Sensationeller Fund im Alten Pfarrhaus

Oerlinghausen. Dachböden beherbergen zuweilen besondere und oftmals vergessene Schätze. Einen dieser Schätze hat jetzt der evangelische Pfarrer Uwe Sundermann auf dem Dachboden des Alten Pfarrhauses entdeckt – und ihn beinahe entsorgt. Dass er im letzten Moment gezögert hat, erfreut nicht nur die Kirchengemeinde, sondern auch Archäologen und Kunsthistoriker.

Im November war Uwe Sundermann in das Alte Pfarrhaus eingezogen. Zwei Monate später hatte er die meisten Umzugskartons ausgepackt, das neue Zuhause eingerichtet. Der 58-Jährige machte sich daran, den Dachboden aufzuräumen. &bdquo;An einer Wand liegend habe ich einen fast 15 Kilogramm schweren beschädigten Stein gefunden“, erzählt Sundermann, der sich fragte: &bdquo;Schutt oder Sensation?“ Sundermann fielen die groben Verzierungen auf. Die Vermutung lag nahe, dass ein Steinmetz sie dort angebracht haben könnte. Was er dort entdeckt hatte, das war ihm allerdings noch nicht klar.

Stein war Teil des Vorgängerbaus Dass der Stein ein sogenanntes Kapitell sein könnte, schoss Sundermann zwar durch den Kopf, dass er ein lange verschollenes Kapitell, das vermutlich aus dem 12. Jahrhundert stammt, wahrscheinlich aber noch älter ist, gefunden hatte, war erst später klar. Sundermann fotografierte den Stein und schickte die Fotos unter anderem an Bauhistoriker Heinrich Stiewe vom Westfälischen Freilichtmuseum Detmold. &bdquo;Seine Antwort war eine große Überraschung“, erzählt der Pfarrer, denn Stiewe schrieb ihm: &bdquo;Das Kapitell ist vielleicht tatsächlich ein Sensationsfund. Es ist romanisch und dürfte aus dem Vorgängerbau der heutigen Kirche stammen. Das Kapitell galt bisher als verschollen. Schön, dass Sie es wiedergefunden haben.“

In einem Heft über &bdquo;Lippischen Kulturlandschaften“, erschienen im Jahr 2011, wird die Geschichte der evangelisch-reformierten Kirche Oerlinghausen beleuchtet. Herausgegeben worden ist es von Kunsthistoriker Roland Pieper. Uwe Sundermann fand darin eine Zeichnung des verschollen geglaubten Kapitells. Emil Zeiß hatte es im Jahr 1868 gezeichnet. Im Jahr zuvor war das Kapitell bei Bauarbeiten gefunden worden, später galt es als unauffindbar. Wie es auf den Dachboden des Alten Pfarrhauses gekommen ist, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Womöglich lag es dort lange Zeit hinter Dachpfannen. Heinrich Stiewe kann sich vorstellen, dass das Kelchblattkapitell mit seinen Rillen womöglich von einer Teilungssäule eines Fensters oder einer Schallöffnung des romanischen Vorgängerbaus der heutigen Alexanderkirche stammt. Er plädiert dafür, dass das Kapitell einen Ehrenplatz in der Kirche bekommt.

Kapitell könnte 1000 Jahre alt sein Uwe Sundermann nahm auch Kontakt zu Karl Banghard, dem Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums Oerlinghausen, und zu Mark Keiter vom Naturkundemuseum Bielefeld auf. Karl Banghard, der noch dabei ist, den Fund mit Bildern von Kapitellen abzugleichen, hält es für durchaus denkbar, dass man das Kapitell noch deutlich früher datieren kann, es um die 1000 Jahre alt sein könnte. Damals wurde das Land Lippe erst gerade begründet. Lemgo und Detmold gab es noch nicht, in Oerlinghausen aber stand, wie bereits vermutet, schon eine steinerne romanische Kirche. &bdquo;Das wäre der Beweis dafür, dass schon damals Gottesdienste gefeiert worden sind“, sagt Uwe Sundermann.

Mark Keiter bestimmte das Gestein als Variante Bielefeld des Osning-Sandsteins, die sich bis zur Hunekenkammer erstreckt. Was aber nicht heißen muss, dass der Stein in Bielefeld gebrochen worden ist. Das heutige Kirchenschiff der Alexanderkirche stammt aus der Zeit zwischen 1511 und 1514, die Außenmauern im hinteren Teil des Gotteshauses jedoch von einem kleineren gotischen Vorgängerbau. &bdquo;Davor“, sagt Uwe Sundermann, &bdquo;muss sich an derselben Stelle eine romanische Kirche befunden haben.“ Zu diesem Bau gehörte wohl das nun gefundene Kelchblattkapitell.

Derzeit wird noch ein ausgewiesener Fachmann, der sich auf die Zeit spezialisiert hat, gesucht. Das Kapitell ist auf jeden Fall einer der ältesten, wenn nicht gar der älteste existierende behauene Stein Oerlinghausens.

Sensationeller Fund im Alten Pfarrhaus

Steine erzählen von Oerlinghauser Geschichte

Pfarrerin in spe für Oerlinghausen und Leopoldshöhe

Barocke Klänge in Dorfkirche Donop

Wie ein Oerlinghauser Junge zu einem geachteten Musikprofessor wurde

So hat Heinrich Stiewe aus einem Blomberger Baudenkmal ein schickes Wohnhaus gezaubert

Wie die Germanen wirklich lebten

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus