So stellt sich Schieder-Schwalenbergs neuer Bürgermeister Marco Müllers sein Amt vor

Schieder-Schwalenberg. Noch sind es ein paar Tage bis zu seinem Amtsantritt, gerade ist er zurück von einem Kurztrip nach Mallorca, und er schuldet dem Finanzamt noch einige Arbeitsstunden als Betriebsprüfer. Marco Müllers hat in diesen Tagen alle Hände voll zu tun, darum kann das Interview mit Schieder-Schwalenbergs Bürgermeister in spe auch erst am Abend stattfinden. Er muss auch noch seine großen Plakate abhängen, für die kleinen hat er schon eine Nachtschicht eingelegt. An diesem Tag war er bereits im Rathaus und bekam von Amtsinhaber erst mal einen Stapel Post in die Hand gedrückt. Doch jetzt ist Zeit, vorm Kamin im heimischen Wohnzimmer ein paar Fragen der LZ zu beantworten.

Herr Müllers, Ihre Amtszeit beginnt am 1. November, und am 4. November findet die erste Ratssitzung der neuen Wahlperiode statt. Da kommt ganz schön was auf Sie zu.

Marco Müllers: Naja, die erste Sitzung wird ja erst mal sehr formalistisch sein. Da geht es um organisatorische Fragen wie die Verteilung der Ausschüsse.

Allerdings, und das allein hat es ja schon in sich, das ist ja hoch kompliziert, dieses Verfahren, nach dem die einzelnen Fraktionen Zugriff haben. De Hondt und Hare-Niemeyer, ich als langjährige Lokalredakteurin hab es nie so ganz kapiert.

Marco Müllers: Klar, das ist nicht ganz einfach. Ich sehe noch meinen Vater (den leider schon verstorbenen langjährigen FDP-Ratsherrn Jürgen Müllers, Anmerkung der Redaktion) hier am Wohnzimmertisch sitzen und tüfteln und die Sachen hin und herschieben, bis es passte.

Graut Ihnen vor der Premiere?

Marco Müllers: Nein. Ich kenne ja die meisten Mitglieder des Rates schon länger persönlich.

Schon. Aber mir hat neulich noch einer gesagt: Dem Marco Müllers sitzen jetzt im Rat lauter Leute gegenüber, die ihn nicht unterstützt haben.

Marco Müllers: Das ist mir schon klar. Aber ich denke, dass wir unterm Strich alle das Beste für Schieder-Schwalenberg wollen. Und ich gehe erst mal vollkommen unvoreingenommen und komplett offen an die Dinge heran.

Sie werden darauf angewiesen sein, dass der Rat - oder zumindest eine Mehrheit - Sie unterstützt. Mittlerweile ist ja klar, dass CDU, FDP und UWG eine Zählgemeinschaft bilden, Grüne und SPD sind außen vor. Haben Sie schon Kontakt zu den Fraktionen aufgenommen?

Marco Müllers: Noch nicht, aber das ist in Arbeit. Natürlich will ich mit den Fraktionsvorsitzenden sprechen, das gilt übrigens für alle Fraktionen, ich sehe mich als Bürgermeister für die ganze Stadt. Grüne und SPD sollen sich nicht ausgegrenzt fühlen.

Mit einigen Vorschlägen, die Sie im Wahlkampf sehr klar vertreten haben, stoßen Sie offenbar nicht gerade auf Gegenliebe.

Marco Müllers: Das habe ich auch schon gemerkt. Von der Einführung von Ortsbürgermeistern ist anscheinend niemand begeistert, das wird wohl nichts.

Es gibt noch mehr strittige Punkte, anscheinend hält die Dreifachturnhalle und den Kunstrasenplatz hier niemand für finanzierbar in einer Kommune wie Schieder-Schwalenberg. Ich weiß ja, Sport ist Ihre Leidenschaft...

Marco Müllers: Ja, Sport ist wichtig, auch für die Jugend. Es ist doch irgendwie kaum zu erklären, dass wir im gesamten Stadtgebiet Schieder-Schwalenberg keinen einzigen Quadratzentimeter Tartan haben.

Ich habe ja nun über 30 Jahre die Diskussion um Sporteinrichtungen in Schieder-Schwalenberg mitbekommen, ich weiß noch, wie es um die Pflege der Rasenflächen ging, die die Stadt nicht mehr leisten konnte und wollte. Mittlerweile sieht es so aus, als sei der Bedarf gar nicht mehr da, weil die Vereinslandschaft sich so verändert hat.

