"Kein Kindergeburtstag": Hitziger Abschluss im Lügde-Ausschuss

Düsseldorf. Die vorerst letzte Zeugenvernehmung im Lügde-Untersuchungsausschuss hatte es noch mal in sich: Aussagen wie &bdquo;Das ist hier kein Kindergeburtstag" und &bdquo;Mit mir wird auch nicht grad kulant umgegangen" machten deutlich, wie angespannt die Stimmung streckenweise war. Am Ende fühlten sich zumindest einige Abgeordnete darin bestätigt, dass längst noch nicht alle Fragen zum Missbrauchskomplex geklärt wurden – und dass der Ausschuss nach der Landtagswahl im Mai fortgesetzt werden muss.

Mit Daniela Lesmeister sagte am Freitag die &bdquo;ranghöchste Polizistin in NRW" als Zeugin aus. Die Leiterin der Polizeiabteilung im Innenministerium sollte erklären, warum sie die Ermittlungen zum schweren sexuellen Kindesmissbrauch auf dem Campingplatz in Eichwald erst so spät zur Chefsache gemacht hatte. Das Landeskriminalamt (LKA) hatte die Ermittlungen im Februar 2019 von der Kreispolizeibehörde Lippe an die Polizei in Bielefeld übertragen, da der Polizei in Lippe mehrere schwere Fehler unterlaufen waren.

Lesmeister erklärte, dass sie eine Pressekonferenz am 30. Januar 2019 &bdquo;aufgeschreckt" habe. Dort habe sie erstmals vom Umfang des Missbrauchs erfahren und der Möglichkeit, dass es sich um mehr als 1.000 Einzeltaten handeln könnte. Das hätte die Polizei Lippe dem Innenministerium viel eher melden müssen, so die Zeugin. "Die haben uns einfach den Umfang nicht dargelegt." Auch die Festnahme von einem der Haupttäter hätte früher erfolgen müssen, so Lesmeister. Nach der Pressekonferenz habe sie sofort gehandelt, den damaligen LKA-Chef angerufen und gefragt: "Warum weiß ich davon nichts?"

"Leider nicht außergewöhnlich" Einen Tag später habe man die Ermittlungen an Bielefeld übertragen und Mitarbeiter in Lippe suspendiert. &bdquo;Bis dahin konnte nicht erkannt werden, dass Lippe absolut überfordert ist und mehrere Fehler gemacht wurden", so Lesmeister. Von Mitte Dezember bis zur Pressekonferenz Ende Januar sei ihr Kenntnisstand gewesen, dass es sich um acht Opfer sexuellen Missbrauchs handele. &bdquo;Das ist leider nicht außergewöhnlich", sagte Lesmeister. Es gäbe regelmäßig Fälle dieser Größenordnung, die eigenständig in den Behörden bearbeitet werden, ohne dass sich das Ministerium einschalte. Sie sei nach wie vor der Überzeugung, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, &bdquo;da reinzugrätschen".

Zugleich habe sie sich zwischenzeitlich mehrfach gefragt, ob sie etwas übersehen habe. Die zwei Haupttäter waren wegen des sexuellen Missbrauchs an 32 Kindern zu langjährigen Haftstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden.

Die Abgeordneten von SPD und Grünen wollten die Erklärungen Lesmeisters nicht gelten lassen. Sie sind der Meinung, dass das Innenministerium früher hätte hellhörig werden müssen, und dass man dort der Verantwortung als Fachaufsicht nicht hinreichend nachgekommen ist.

Immer wieder fragten sie Lesmeister danach, warum sie erst reagiert habe, als sie von den 1.000 Einzeltaten erfahren habe. Die Zeugin reagierte schließlich sichtlich gereizt mit den Worten: "Dieses Spiel können wir gern noch weiterspielen und mir die Wörter im Mund umdrehen." Überrascht zeigten sich die Ausschuss-Mitglieder, dass Lesmeister offenbar nichts von einem Schreiben des LKA wusste, in dem die Fälle zum Missbrauchskomplex zwei Tage vor der Pressekonferenz umfangreich aufgelistet wurden. Darin wurde auch auf die anstehende PK hingewiesen. "Ich habe bis gerade eben nichts von der Existenz des Schreibens gewusst", so Lesmeister.

Mitglieder erarbeiten nun einen Bericht Zuvor hatte eine weitere Zeugin, die zu der Zeit als Sachbearbeiterin im LKA tätig war, ebenfalls erklärt, dass sie aufgrund der Berichte aus Lippe keine Veranlassung gesehen habe, die Ermittlungen früher nach Bielefeld zu übertragen. Die Ausschussmitglieder erstellen nun einen Zwischenbericht, den sie bis zum Ende der Legislatur im Mai vorlegen werden. Danach soll der Ausschuss, der im September 2019 gestartet ist, fortgesetzt werden. Bislang haben die Mitglieder 124 Zeugen vernommen haben, davon wurden 18 zweimal vorgeladen. Zudem gab es seit Bestehen des Ausschusses zwei Sondersitzungen. Die Mitglieder haben in mehr als 60 Sitzungen mehr als 400.000 Seiten Akten gesichtet.

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