Firmenwagen verschwunden, Mitarbeiter untergetaucht: Auto-Krimi in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Sich den Firmenwagen für eine private Spritztour ausborgen, dürfte wohl gerade noch als Kavaliersdelikt durchgehen. Vorausgesetzt, der PKW steht am Folgetag unversehrt wieder dort, wo er abgestellt wurde. Ein 39-jähriger Asbacher, angestellt bei einer Spezialfirma für Kanalinspektion und Umweltservices mit einem Standort in Bad Oeynhausen, soll aber den Wagen im September 2024 nicht nur ausgeborgt, sondern gestohlen haben. Bis heute ist der Mittelklassewagen verschwunden – genau wie der Angeklagte, ohne den die Verhandlung wegen Diebstahl vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen stattfand.

Stattdessen wurde ein Bad Oeynhausener Projektleiter seines Arbeitgebers als einziger Zeuge vernommen. Die gemeinsame Geschichte der beiden scheint ambivalent: Dass der Angeklagte zwar keinen Führerschein habe, aber Ex-Hooligan und Ex-Neonazi sei, sei ihm zum Zeitpunkt der Einstellung bekannt gewesen. Ein Wehrmachtssoldat als Tattoo am Hals, ein Hakenkreuz auf der Brust. Das habe der Angeklagte aber auf Geheiß des Arbeitgebers stets bedeckt gehalten, selbst im Hochsommer, später auch überstechen lassen.

Ob die Kenntnis auch das umfangreiche Vorstrafenregister des Angeklagten beträfe, fahrlässige Tötung, Straßenverkehrsgefährdung, Sachbeschädigung, Urkundenfälschung, Fahren ohne Führerschein und Verstoß gegen das Uniformverbot, beantwortet der Projektleiter dagegen ausweichend. &bdquo;In unserer Branche ist es sehr schwierig, gutes Personal zu finden“, sagt er. Und fachlich sei der Angeklagte über jeden Zweifel erhaben gewesen, die Arbeitsleistung ausgezeichnet.

Zusammenarbeit von Beginn an nicht unproblematisch

Allerdings: Es habe &bdquo;komisch angefangen“, sagt der Zeuge. Am Tag seines Bewerbungsgespräches etwa, wo der Angeklagte Personalausweis und Unterlagen hätte vorzeigen sollen, sei ihm angeblich der Rucksack gestohlen worden – so schildert es der Zeuge. Schließlich habe er erst nach Monaten und auf Androhung einer Kündigung entsprechende Unterlagen vorgelegt.

Einmal sei er mit einem Kollegen morgens früh volltrunken zum Dienst erschienen, habe dennoch einen Wagen in die Firmenhalle fahren wollen - er sei zunehmend deutlich aufgefordert worden, nach Hause zu gehen, eine Abmahnung sei die Folge gewesen.

Kollegen von ihm habe er zwischenzeitlich von seinen Plänen zur Selbstständigkeit erzählt – und sie gefragt, ob sie nicht für ihn arbeiten wollten. Im September 2024 sei schließlich das Auto verschwunden. Der Verlust blieb über vier Wochen unbemerkt, denn der Kollege, dem der Wagen laut Fahrtenbuch zugeordnet war, war erst im Urlaub, nach seiner Rückkehr auf Montage. Darum seien auch die Überwachungsaufnahmen des Firmengeländes nicht mehr zu rekonstruieren, sie würden nach einigen Tagen gelöscht.

Erst nach vier Wochen fällt der Diebstahl auf

In dieser Zeit habe sich der Angeklagte krankgemeldet. Schließlich, als auch eine Sammel-Email an alle Mitarbeiter nicht dazu geführt hätten, dass das Auto wieder auftauchte, begann der Arbeitgeber, Auffälligkeiten zu identifizieren, etwa bei den Tankdaten, die bei Firmen mit einer großen Fahrzeugflotte zentral gesammelt werden.

So sei immer wieder an Orten getankt worden, die für den Angeklagten eine Rolle spielten – seine Heimatstadt oder der Wohnort seiner neuen Freundin, aus dessen Nähe auch die Krankschreibung ausgestellt worden sei. Auch zur Ex-Frau des Angeklagten sei über Umwege Kontakt hergestellt worden – er aber konnte auch auf diesem Wege nicht ausfindig gemacht werden.

Der Arbeitgeber meldete nach dem vergeblichen Versuch, den Entwender über die Sammel-Email zur Rückkehr zu bewegen, den Verlust am 23. Oktober 2024 der Polizei und übergab die zusammengetragenen Indizien. Zwischendurch allerdings sei der Angeklagte von Kollegen auf einer fachspezifischen Hausmesse gesichtet worden, die aber erst im Nachhinein aber die Bewandtnis des Kontaktes erfahren haben sollen.

Verurteilung per schriftlichem Strafbefehl

Der Staatsanwalt unkt am Ende der Vernehmung anerkennend in Richtung Zeuge: &bdquo;Die Ermittlungen sind jedenfalls nicht schlecht, falls sie mal über einen Jobwechsel nachdenken” Er selbst vermutet den Wagen nicht mehr in Deutschland, der Zeitwert des einst für mehr als 30.000 Euro angeschafften Wagen beläuft sich derzeit auf 9.000 Euro.

Der Angeklagte wurde zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Per Strafbefehl, der schriftlich zugestellt wird. Eigentlich soll ein Strafbefehl in weniger schweren Fällen die Hauptverhandlung ersparen. In diesem Fall ist der Angeklagte nicht erschienen, seine Schuld aber hinreichend wahrscheinlich. So kann eine Verurteilung ohne weitere Verzögerung stattfinden. Zusätzlich muss er der Staatskasse 2.000 Euro Geldbuße zahlen. Eingezogen werden soll der PKW trotzdem – auch, wenn die Gelingenswahrscheinlichkeit gering ist.

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