Vorwurf der Beleidigung: Das Lemgoer Amtsgericht erklärt, wann es zur Verurteilung kommt

Lemgo. Vor dem Amtsgericht in Lemgo ist jüngst ein Strafverfahren gegen ein Ratsmitglied gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Der Angeklagte hatte bis zum Schluss seine Unschuld in einem Parkplatz-Streit beteuert. Nun steht die Frage im Raum: Kann eigentlich jeder einen anderen beschuldigen, ihn beleidigt zu haben? Und wie erfolgreich ist man damit vor Gericht?

Die Behauptung allein führt natürlich noch nicht zu einem Strafverfahren - erst recht nicht zu einer Verurteilung, weiß Ulrich Heistermann, Richter am Amtsgericht Lemgo: Für die Strafverfolgung sei ein konkreter Strafantrag des Geschädigten erforderlich. So wie im vorliegenden Fall. Das sei mehr als eine bloße Strafanzeige, die auch durch Dritte erfolgen könne.

Ist es eine ehrverletzende Beleidigung? Grundsätzlich gehe es immer darum, festzustellen, ob eine bestimmte Äußerung noch in den Bereich der Meinungsfreiheit falle, die durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt ist, oder bereits die persönliche Ehre verletze. Das sei immer eine Einzelfallentscheidung.

Wie die persönliche Ehre verletzt wird, sei für den Tatbestand egal, wirke sich aber unter Umständen auf die Strafhöhe aus. Die Äußerung &bdquo;Scheiß Kanake“, die in der Lemgoer Anklage stand , sei als rassistisch zu bewerten und gelte damit als verhetzende Beleidigung. Aber auch die Aussage &bdquo;Du Kakerlake“, die der Geschädigte in der Verhandlung nannte, sei ehrverletzend.

Richter muss von Schuld überzeugt sein Zeugen, die das eine oder andere hätten bestätigen können, gab es nicht. So musste das Gericht den Sachverhalt in der Hauptverhandlung mit den Aussagen der beiden Beteiligten und ihren vorgelegten Bildern so weit wie möglich ermitteln. Aus allen Erkenntnissen musste sich die Richterin die notwendige Überzeugung für eine Straftat bilden. Nur darauf kommt es an. Ansonsten heißt es: Im Zweifel für den Angeklagten.

Im Zuge des vorherigen Ermittlungsverfahrens habe der Angeklagte bereits die Möglichkeit gehabt, sich zum Vorwurf zu äußern. Üblicherweise geschehe das durch eine Vernehmung bei der Polizei. Wenn die Staatsanwaltschaft danach von einem hinreichenden Tatverdacht ausgeht, kann sie bei bestimmten Delikten statt Anklage zu erheben, einen Strafbefehl beantragen.

Keine Schuld eingestanden Das Gericht prüft nach Aktenlage, ob es den Strafbefehl für angemessen hält. Wenn ja, wird er dem Angeklagten über eine sogenannte Postzustellungsurkunde zugestellt. Diese erhält das Gericht mit dem Vermerk zurück, wann der Strafbefehl zugestellt wurde - wichtig für die zweiwöchige Einspruchsfrist. D as Lemgoer Ratsmitglied hatte Einspruch eingelegt. Daher kam es zur Strafverhandlung.

Verurteilt wurde der Angeklagte zwar nicht, aber sein Verfahren gegen eine Auflage eingestellt. Das bedeutet weder ein Schuldeingeständnis noch eine Vorstrafe. Möglich ist das bei bestimmten Straftaten, die juristisch als sogenannte Vergehen zu bewerten sind. Solche Einstellungen kommen besonders dann in Betracht, wenn der Angeklagte nicht vorbestraft ist und das Gericht eine Verurteilung als Sanktion nicht unbedingt für angemessen hält. Allerdings müssen der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft zustimmen. Passiert das nicht, muss das Gericht entscheiden, ob die Beweisaufnahme für eine Verurteilung ausreicht.

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