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Experte: "Der Wolf könnte sich in der Senne wohl fühlen"

Gunter Held

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Eine Wölfin, Fähe genannt, und ihre Welpen. Solch ein Familienverband wurde bisher in der Senne noch nicht beobachtet. Doch die Region der Sennelandschaft gilt weiterhin als Wolfsgebiet. Jüngst tappte ein wolfsähnliches Tier in eine Fotofalle. - © Sarah Jonek
Eine Wölfin, Fähe genannt, und ihre Welpen. Solch ein Familienverband wurde bisher in der Senne noch nicht beobachtet. Doch die Region der Sennelandschaft gilt weiterhin als Wolfsgebiet. Jüngst tappte ein wolfsähnliches Tier in eine Fotofalle. (© Sarah Jonek)

Lage/Oerlinghausen. Kurz vor Weihnachten schnappte die Falle zu – oder besser: löste aus. Am 19. Dezember tappte ein Wolf in eine Fotofalle, die im östlichen Bereich der Senne, in der Nähe von Lage aufgebaut worden war. Die Aufnahmen wurden von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) geprüft und für authentisch befunden. Über Geschlecht, Alter und Identität des Tieres ist nichts bekannt.

Die Senne ist 2018 zum Wolfsgebiet erklärt worden. Damals ist dort mehr oder weniger regelmäßig eine Fähe, ein weiblicher Wolf, gesichtet worden. Seit Oktober 2018 ist jedoch diese Wölfin nicht mehr nachgewiesen worden, das heißt, dass sie weder gesichtet, noch dass Kot oder ein gerissenes Beutetier gefunden wurde. Thomas Pusch, Sprecher des Landesfachausschusses Wolf im Naturschutzbund (NABU) nimmt an, dass diese Wölfin verendet ist. Einen Unfall schließt er nahezu aus: „Ein solcher Vorfall wäre uns sicher gemeldet worden."

Das Wolfsgebiet in der Senne und die darumliegende Pufferzone. - © Jürgen Schultheiß
Das Wolfsgebiet in der Senne und die darumliegende Pufferzone. (© Jürgen Schultheiß)

Spaziergänger haben das Tier aus der Ferne fotografiert

Nun also gibt es einen neuen Wolf, der vielleicht die Senne für sich entdeckt. „Der Wolf könnte sich in der Senne wohlfühlen", sagt Wolfsexperte Thomas Pusch. Er sei dort relativ ungestört, und groß genug sei das Areal auch. Das Wolfsgebiet hat eine Fläche von 922 Quadratkilometern.

Auch Spaziergänger haben aus recht großer Entfernung ein Tier gesehen und fotografiert, das sie für einen Wolf gehalten haben. „Für diese beiden Sichtungen steht aber die sachkundige und rechtliche Bewertung noch aus", sagt Pusch im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Rechtsverbindliche Aussagen, ob es sich bei dem fotografierten Tier um einen Wolf handelt, „dürfen nur wenige Stellen in Deutschland treffen", sagt Pusch.

Eine ist die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW), eine andere das Büro LUPUS – Institut für Wolfsmonitoring und Beratung in Deutschland. Das 2003 gegründete Büro führt seinen Namen auf den wissenschaftlichen Namen des Wolfes, Canis lupus, zurück. Von einer der beiden Institutionen werden die Fotos begutachtet.

Kein dokumentierter Fall, in dem ein gesunder, wildlebender Wolf einen Menschen angefallen hat

Der Wolf ist in Deutschland längst wieder heimisch geworden. Dazu hat er etwa 20 Jahre gebraucht. Nach neuesten Erhebungen, September 2020, gibt es in Deutschland 128 Rudel, 35 Wolfspaare und 10 Wölfe, die allein umherstreifen. Und böse sei der Wolf schon einmal gar nicht, sagt Wolfsexperte Pusch.

Es gibt bisher keinen dokumentierten Fall, in dem ein gesunder, wildlebender Wolf einen Menschen angefallen hätte. Allerdings gibt es einen Fall aus Polen, bei dem ein Wolf, der vermutlich angefüttert worden war, ein Kind und eine Touristin gebissen hat. Nach Abschuss des Wolfes, der gegenüber dem Jäger keinerlei Scheu zeigte, wurde bestätigt, dass er nicht von Tollwut befallen war.

Lautes Rufen verscheucht die Wölfe

Diese Krankheit spielt aufgrund konsequenter Nutzung von Impfködern seit 2008 in Deutschland keine Rolle mehr. Wolfsexperte Pusch sagt: „Wir Menschen sind dem Wolf egal. Wir sind laut und wir riechen für die Tiere unangenehm. Wir sind für ihn keine Beutetiere." Zudem sei der Wolf sehr risikobewusst. Er weiß, dass er, wenn er sich verletzt oder verletzt wird, so dass er nicht mehr jagen kann, sterben wird. Aus diesem Grund geht er einem Risiko lieber aus dem Weg.

Deshalb, sagt Pusch, ziehen sich erwachsene Wölfe vor Menschen zurück. Dennoch sei Vorsicht geboten. Käme es zu einer Begegnung mit einem Wolf, sollte man ruhig bleiben und sich langsam zurückziehen. Verscheucht werden können Wölfe durch lautes Rufen oder In-die-Hände-Klatschen.

Manche Jäger stehen dem Wolf skeptisch gegenüber, weil durch sie das Wild unruhiger wird. Die Regelmäßigkeit, mit der bestimmte Plätze aufgesucht werden, ändert sich. Zu einer Normalisierung komme es laut Pusch erst nach drei bis fünf Jahren, wenn das Wild sich an den Wolf gewöhnt habe.

Information

Das Wolfsgebiet
Das eigentliche Wolfsgebiet umfasst 922 Quadratkilometer und berührt die Kommunen Schloß Holte-Stukenbrock, Detmold, Horn-Bad Meinberg, Lage, Oerlinghausen, Augustdorf, Schlangen, Bad Lippspringe, Paderborn, Altenbeken, Hövelhof und Bielefeld.Hinzu kommt eine Pufferzone von 3.390 Quadratkilometern.

Die Ausweisung dieser Bereiche hat Vorteile für Tierhalter, denn innerhalb des Wolfsgebietes werden Materialkosten für den Herdenschutz zu 100 Prozent vom Land übernommen.

Und auch in der Pufferzone sind Schutzmaßnahmen seit März 2019 ebenfalls förderfähig.

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