildbienen- und Wespenarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Durch den Besuch von Blüten und das Fangen von Insekten erfüllen Wespen und Hornissen wichtige Aufgaben im Ökosystem“.
Hornissen als Schutz gegen Wespen
Dabei würden nur zwei der 17 in Deutschland beheimateten sozialen Wespenarten - die „Gewöhnliche Wespe“ und die „Deutsche Wespe“ - vom süßen Geruch von Kuchen, Getränken oder durch Fleischgeruch angelockt. „Alle anderen Wespenarten interessieren sich nicht für das Essen von Menschen. Viele Arten vertilgen vor allem Fliegen, Mücken, Raupen, Motten oder Spinnen und tragen somit zum ökologischen Gleichgewicht bei. Ein starkes Hornissenvolk verfüttert pro Tag rund 500 Gramm Insekten - unter anderem auch Wespen - an seine Larven.“ Wenn also beispielsweise einmal eine Hornisse am Kaffeetisch vorbeikomme, sei diese mit Sicherheit nicht hinter dem Kuchen, sondern hinter den dort vorhandenen Wespen her.

Zickzack-Flug zur Orientierung
Und die Wespen selbst sind ihrerseits ausgesprochen nützlich, wie der lippische Naturfilmer Robin Jähne weiß. Er hat sich in einem seiner ersten großen Filme ausgiebig mit Wespen beschäftigt und sagt: „Wenn Sie am Kaffeetisch im Garten sitzen und das Gefühl haben, dass die Wespe vor Ihrem Gesicht hin und her fliegt, dann ist das keine Bedrohung.“ Vielmehr hänge das mit der eingeschränkten Sehkraft des kurzsichtigen Insektes zusammen: „Die Augen stehen bei einer Wespe fest, und sie fliegt hin und her, um sich quasi ein Bild zu machen.“ Wer dann ruhig sitzen bleibe, anstatt mit den Armen zu fuchteln, sei in der Regel sicher.
Es sei denn, Mann oder Frau habe ein anziehendes Deo oder Parfüm aufgelegt: „Manche enthalten Duftstoffe, die dem ähneln, was Wespen für ihre eigene Kommunikation verwenden, und das kann sie anziehen. Wer öfter angeflogen wird, sollte die Wahl des Produktes mal überdenken.“
Wespenomas am Kaffeetisch
Wer an der Kaffeetafel den geflügelten Mitesserinnen begegnet, habe es sozusagen mit „Wespen-Omas“ zu tun. „Das sind alte Arbeiterinnen, die in den vergangenen Wochen hauptsächlich Futter für die Larven im Wespennest angeschleppt haben und bald absterben werden.“ Und hier zeigt sich, wie leistungsfähig die gelb-schwarzen Insekten sind: „Wespen mit einem Nest, das in etwa so groß wie ein Fußball ist, haben in der Saison einen Zehn-Liter-Eimer voller Fliegen, Mücken, Raupen, Motten oder Spinnen gejagt.“
Bloß nicht anpusten
Der BUND rät, im Umgang mit Wespen und Hornissen Ruhe zu bewahren, auf keinen Fall um sich zu schlagen oder die Tiere anzupusten - dies irritiere sie und fördere Aggressivität. Aggressiv machen aber auch Geräusche, hat Robin Jähne herausgefunden: „Bei meinen Filmarbeiten habe ich gemerkt, dass sie vor allem auf dröhnende Dieselmotoren reagieren, und ich wollte wissen, warum das so ist.“ Mit einem besonderen Soundsystem habe er festgestellt, dass ähnliche Schallwellen wie beim Donnergrollen die Wächter am Wespennest hervorlocken und angriffslustiger machen.
Ventilator und Heizlüfter in einem
Eine ganz besondere Fähigkeit zeichnet die Wespen aus, sagt Robin Jähne: Sie können im Nest die Temperatur konstant halten, egal wie groß die Schwankung draußen sei. „Sie haben einen Mechanismus, bei dem sie quasi die Flügel auskoppeln und auf der Stelle vibrieren können. Damit erzeugen sie Wärme im Nest.“ Doch auch gegen Hitze können sie was tun: „Sie beschaffen Wasser und befeuchten die Nestwände. Man kann dann manchmal beobachten, wie die Tiere im Bereich des Einflugloches sitzen und mit ihren Flügeln Luft ins Netz fächeln.“
Die Rechtslage
Im Bundesnaturschutzgesetz ist der Schutz von Hornissen und Wespen geregelt. Nur in begründeten Ausnahmefällen und mit Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde darf ein Nest zerstört werden. Nach Möglichkeit wird stattdessen das Nest von Fachleuten umgesiedelt.
Auf den Internetseiten der Kommunen in Lippe fehlen nach Angaben des BUND derzeit noch Hinweise zur Wespenberatung. Der Kreis Lippe oder auch die Stadt Gütersloh böten sie allerdings gleichwohl an. Umfangreiche Informationen zum Wespen- und Hornissenschutz hält der BUND Lemgo bereit: www.bund-lemgo.de/Hornissen_und_Wespen_schuetzen.html. Dort gibt es auch praktische Tipps. Und die Lemgoer BUND-Ortsgruppe bietet spezielle Hornissenkästen zum Kauf an und berät bei der Einrichtung solcher Vorrichtungen.