Lichtblick im Lügder Versorgungsnotstand: Ukrainische Ärztin darf endlich praktizieren

Lügde. Stellen Sie sich vor, Sie haben sich durch ein Medizinstudium gequält und 20 Jahre lang Patienten behandelt. Dann wandern Sie in ein anderes Land aus, in der Hoffnung, genau diesen Beruf auch dort weiter ausüben zu können. Doch dort landen Sie in einer schier endlosen Warteschleife. So ging es auch der Ukrainerin Olena Konopelko. Doch jetzt hat ihre Odyssee endlich ein Ende - und die Lügder Patienten eine Ärztin mehr.

Von einem &bdquo;drohenden Gesundheitskollaps“ sprach Ende 2024 Lügdes Bürgermeister Torben Blome gegenüber der LZ. Ein Jahr zuvor war bereits Dr. Bertel Berendes in den Ruhestand gegangen , der schon Jahre zuvor vor dem drohenden Notstand bei der Gesundheitsversorgung im lippischen Südosten gewarnt hatte.

Warten auf die Approbation Zu dem Zeitpunkt waren auch die beiden niedergelassenen Ärzte Gabriele Braun und Dr. Bernhard Schulten bereits im Rentenalter: So wäre es eigentlich ein Geschenk des Himmels gewesen, als Olena Konopelko nach Lügde kam. Doch sie durfte nicht ran an die Patienten, weil sie immer noch auf ihre Approbation wartete.

Lange bevor Putin die Ukraine überfallen hat, war die Medizinerin 2018 mit ihrer Tochter nach Deutschland gekommen. &bdquo;Ich hatte 2017 in Paderborn einen Sprachkursus Deutsch für Mediziner gemacht und in der Zeit bei Freunden in Lügde gewohnt“, erzählt sie. &bdquo;Und da habe ich Gabriele Braun kennengelernt.“

Der Kontakt war geknüpft, aber es war klar, dass Olena Konopelko die deutsche Approbation brauchen würde. Doch dass es trotz ihrer 20-jährigen Berufserfahrung als Fachärztin für Dermatologie und Geschlechtskrankheiten in ihrem Heimatland so schwierig sein würde, hatte sie nicht erwartet.

Berufserlaubnis für zwei Jahre Die Bundesländer haben unterschiedliche Regelungen bezüglich der Arbeitserlaubnis für ausländische Ärzte. In Hessen war es am einfachsten: &bdquo;Dort bekam ich eine Berufserlaubnis für zwei Jahre und konnte schon mal in einer Kasseler Hautarztpraxis arbeiten, während ich für die Fachsprachprüfung lernte“, erzählt die heute 51-Jährige. Anders wäre es auch nicht gegangen, denn die alleinerziehende Dermatologin musste Geld verdienen, weil sie auch für ihre damals elfjährige Tochter sorgen musste.

Sie bestand die Fachsprachprüfung, doch die Behörden ließen sich Zeit, und so lief die Berufserlaubnis in Hessen aus, bevor die Medizinerin ihre Approbation bekam. Sie wechselte das Bundesland, ging nach Mecklenburg-Vorpommern, wo sie erneut eine befristete Berufserlaubnis bekam. In Rostock arbeitete sie ein halbes Jahr auf der Intensivstation, zwei Monate auf der Inneren und vier auf der Station für Chirurgie, hielt aber weiterhin den Kontakt zu Gabriele Braun in Lügde.

Schlimme Nachricht von Zuhause Sie saß in Mecklenburg-Vorpommern, als am 24. Februar 2022 ihre Tante aus der Ukraine anrief: &bdquo;Wir sind im Krieg.“ Putin hatte ihre Heimat überfallen. Ein Schock für Olena Konopelko: &bdquo;Meine Eltern leben 70 Kilometer von Kiew entfernt, und ich konnte nicht hin.“ Ihr blieb nichts, als zu bleiben, auch als nach einem Jahr erneut die Berufserlaubnis auslief und noch immer keine Approbation vorlag.

Gabriele Braun holte sie schließlich nach Lügde. &bdquo;Es war klar, dass ich ohne Approbation nicht als Ärztin arbeiten durfte, aber ich habe als medizinische Fachkraft gearbeitet. Dass sie dafür vollkommen überqualifiziert ist, war klar: &bdquo;Aber ich musste ja Geld verdienen für mich und meine Tochter, und ich unterstütze meine Eltern in der Ukraine finanziell.“

Gleichzeitig gab es immer noch Nachforderungen bezüglich ihrer Qualifikation: Sie musste beispielsweise noch einen Strahlenschutzkursus besuchen. Gabriele Braun und Bürgermeister Torben Blome hätten sich beim Klinikum Lippe in Detmold für sie eingesetzt, und so habe sie dort die notwendigen Fortbildungen inklusive Prüfungen absolvieren können.

&bdquo;Ein starkes Zeichen“ Und seit Januar dieses Jahres hat sie endlich die Approbation in der Tasche, das heißt, sie darf ganz offiziell als Ärztin in Deutschland arbeiten. &bdquo;Ich bin nun als Ärztin in Weiterbildung für Allgemeinmedizin bei Frau Braun, damit ich meinen Facharzt in Allgemeinmedizin bekomme“, berichtet sie. &bdquo;Denn erst dann kann ich mich niederlassen.“

Denn Dr. Schulten und Gabriele Braun sind bereits über 70 und würden ihr gern die Praxis überlassen - vielleicht mit einem jüngeren Kollegen oder einer Kollegin. Und Olena Konopelko strebt überdies auch die deutsche Anerkennung als Dermatologin an.

Lügdes Bürgermeister Torben Blome ist aber schon über die Approbation sehr glücklich: &bdquo;Das ist ein starkes Zeichen dafür, was möglich ist, wenn Engagement und Gemeinschaftssinn zusammenkommen. Es ist ein positiver Lichtblick und Motivation genug weiter Schritt für Schritt für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung zu arbeiten.“

Allerdings: Auch wenn Olena Konopelko jetzt endlich Patienten behandeln darf, ist die Arbeit in der Praxis Schulten/Braun kaum zu schaffen, und das, obwohl zwei weitere Mediziner jenseits des Rentenalters zumindest teilweise aushelfen. Bis sich der Notstand im lippischen Südosten sich weiter verschlimmert, ist es also nur eine Frage der Zeit.

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