Marco Müllers: Ein großer Fehler war aus meiner Sicht, dass wir die Hauptschule verloren haben, dass jetzt im Stadtgebiet eine weiterführende Schule fehlt. Das bedeutet, dass die Jugendlichen eher in den Nachbarkommunen Sport machen, in Blomberg, in Lügde, in Steinheim, weil da auch ihre Kumpels sind.

Aber muss denn jede Kommune die Sportinfrastruktur vorhalten? Ist es denn in der heutigen Zeit nicht viel besser, wenn die Kommunen auch hier zusammenarbeiten und sich austauschen?

Marco Müllers: Natürlich ist die Zusammenarbeit wichtig, und ich werde diesbezüglich selbstverständlich auch Gespräche führen, ich bin ja unter anderem in Blomberg sehr gut vernetzt. Aber ein Angebot vor Ort würde Menschen vielleicht eher motivieren, Sport zu machen. Die Stadt ist sogar verpflichtet, Sportmöglichkeiten zu bieten, um die Menschen gesund zu erhalten.

Die Finanzierung ist halt schwierig, da werden Sie mir Recht geben.

Marco Müllers: Das stimmt. Aber ich sehe meine Rolle als Bürgermeister ja nicht als jemand, der seine eigenen Ideen durchpeitschen will, sondern ich sehe mich als Impuls- und Ideengeber. Und dann müssen wir auf der politischen Ebene schauen, wie wir zusammenkommen und was machbar ist.

Vor Ihnen liegt ja nun ein gigantisches Neuland. Wie wollen Sie sich das alles aneignen?

Marco Müllers: Mir schwebt vor, mich in die wichtigsten, noch nicht abgeschlossenen Projekte einzuarbeiten und sie dann noch einmal in den Rat zu tragen, damit wir sehen: Wo stehen wir? Das wird mir sicher auch helfen, einen besseren Überblick zu bekommen. Aber wir können einiges vielleicht auch noch mal auf den Prüfstand stellen: Wollen wir das wirklich so? Muss noch was geändert werden?

Ihr Vorgänger Jörg Bierwirth hat dem Rat die Dinge meistens mundgerecht und beschlussfertig serviert. Das werden Sie nicht aus der Lamäng können. Damit bekommt der Rat auch noch mal eine ganz andere Aufgabe und sicher sehr viel mehr Arbeit. Andererseits müssen Sie da auch viel auf die Hilfe der Fachbereichsleiter setzen.

Marco Müllers: Ganz bestimmt! Aber ich vertraue da auch auf die Mitarbeiter.

Nun sind Sie ja nicht nur Verwaltungschef, sondern auch Repräsentant der Stadt bei unzähligen Gelegenheiten. Ich sage nur: Volkstrauertag. Herr Bierwirth hat im vergangenen Jahr vier Reden gehalten...

Marco Müllers: Und genau das werde ich auch tun. Ich werde in der ersten Zeit erst mal genauso weitermachen, wie Jörg Bierwirth es getan hat. Und wenn ich wirklich alles einmal kennengelernt habe, dann werde ich versuchen, die stellvertretenden Bürgermeister mit einzubinden.

Ich habe von verschiedenen Seiten das Gerücht gehört, Ihnen schwebe eine 40-Stunden-Woche vor, das hätten Sie mehrfach gesagt.

Marco Müllers: Das habe ich nie gesagt, das wäre ja vollkommen utopisch. Die Bertelsmannstudie besagt ja auch, dass Bürgermeister ein 24/7-Job ist und man auf keinen Fall mit 40 Stunden auskommen wird. Aber immerhin spare ich mir ja jetzt die täglichen eineinhalb Stunden Weg zur Arbeit und zurück, jetzt habe ich nur noch drei Minuten. Damit ist schon was gewonnen. Und dann muss ich mein Engagement im Sport als Trainer erst mal stark reduzieren oder ganz aufhören.

Und dann bleibt da ja noch die Öffentlichkeitsarbeit, etwa Social Media. Wie werden Sie das handhaben? So wie Ihr Vorgänger?

Marco Müllers: Nur teilweise. Einen wöchentlichen Blog halte ich für eine gute Sache. Und vielleicht setze ich auch schnelle Meldungen ab, wenn beispielsweise das Wasser abgestellt wird oder es kurzfristig eine Straßensperrung gibt. Aber für mehr wird mir wohl erst mal die Zeit fehlen.

Persönlich

Marco Müllers ist 52 Jahre alt und Diplom-Finanzwirt. Derzeit absolviert er seine vorerst letzten Arbeitstage als Betriebsprüfer beim Finanzamt. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin in Schieder. Seit mehr als 20 Jahren ist er ehrenamtlich als Leichtathletik-Trainer im Leistungssport der LG-Lippe-Süd aktiv.

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