Neue Attraktion soll Besucher im Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen begeistern

Oerlinghausen. &bdquo;So etwas macht man nur einmal im Berufsleben“, sagt Tischler- und Zimmermeister Gerd Lesmann aus Blomberg-Cappel und fügt hinzu: &bdquo;Wenn überhaupt.“ Fünf Zimmerleute haben an der Holzkonstruktion des germanischen Langhauses mitgewirkt, das jetzt offiziell im Archäologischen Freilichtmuseum (AFM) eingeweiht worden ist.

33 Meter lang ist die Rekonstruktion eines eisenzeitlichen Wohnstallhauses aus Paderborn-Saatental und damit die bislang größte Nachbildung dieses Gebäudetyps, dessen Ursprung in der Zeit 0 bis 30 Jahre nach Christi Geburt liegt, also in der Zeit von Hermann, dem Cherusker einzuordnen ist. Fast 200 Eichen aus lippischen Wäldern sind verbaut worden und 20 Tonnen Lehm. Gedeckt ist das Gebäude mit einem mehr als 500 Quadratmeter großen Schilfdach.

&bdquo;Am Anfang war dieses Haus nur eine Idee in den Köpfen von Museumsdirektor Karl Banghard und Geschäftsführer Klaus Stein“, lenkte Moritz Ilemann den Blick zurück. Zufällig habe es dann beim Lippischen Heimattag ein Gespräch mit Ina Scharrenbach, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW, gegeben. &bdquo;Danach ging alles sehr schnell voran.“ Der unbürokratischen Förderzusage folgten Planung und Baubeginn. &bdquo;Dann aber kam leider die Baustatik ins Spiel“, berichtete Moritz Ilemann von Grenzen, &bdquo;die wir bisher noch nicht kannten“.

Ilemann ist sicher: &bdquo;Wenn es zur Zeit der Germanen solche baustatischen Vorschriften gegeben hätte, würden unsere Altvorderen wahrscheinlich immer noch in ihren Höhlen hocken.“ Umso besonderer sei die Fertigstellung des Langhauses. Weit mehr sei es, als nur ein Bauwerk aus Holz, Lehm und Reet. &bdquo;Es ist ein Fenster in unsere Vergangenheit“, sagte Ilemann, &bdquo;ein Raum des Erlebens und Verstehens, ein Ort, der Geschichte lebendig macht“.

In der beeindruckenden Konstruktion spiegele sich das handwerkliche Können der damaligen Zeit und ebenso das Engagement der heutigen Zeit. Für ein solches Projekt aber brauche es Förderer und Partner und vor allem Menschen, die bereit seien, ihre Zeit, Kraft und Leidenschaft zu investieren. Zwischen 3.000 und 4.000 Stunden uneigennütziger Arbeit sind in die Umsetzung geflossen und insgesamt 411.000 Euro, wie Geschäftsführer Klaus Stein berichtet.

Der gemeinnützige Trägerverein des AFM hat die für ihn nicht unerhebliche Summe von 33.000 Euro aufgebracht. Der große Rest kommt zu zwei Dritteln vom Land und zu einem Drittel von der NRW-Stiftung. Das neue Langhaus soll zentraler Bestandteil der Bildungsarbeit sein, ein Lernort für Kinder, ein Forschungsraum für Historiker und ein Ort, an dem &bdquo;nicht nur Vergangenheit bewahrt, sondern auch neue Brücken zwischen Geschichte und Gegenwart geschlagen werden“, betonte Moritz Ilemann.

Landrat Axel Lehmann bezeichnete das Langhaus im AFM als &bdquo;neue touristische Perle im Kreis Lippe“ und hob das Zusammenspiel von AFM, Klimaerlebniswelt und Naturschutzgroßprojekt unter dem Oberbegriff &bdquo;Urland“ hervor. Mit dem Langhaus habe das AFM im wahrsten Sinne &bdquo;einen langen Schritt“ gemacht, sagte der stellvertretende Bürgermeister Volker Neuhöfer.

Die Rekonstruktion des Langhauses sei &bdquo;ein Zeugnis der Heimat par excellence“, ergänzte Ute Röder von der NRW-Stiftung. Angesichts der unendlich vielen ehrenamtlichen Stunden, die hier investiert worden seien, &bdquo;waren die Fördervoraussetzungen sehr schnell erfüllt“.

Auseinandersetzung mit Nazi-Politik geplant &bdquo;Wie fühlen Sie sich“, diese Frage stellte Ministerin Ina Scharrenbach ihrer Rede voran und beantwortete sie für sich selbst. &bdquo;Es ist schon beeindruckend, was hier entstanden ist.“

Alle Redner erinnerten vor dem Hintergrund des Kriegsendes vor 80 Jahren auch an die besondere Vergangenheit des Museums, das 1936 von Nationalsozialisten gegründet worden war. &bdquo;Hieraus hat sich eine weitere Projektidee entwickelt, die in die heutige Zeit in besonderer Weise passt“, sagte Moritz Ilemann. Als ältestes germanisches Freilichtmuseum der Welt wolle man das Thema nationalsozialistische Geschichtspolitik auf den ersten Blick greif- und sichtbar machen.

Dazu, so das Vorhaben, soll eines der Häuser von 1936 dekonstruiert werden. Geteilt durch eine Plexiglasscheibe soll in der einen Hälfte die Inszenierung der Nazis von 1936 dargestellt und auf der anderen Seite der historische Forschungsstand gezeigt werden. Die Zeit, das manipulierte Geschichtsbild der Nazis deutlich sichtbar zu machen, sei reif, betont Ilemann, der auch hier auf fördernde Unterstützung hofft.

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