Wie ein Oerlinghauser Junge zu einem geachteten Musikprofessor wurde

Oerlinghausen. Alles begann in der Alexanderkirche – die ersten Fingerübungen, die Orgelimprovisationen, stundenlanges Auf- und Abspielen der Tonleitern. Roland Ploeger beschrieb seine Jugendjahre in Oerlinghausen und seine ersten musikalischen Schritte auf der Kirchenorgel mit vielen Emotionen. Auf der &bdquo;kleinen, aber klangschönen Orgel“ in seiner Heimatkirche fing in den 1940er Jahren seine bemerkenswerte Musikerkarriere an, die in ein Komponistenleben und eine Musikprofessur in Lübeck mündete. Der 1928 geborene Roland Ploeger ist der wohl größte Musiker, den Oerlinghausen hervorgebracht hat.

Kaum jemand aber in Oerlinghausen kennt Roland Ploeger, der seinen Namen stets mit &bdquo;oe“ schrieb. Nur seine Mutter Elisabeth Plöger ist vielen ein Begriff: als Lehrerin für Deutsch und Heimatkunde in der früheren Volksschule der Bergstadt. Seit den 1930er Jahren unterrichtete sie hier. Ihr Steckenpferd, die Heimatkunde, führte dazu, dass alle ihre Schüler ein sorgfältig gepflegtes Heimatkundebuch über Oerlinghausen und Lippe führen mussten. Elisabeth Plöger, die an der Detmolder Straße wohnte, starb 1977.

Persönliche Erinnerungen Werner Höltke hielt kürzlich einen Vortrag über das Leben des Komponisten Roland Ploeger. Höltke ging früher gemeinsam mit Roland Ploeger zur Schule. Noch im Jahre 2003, ein Jahr vor Ploegers Tod, schrieben sich die beiden einige Briefe und tauschten Erinnerungen an Alt-Oerlinghausen aus.

Der begabte Musiker Roland Ploeger, der nach dem Besuch von Volksschule und Rektorschule sein Musikstudium in Detmold aufnahm, liebte die Orgel der Alexanderkirche: &bdquo;Schon während meiner Schulzeit durfte ich auf diesem großen Instrument üben, wenn ich mir im Pfarrhaus den Schlüssel abholte.“ Er beschäftigte sich mit der Kirche und seinem Orgelspiel sogar in schwersten Kriegszeiten. &bdquo;Im letzten Kriegsjahr war ich als Flakschütze auf dem Fliegerhorst Paderborn eingesetzt. Wir besaßen auf dem Gefechtsstand ein scharfes Scherenfernrohr, durch das ich mir die Kirche und den südlichen Teil meiner Heimatstadt vor Augen bringen konnte“, schrieb er.

Einmal im Monat erhielt der Flakschütze Ploeger Heimaturlaub. Dann fuhr er manchmal mit der Sennebahn bis Schloß Holte und wanderte Richtung Oerlinghausen. &bdquo;Wenn ich in der Detmolder Straße ankam, war ich ganz schön fertig“, schreibt er. Gelegentlich nahm er auch die Straßenbahn von Paderborn nach Detmold – die gab es damals tatsächlich –, oder er fuhr mit dem Zug über Horn und kam dann mit der Eisenbahn am Bahnhof in Asemissen an. &bdquo;Am Stöhnebrink wuchsen damals Schlehenbüsche mit schönen großen Beeren“, erinnerte sich Roland Ploeger noch nach Jahrzehnten an seinen Gang zur Bergstadt hinauf.

Von Oerlinghausen über Frankfurt und Hamburg nach Lübeck Lehrerin Elisabeth Plöger erscheint in seinen Briefen in einem ganz neuen Licht. &bdquo;Meine Mutter war ursprünglich auch Schriftstellerin, sie verfasste Milieubeschreibungen und lyrische Gedichte. Da man auch schon damals nicht davon leben konnte, wählte sie den Beruf der Lehrerin. Sie schrieb ihre Examensarbeit über den Philosophen Immanuel Kant“, verriet er. Oerlinghausen hatte in den 30er-Jahren noch eine eigene Tageszeitung, den &bdquo;Oerlinghauser Anzeiger“. &bdquo;Diese Zeitung veröffentlichte gelegentlich Aufsätze meiner Mutter, die manchmal recht kritisch waren“, skizzierte er sie. &bdquo;An die Oerlinghauser Volksschule kam sie durch den Major Herrn von Lentzke, den Gutsbesitzer von Niederbarkhausen, der damals auch zur Schulaufsichtsbehörde gehörte.“

Roland Ploeger bestand 1948 die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Detmold und studierte in den Fächern Orgel und Komposition. &bdquo;Besonders die Werke der vom Nazi-Regime verfemten Komponisten wie Hindemith machten einen großen Eindruck auf mich“, sagte er. 1949 schrieb Ploeger das weithin bekannte Kirchen-Orgelstück &bdquo;O Heiland reiß die Himmel auf“. Er heiratete und lebte anfangs mit seiner Frau in Oerlinghausen. &bdquo;Wir gingen oft im Schopketal spazieren und kehrten im Lokal von Gastwirt Frewert ein. Der Wirt hat übrigens in den 40er-Jahren noch die Friedhofsmühle betrieben“, schrieb er.

Stimme gegen Intoleranz Nach dem Detmolder Examen zog Ploeger nach Frankfurt zu weiteren Studien. Später ging er nach Hamburg, wo er auf den Kreis &bdquo;Junge Hamburger Komponisten“ stieß. Er verfasste als Musikkritiker verschiedene Rezensionen für Hamburger Tageszeitungen. Sein Einstieg in die Hochschule begann 1963, als er einen Ruf als &bdquo;Lehrbeauftragter für Komposition und Musiktheorie“ an die Musikakademie in Lübeck erhielt. 1974 übertrug die Stadt ihm die Leitung des Musikpädagogischen Seminars. 1980 wurde er zum ordentlichen Professor der Musikhochschule ernannt.

Ploegers Orgelkompositionen erhielten mit einem Mal größte Anerkennung. Die Lübecker Stadtsenatorin für Kultur und Bildung hielt die Laudatio bei einem vielbeachteten Konzert. &bdquo;Lübeck wäre nicht die Stadt der Musik“, sagte sie, &bdquo;gäbe es nicht Menschen wie Roland Ploeger. Er hat den Ruf der Lübecker Musik in der ganzen Welt gefestigt.“ Professor Roland Ploeger starb am 20. Dezember 2004. Aus Lübecker Komponistenkreisen hieß es damals: &bdquo;Die Hansestadt verliert einen ihrer besten Komponisten und die Musikwelt eine ruhige, aber vernehmliche Stimme gegen Intoleranz.“

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