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Wie ein Schiederaner Jägerpaar  knapp der Tollwut entging

Marianne Schwarzer

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Elke-Heidrun und Rolf Brokmeier sind seit mehr als 50 Jahren passionierte Jäger, und sie hatten immer Jagdhunde. Brackenrüde Reiko ist der Liebling des Ehepaars. - © Marianne Schwarzer
Elke-Heidrun und Rolf Brokmeier sind seit mehr als 50 Jahren passionierte Jäger, und sie hatten immer Jagdhunde. Brackenrüde Reiko ist der Liebling des Ehepaars. (© Marianne Schwarzer)

Schieder-Schwalenberg. Die Begegnung mit zwei tollwütigen Füchsen ist zwar 30 Jahre her. Aber sie war lebensgefährlich und hat sich tief ins Gedächtnis der Schiederanerin Elke-Heidrun Brokmeier und ihres Mannes Rolf eingegraben. So sehr, dass sie zur Frage: „Fuchsjagd ja oder nein?“, die erst jüngst auch in der LZ aufkam, eine ganz eigene Meinung haben.

Bereits seit mehr als 50 Jahren sind die beiden Jäger, er früher als Förster in einem Revier des Landesverbandes von Berufs wegen, sie schon immer aus Passion. Doch es gab einen Moment, da hätte ihnen das zum Verhängnis werden können.

Hummel verschwindet im Bau

„Es war genau am 24. Januar 1987, im Rischenauer Revier“, erzählt Elke-Heidrun Brokmeier. „Wir waren eigentlich nur mit unserer Dackeline unterwegs, um einen Spaziergang zu machen.“ Doch plötzlich verschwand Dackeldame Hummel in einem Fuchsbau. „Üblicherweise bringen die Hunde den Fuchs auf, der kommt dann herausgeschossen“, erklärt Rolf Brokmeier. „Aber es kam kein Fuchs, und Hummel kam auch nicht wieder raus, wir hörten sie nur bellen.“

Die beiden riefen zwei befreundete Jäger zur Hilfe und begannen, mit dem Spaten den Fuchsbau aufzugraben. „Glücklicherweise an der richtigen Stelle, und so bekamen wir zuerst unsere Hummel zu fassen“, erzählt der heute 85-Jährige. „Wir haben sie an der Rute rausgezogen“, ergänzt seine gleichaltrige Ehefrau.

Der Tierarzt tobt

Dann kam ein Fuchs zum Vorschein, einer der Jäger zog seine Pistole und erwischte ihn voll. „Da kam plötzlich noch ein zweiter aus dem Bau“, doch auch den erledigte ein Pistolenschuss.

In der Paarungszeit, so erzählt der Förster a.D., treffen sich häufiger erwachsene Füchse in einem Bau, hormongesteuert, wie sie sind. „Manchmal sind da auch gleich zwei Füchse hinter einer ranzigen Fähe her.“

Dackelhündin Hummel brachte seinerzeit die Füchse in ihrem Bau auf und wurde selbst gebissen. - © Marianne Schwarzer
Dackelhündin Hummel brachte seinerzeit die Füchse in ihrem Bau auf und wurde selbst gebissen. (© Marianne Schwarzer)

Mit der verletzten Dackeldame fuhren die Brokmeiers sofort zum Tierarzt: „Da mussten wir uns vielleicht was anhören. Der Tierarzt tobte richtig los, weil der Impfschutz abgelaufen war. Weil Hummel kurz zuvor Welpen gehabt hatte, hatten wir sie einmal nicht gegen Tollwut impfen lassen.“ Was der Tierarzt natürlich sofort nachholte, nachdem er den Hund verarztet hatte.

Tollwuttest positiv

Und er schickte das Ehepaar auf der Stelle mit den beiden Fuchskadavern nach Detmold, um sie beim Veterinäruntersuchungsamt untersuchen zu lassen. „Keine zwei Stunden später rief das Kreisveterinäramt an: Beide Füchse hatten die Tollwut, obwohl man ihnen das gar nicht angesehen hat.“

Damit war klar: Die Brokmeiers mussten sich ebenfalls schnellstmöglich impfen lassen. Denn, so schreibt das Robert-Koch-Institut, Tollwut überträgt sich auf Menschen meistens über einen Biss. Jedoch ist eine Übertragung von Tollwutviren durch infektiösen Speichel infizierter Tiere selbst bei oberflächlichen Hautverletzungen oder direktem Kontakt mit der Schleimhaut möglich. Dafür hätte Hummel ihrem Herrchen nach dem Rasieren nur mal durchs Gesicht lecken müssen. Und soweit wollte es niemand kommen lassen.

Kein Impfstoff vorrätig

Aber erst mal war nirgends ein Impfstoff für die Menschen aufzutreiben. Elke-Heidrun Brokmeier erinnert sich noch sehr gut: „Es war Mittwochmittag, und wir versuchten in ganz Lippe und dem angrenzenden Niedersachsen eine Arztpraxis zu finden. Ebenso in denangrenzenden Krankenhäusern gab es keinen Impfstoff.“

Schließlich wurden sie in Steinheim im Krankenhaus fündig. „Die hatten aber nur eine einzige Portion, die andere mussten sie erst mal besorgen.“ Erst abends um acht kam der erlösende Anruf, die beiden konnten sich impfen lassen.

Zwei kräftige Dosen, synchron in die beiden Podexe, und die schlimmste Gefahr war gebannt. Angenehm war das nicht: „Das waren 100 Mililiter Impfstoff“, Elke-Heidrun Brokmeier, sie hat ihren alten Impfausweis noch. Und damit nicht genug, das Paar musste über Wochen immer wieder zur Auffrischung der Impfung, den Impfstoff bezogen sie aus der örtlichen Apotheke. Ein teurer Spaß für die Krankenkasse: „Die Rischenauer Apothekerin meinte, sie hätte gern solche Kunden wie uns. Eine Dosis kostete damals 1300 Mark.“ Ihre letzte Tollwutschutzimpfung erhielten sie 2006.

Variable Inkubationszeit

Warum diese häufige Impferei? - Darauf hat das RKI eine Antwort: „Die Inkubationszeit beim Menschen kann mit fünf Tagen bis zu mehreren Jahren sehr variabel sein und beträgt in der Regel zwei bis drei Monate.“ So lang die Viren noch nicht das Gehirn erreicht haben, kann die Impfung noch helfen. Denn erst mal müssen die Viren ins zentrale Nervensystem gelangen, wo sie Verheerendes anrichten. In der Regel führt die Infektion zu Krämpfen, Patienten können nicht mehr schlucken und bekommen eine Wasserphobie. Sie speicheln viel - bilden Schaum vor dem Mund, bis sie schließlich ins Koma fallen und sterben. Noch immer gibt es keine Heilung. „Mein Vater hat an der Badeanstalt mal ein tollwütiges Reh erschießen müssen, das hatte auch Schaum vor dem Mund.“

Alle wohlauf

So weit kam es in diesem Fall glücklicherweise nicht. Am Ende erholten sich beide Brokmeiers wieder von dem Schrecken, und auch Dackelhündin Hummel sollte sich bald wieder erholen.

Das Ehepaar Brokmeier wird jedoch nie vergessen, was so eine Infektion anrichten kann. Und so sagt Rolf Brokmeier: „Ich mag Füchse. Sie dürfen nur nicht überhand nehmen“, er hält die Fuchsjagd in Maßen immer noch für richtig. Blutrünstig, wie Peta Jägern vorwirft, ist jedenfalls im Hause Brokmeier niemand.

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