Der TBV Lemgo: Wenn Sport über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet

Lemgo. Es waren turbulente Zeiten, als Jörg Zereike die Geschäftsführung beim TBV Lemgo Lippe übernahm. 2013, kurz nachdem der Handball-Bundesligist knapp der Insolvenz entkommen war. Gemeinsam mit dem Geschäftsführerkollegen und dem Beirat brachte er den Verein finanziell wieder nach vorn. Im Juni ist sein Vertrag bis 2030 verlängert worden.

Ein Vertrauensbeweis für den Diplombetriebswirt, der seit zwei Jahren die Geschäftsführung des TBV alleine innehat - eines Sportvereins, aber eben auch eines mittelständischen Unternehmens, mit knapp 30 Mitarbeitern, die sich auf Geschäftsstelle, Mannschaft und Trainer verteilen. Seit 42 Jahren spielt der TBV Lemgo Lippe ununterbrochen in der Handball-Bundesliga, &bdquo;der besten Liga der Welt“, wie Zereike mit Stolz erklärt; als Torwart holte er mit dem Team 2003 die deutsche Meisterschaft und 2006 den EHF-Pokal nach Lemgo und feierte als Geschäftsführer 2020 unter anderem den deutschen Pokalsieg mit dem Lemgoer Traditionsverein.

70 Prozent Einnahmen über Sponsoren

Es sind unter anderem diese Erfolge, die den Marktwert des TBV ausmachen und &bdquo;für Unternehmen eine attraktive Plattform darstellen“, wie Zereike erklärt. 70 Prozent der Einnahmen werden über Sponsoring erzielt, größtenteils sind es Unternehmen aus Lippe oder auch der Region, die dem Verein, teils seit Jahrzehnten, den Rücken stärken. Werbung auf LED-Banden, auf den Trikots oder andere kommunikative Maßnahmen, zählt der 46-Jährige auf. Hinzu kommen noch mindestens 17 Heimspiele, die der TBV mit durchschnittlich gut 4000 Zuschauern ausrichtet und bei denen der Verein einen VIP-Raum sowie 18 Unternehmenslogen anbietet. Hospitality, so der Begriff für das VIP-Angebot, das Unternehmen oder auch Gruppen ein besonderes Wohlfühl-Paket für die Spiele bietet.

Eintrittskarten, Fanartikel-Verkauf und Fernsehgelder machen weitere Einnahme-Säulen aus. Auf der Ausgabe-Seite schlagen vor allem die Spieler-Gehälter zu Buche. Der Lemgoer Etat, so Zereike, liege jedoch eher im unteren Drittel des Bundesliga-Rankings. Doch das eben habe man gelernt aus der Finanzmisere 2012: &bdquo;Wir dürfen nicht mehr ausgeben, als wir haben.“ Und da gebe es strenge Kontrollmechanismen. Der Planungshorizont laufe über ein bis zwei Saisons und berechne dabei immer unterschiedliche Szenarien ein, um im schlimmsten Fall noch die Möglichkeit zu haben, gegenzusteuern - anders als vor 13 Jahren, als ein Großsponsor abgesprungen war und ein Millionenloch in der Haushaltskasse hinterließ.

Die Gefahr der finanziellen Abhängigkeit

Das, so Jörg Zereike, sei heute weniger wahrscheinlich. Der TBV, dessen Profibetrieb als GmbH & Co. KG firmiert, sei gut aufgestellt, auch wenn der Geschäftsmann keine genauen Zahlen nennen will. Die Umsätze seien in den vergangenen Jahren um 20 bis 25 Prozent gewachsen, wenngleich - das schiebt Zereike hinterher - der Zuwachs in der Bundesliga bei durchschnittlich 50 Prozent liege. Zurückzuführen sei das sicherlich auf die Erfolge und die zunehmende Professionalisierung, aber auch das gute Image des Handballsports, die den Sport zunehmend attraktiver machten und wohl auch zur zunehmenden &bdquo;Urbanisierung“ der Bundesliga beigetragen haben. Denn immer mehr Großstädte mit erfolgreichen Vereinen locken die Spieler an, und gegen die müssen sich eben auch der TBV und die Region behaupten.

Junge Talente binden

Das aber könne nicht allein über die Gehälter funktionieren, wenngleich sich der TBV auch auf dem hart umkämpften Spielermarkt behaupten muss. &bdquo;Wir haben unsere Nische da eher in der Spielerausbildung gefunden“, so Zereike. Will heißen, junge Talente früh erkennen und im eigenen Verein ausbilden. Das gelinge dank guter Trainer und auch, &bdquo;weil wir den jungen Spielern viel Spielzeit garantieren“. Ein Erfolgsmodell, das aufgeht, verweist Jörg Zereike etwa auf Lukas Zerbe, der jüngst erst zum THW Kiel wechselte oder auch Jonathan Carlsbogard, der als 22-jähriges Talent zum TBV kam und nach vier erfolgreichen Jahren in Lemgo kürzlich mit dem FC Barcelona den Champions League-Titel gewinnen konnte. &bdquo;Natürlich sehen die jungen Spieler, welche Entwicklung Handballer bei uns genommen haben.“ Jüngst erst konnte der TBV Lemgo Lippe so auch mit Constantin Möstl einen jungen Torhüter aus Österreich verpflichten.

Bodenständigkeit punktet

Anders als etwa im Fußball, würden Verträge in der Regel eingehalten, Ablösen seien die Ausnahme - und wenn, lägen sie eher im fünfstelligen Bereich. Auch die Zeit nach dem Profisport haben die Handballer stets im Blick, sie seien daher meist noch in Ausbildung oder Studium engagiert.

Es ist eben diese Bodenständigkeit, dieses positive Image, das den Handball-Sport ausmache und damit auch einen Teil der Erfolgsmarke TBV darstellt. Dazu zählen auch das soziale Engagement in der Region sowie die Bemühungen, sich zukünftig noch ökologischer aufzustellen. Gut 175 Partner und Sponsoren darf der Verein an seiner Seite zählen, &bdquo;ein riesiges Netzwerk, das wir da bieten“, ist der Geschäftsführer überzeugt und hofft, dieses im Sinne des Lemgoer Bundesligisten weiter ausbauen zu können.

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