Sinnesreize in Lemgo: Wie Geschmack unsere Welt bestimmt

Lemgo. Das Institut für Wissenschaftsdialog (IWD) hatte zu einem spannenden Vortrag zum guten Geschmack eingeladen. Rund 40 Gäste versammelten sich im anno 1578.

Projektleiterin Miriam Hanke begrüßte das Publikum. Referentin des Abends war Professorin Dr. Martina Sokolowsky von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), Expertin für Getränketechnologie und Sensorik. Sie ging den Fragen nach, wie unsere Sinne den Geschmack prägen und warum wir bestimmte Lebensmittel mögen – oder eben nicht.

Reaktionen auf Sinnesreize Sensorik, so Sokolowsky, ist die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Reaktionen auf Sinnesreize beschäftigt – konkret auf Reize, die über unsere fünf Sinne Geruch, Geschmack, Sehen, Tasten und Hören wahrgenommen werden. Für den Geschmack von Lebensmitteln spielen der Geruchs- und Geschmackssinn eine große Rolle.

Die Referentin veranschaulichte, dass der Mensch über 1000 Geruchsrezeptoren hat und bis zu 10.000 Gerüche unterscheiden kann – auch wenn Hunde uns in dieser Disziplin weit überlegen sind. Unser Geruchs- und Hörsinn arbeiten differenzierter als unser Sehvermögen, das lediglich vier Rezeptortypen nutzt.

Ein praktischer Versuch machte erfahrbar: Wer eine Apfelschorle mit zugehaltener Nase trinkt, erlebt nur einen Bruchteil des gewohnten Geschmacks. Der Grund liegt in den zwei Arten des Riechens: Die orthonasale Wahrnehmung (über die Nasenlöcher) und die retronasale Wahrnehmung (über den Rachenraum beim Essen). Letztere wird oft fälschlich als Geschmack bezeichnet – tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um den Geruchsgeschmack (Flavor).

Reaktionen auf Geschmack sind angeboren Auch der eigentliche Geschmackssinn wurde beleuchtet: Die Zunge erkennt mit rund 1000 Rezeptoren die fünf Grundgeschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami (würzig). Interessanterweise sind Reaktionen auf Geschmack angeboren, während der Umgang mit Gerüchen erlernt ist. So reagieren Neugeborene weltweit auf Geschmacksrichtungen gleich.

Der Geschmackssinn ist mit nur 1,5 bis 4 Millisekunden Reaktionszeit der schnellste unserer Sinne – schneller als Tasten, Hören oder Sehen. Das hat evolutionär eine wichtige Schutzfunktion, denn verdorbene Speisen werden so blitzschnell erkannt.

Die Referentin stellte außerdem dar, wie Kontext, Kultur, Psychologie, Biologie und soziale Prägung unsere Geschmackspräferenzen beeinflussen. Der Satz &bdquo;Wir essen nicht, was wir mögen, sondern mögen, was wir häufig essen“ fasst dies prägnant zusammen. Selbst der Geschmack von Muttermilch kann prägend wirken, denn Aromastoffe werden über die Ernährung der Mutter weitergegeben.

Nach dem Vortrag hatten die Gäste die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und in kleinen Übungen die eigene sensorische Wahrnehmung zu testen. Wer seine Sensorik schulen möchte: Für den 24. und 25. Juli lädt die &bdquo;Future Food Factory“ ein, zwischen 12 bis 17 Uhr im Gebäude 18 der TH OWL, Campusallee 15, an einer Verkostung von Erdbeerkonfitüre im Rahmen einer studentischen Masterarbeit teilzunehmen.

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