Paar reist 18.385 Kilometer, um sich in Schwalenberg das Ja-Wort zu geben

Schieder-Schwalenberg. Zum Honeymoon nach Neuseeland – das ist weit, aber heutzutage nicht ungewöhnlich. Petrina und James Collier haben es genau andersherum gemacht: Sie sind von Neuseeland extra nach Lippe gereist, um im beschaulichen Schwalenberg zu heiraten und danach eine ausgiebige Hochzeitsreise durch Europa zu machen.

Ganz zufällig haben sie den Ort, an dem sie sich das Ja-Wort gaben, nicht ausgewählt. Denn die 24-jährige Braut wollte unbedingt ihre Oma und ihren Opa dabei haben – und die sind nun einmal Ur-Schwalenberger: Ingrid und Heinz Rodewald.

Zweites Zuhause der Braut

18.385 Kilometer oder 11.424 Miles Fluglinie sind es zwischen Palmerston North, wo das Brautpaar wohnt, und Schwalenberg. Petrina fühlt sich auf dem Hof ihrer Großeltern, etwas abseits der Altstadt gelegen, trotz der Entfernung wie in ihrem zweiten Zuhause. Immer wieder hat sie den beiden in der Vergangenheit einen Besuch abgestattet. Manchmal half sie auch in Haus und Hof: Gartenarbeit, Erdbeeren pflücken, Marmelade kochen – Petrina lacht bei all den schönen Erinnerungen.

Wenn sie längere Zeit blieb, sei sie sogar als Gastschülerin in Steinheim in die Realschule gegangen, berichtet ihre Mutter Regina. Die 56-Jährige wanderte vor 33 Jahren aus. Doch der Kontakt in die Heimat blieb eng. Auch die Großeltern hätten die weite Reise immer wieder auf sich genommen, um Tochter und Enkelkinder zu besuchen. Zuletzt 2019: &bdquo;Der lange Flug ist jetzt in ihrem Alter aber zu anstrengend“, erklärt Petrina. Für sie stand deshalb schnell fest: Wenn sie als erstes Enkelkind der Rodewalds heiratet, sollte das in ihrer zweiten Heimat Schwalenberg geschehen.

Ihren gleichaltrigen Mann James Collier lernte sie bei der neuseeländischen Armee kennen, wo die beiden das gemeinsame Eingangstraining absolvierten. Inzwischen haben sie ein Haus nahe Palmerston North gekauft. Petrina ist Sanitäterin, James Soldat bei der Infanterie.

Viele Stimmen gegen Monotonie

Auch wenn seine Mutter aus Österreich stammt, so kann der Bräutigam kein Deutsch. Deshalb gestaltete Pfarrerin Margret Noltensmeier den Gottesdienst zweisprachig. Für sie kein Problem. Es ist nicht ihre erste zweisprachige Trauung. Sie weiß, worauf zu achten ist: &bdquo;Es müssen möglichst viele Stimmen eingebunden werden, damit der Gottesdienst nicht zu monoton wird.“

Ganz beeindruckt war die Pfarrerin von der Unaufgeregtheit des Paares. Von Hochzeits-Hype keine Spur. Genau diesem Rummel wollten die beiden ein stückweit entfliehen. Denn in ihrer Heimat sei das Heiraten sehr aufwendig und teuer. Umgerechnet 30.000 Euro, schätzt Mutter Regina, kostet dort die Feier, in der Regel zahle das die Familie der Braut. Kostbare Geschenke gebe es nicht. Die Zeremonie werde meist am Strand oder im Garten abgehalten – inklusive sündhaft teurer Roben.

Da hielt es das Brautpaar in Lippe ein bisschen sparsamer: 30 Gäste, darunter auch James Eltern und Bruder, erwarteten sie, gefeiert wurde im Gildehaus, das Catering übernahm der &bdquo;Alte Krug“. Die Wirtin kennt Petrina gut, schließlich habe sie bei ihr mehrere Wochen in der Küche gejobbt.

Das Hochzeitskleid – natürlich durfte der Bräutigam es nicht vorher sehen, denn das bringt auch in Neuseeland Unglück – hat übrigens die Schwester in Deutschland genäht. Den Prototyp aus Omas Bettlaken, welcher dann auf die weite Reise nach Neuseeland zur Anprobe geschickt wurde. &bdquo;Das hat gepasst. Dann nahm sie erst den richtigen Stoff“, beschreibt Petrina den Entstehungsprozess.

&bdquo;Extra coole Kirche“

Und was reizte James an der Trauung in der Ferne, wo er nie zuvor war? Die alte Schwalenberger Kirche, sagt er, fände er allein aufgrund ihrer Geschichte &bdquo;extra cool“, und auch die Orgel beeindrucke ihn. Derartige Instrumente gebe es in Neuseeland nur in ganz großen Kirchen. Und er freute sich auf die deutschen Bräuche – auf das Baumstammsägen mehr als auf Walzer und Polka, das die Schwiegermutter vorschlägt – denn im Tanzen ist das Paar noch ungeübt.

Dass Freunde und Arbeitskollegen in Schwalenberg nicht dabei sein konnten, störte die Beiden nicht so sehr: Schließlich habe es in Neuseeland schon eine &bdquo;standesamtliche“ Hochzeit gegeben. Und nun freuen sie sich erst einmal auf ihren Honeymoon durch Süddeutschland, Italien, Österreich, die Schweiz und am Ende nach London. Insgesamt sechs Wochen dauert die Tour durch Europa – dafür haben Petrina und James extra Urlaub aufgespart, denn mehr als 25 Tage im Jahr gibt’s in Neuseeland nicht.

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