Das ist das neue „Wohnzimmer“ in der Lemgoer Fußgängerzone

Lemgo. An der Mittelstraße 70 ist viel los. Dort, wo früher der Fleischer Solfen seine Waren anbot und kurzfristig das Restaurant Mahalo die Gäste lockte, ist jetzt die TH OWL eingezogen. Und das mit einem besonderen Projekt: In den Räumlichkeiten vom &bdquo;Anno 1578“ soll sich ein Treff entwickeln, eine Art Wohnzimmer für Studenten, Bürger und alle, die Lust haben, Zeit in der Innenstadt zu verbringen.

Denn das ist im &bdquo;Anno 1578“ ganz einfach möglich, und zwar ohne dass die Besucher vor Ort etwas konsumieren müssen. Wer mag, kann sich gerne Getränke oder Speisen mitbringen und Zeit in dem chillig eingerichteten Raum verbringen. Möglich macht das ein Projekt der Trinnovation OWL, das von Bund und Land gefördert wird.

Hemmschwelle überwinden Zuständig für das &bdquo;Anno“ ist Miriam Hanke, an der TH OWL für Dialog- und Weiterbildungsmanagement angestellt. Gemeinsam mit Professor Josef Löffl vom Institut für Wissenschaftsdialog hat sie das Konzept für das &bdquo;Anno 1578“ entwickelt. Denn wichtig sei es, TH und Bürger stärker zu vernetzen, in Kontakt zu bringen, wie es die 37-Jährige erklärt. Noch immer gebe es bei vielen Lemgoern eine Hemmschwelle, den Campus zu betreten. &bdquo;Nur wenn der TBV spielt, dann ist es brechend voll“, lächelt die Wirtschaftswissenschaftlerin über diesen offensichtlichen Zwiespalt.

Wenn also die Bürger nicht zum Campus kommen, dann kommen die Akteure vom Campus eben in die Stadt - und dafür haben sie die Räumlichkeiten an der Mittelstraße 70 gemietet und werden von der Stadt Lemgo mit 20.000 Euro unterstützt. Die Zusage gab es im April , bereits im Mai haben sie die Räume eröffnet, im Juni zu einem Tag der offenen Tür geladen.

&bdquo;Im Rahmen der Förderung musste alles ganz schnell gehen“, wie Miriam Hanke erzählt. Innerhalb von drei Wochen wurden die Räume eingerichtet und dabei hatte das Team Glück. In einem Co-Workingspace in Bielefeld standen Ausstellungsstücke günstig zum Verkauf. Grüne Sofas, Sessel, Stühle und Tische schaffen eine Art Wohnzimmer-Atmosphäre - &bdquo;und auch die farbliche Gestaltung war damit gesetzt“.

Studenten brachten sich ein Mit Hilfe der Architektur- und Medienproduktionsstudenten wurden die weiteren Einzelheiten geplant und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Chillige Räume, die zum Verweilen einladen und auch die Möglichkeiten bieten, an Konsolen zu spielen oder auf einer kleinen Bühne Auftritte zu arrangieren.

Etliche Veranstaltungen haben in dem &bdquo;Wohnzimmer“ an der Mittelstraße 70 bereits stattgefunden: Dabei geht es darum, Wissen unterhaltsam zu vermitteln, etwa, wenn eine Wissenschaftlerin der TH erzählt, warum wir Lebensmittel wie schmecken und anschließend zum Geschmacksparcours einlädt, aber auch um Kinderbücher oder Marmeladenverkostung. In der Montagsreihe stehen immer wieder Vorträge auf dem Programm, zu denen regelmäßig gut 60 Besucher kommen.

Auch Retro-Gaming hat das &bdquo;Anno 1578“ im Angebot. Dank einer Kooperation mit dem Gaming-Museum Hannover können sich die Besucher an unterschiedlichen Konsolen messen. Während es vor allem jüngere Menschen an die Konsolen zieht, treffen sich immer wieder auch Mütter mit ihren Kleinkindern im &bdquo;Anno“, ältere Damen kommen zum Stricken vorbei, andere wollen in Ruhe ihren Kaffee trinken oder für die Uni lernen. &bdquo;Ein dritter Ort“, wie Miriam Hanke erklärt, das &bdquo;Anno 1578“ soll sich als Wohlfühlort etablieren.

Um noch mehr Menschen anzulocken, feilt die Crew derzeit an weiteren Plänen. Gespräche mit Stadt, Bücherei und anderen Akteuren stehen an. Auch Firmen sollen aktiv angesprochen werden. In dem sanierten Gewölbekeller könnte es Tastings von Hochschul-Bier oder auch Whisky geben. Konzerte und Lesungen sind angedacht, ohne aber in Konkurrenz mit Gastronomen oder Händlern in der Innenstadt zu treten, und dank des großzügigen Seminarraumes im hinteren Bereich wären Fortbildungen auch für Unternehmen möglich.

TH zu den Bürgern bringen Der Hochschulchor hat schon im &bdquo;Anno“ geprobt, ebenso wie die Bläserformation vom Engelbert-Kaempfer-Gymnasium und die TH nutzt das Wohnzimmer mitunter auch für Vorlesungen. Gemütlich in Sessel und Sofa verfolgen die Studenten dann die Vorträge und kommen damit einmal mehr in die Stadt. &bdquo;Denn viele Studierende, die nicht in Lemgo wohnen, pendeln täglich ein und aus, ohne viel in die Innenstadt zu gehen.“ Dabei sei die Interaktion von TH und Bürgerschaft überaus wichtig, wie die Projektleiterin findet. Schließlich betreffe die Forschung der Hochschule ganz direkt viele Bereiche des täglichen Lebens, wie etwa die Digitalisierung des Gesundheitswesens, Lebensmittelproduktion oder auch inklusive Assistenzsysteme.

Vier Mitarbeiter der TH OWL sind fest für das &bdquo;Anno 1578“ eingeplant, gewährleisten damit, dass die Einrichtung Montag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr und auch bei abendlichen Veranstaltungen geöffnet hat. Mit Aufstellern, Flyern und stets geöffneten Türen versuchen sie, den Menschen die Scheu zu nehmen und Lust darauf zu machen, einfach einmal vorbeizuschauen. Und das klappe eigentlich ganz gut, wie die gebürtige Nordlipperin erzählt, 20 Menschen kämen durchschnittlich täglich vorbei, manche ganz selbstverständlich, andere müsse man noch ein wenig locken.

Wie es nach dem geförderten Jahr weiter geht? &bdquo;Unser größter Wunsch wäre es, dauerhaft zu bleiben“, sagt Miriam Hanke, doch dafür brauche es noch Sponsoren für die Anschlussfinanzierung.

Das &bdquo;Anno 1578“ ist noch bis 3. August in kurzer Sommerpause. Weitere Infos gibt es auch unter www.anno-lemgo.de.

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