Versuchter Bankraub: Wie lange die Täter für den Tunnelbau gebraucht haben

Spenge. Es ist ein Coup wie in einem Film: Unbekannte graben in zwei Metern Tiefe einen acht Meter langen Tunnel, um in die Spenger Volksbank einzubrechen. Sie fliegen nur auf, weil sich über dem Tunnel – direkt neben dem Bankgebäude – Pflastersteine einer Autozufahrt absenken.

Doch wie konnten die Täter so weit kommen? Wie lange hat es gedauert, bis sie den Tunnel gegraben hatten? Wie haben sie das überhaupt bewerkstelligt – noch dazu unbemerkt? Die NW hat mit einem Experten für Tunnelbau gesprochen. Er sagt: Das Projekt wäre wohl nicht gescheitert, wenn die Täter den Tunnel im heißen Sommer oder bei Frost im Winter angelegt hätten. Verblüffend ist auch seine Einschätzung zur Bauzeit des Tunnels.

Dierk Schmidberger gehört zur Geschäftsleitung der Firma Baresel Tunnelbau mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen. Normalerweise beschäftigt sich der Bauingenieur mit Projekten ganz anderer Dimension. Mit Bahn-, Straßen- und Autobahntunneln zum Beispiel. Auch am Projekt &bdquo;Stuttgart 21" ist die Firma beteiligt. &bdquo;Wir machen alle Arten von Tunnelvortrieb und -sanierung in Deutschland, Österreich und der Schweiz", erzählt er.

Täter hatten wohl fachliche Vorkenntnisse

Er ist überzeugt: Hier waren Täter am Werk, die fachliche Vorkenntnisse hatten. &bdquo;Das waren Leute, die wussten, was sie tun - die mit Tunnel- oder Tiefbau schon einmal in Kontakt gekommen sind. Das waren keine blutigen Laien." Schmidberger geht davon aus, dass hier mindestens drei Leute beteiligt waren.

Um ihren Tunnel zu stabilisieren, hatten sie ihn von innen mit Holzbalken ausgeschalt. Sie hätten aber wohl auch die Eigenschaften des Bodens genutzt und gewusst, dass es für nur kurzzeitige Konstruktionen keine massiven Sicherungsmittel brauche, meint Schmidberger und erklärt: Boden stehe &bdquo;eine Zeit lang von selbst". Wenn man dagegen einen dauerhaften Tunnel anlegen wolle, &bdquo;muss der Hohlraum mit Stahl und Beton gesichert werden".

So viel Erdreich ist beim Tunnelbau angefallen

Der Experte schätzt auch ein, wie viel Erdreich beim Bau des unterirdischen Zugangs angefallen ist: Bei einer Tunnellänge von circa acht Metern, einer Höhe von etwa 1,5 Metern und einer Breite von rund einem Meter fielen theoretisch 12 Kubikmeter Erde an, sagt er.

Wenn man den Boden jedoch aus dem Erdreich herausnehme, lockere man ihn auf. Sein Volumen verdoppele sich dadurch. &bdquo;Man hatte also 20 bis 25 Kubikmeter loses Material, das abtransportiert werden musste", sagt der Bauingenieur und ergänzt: &bdquo;Das ist eine erhebliche Menge." Um das abzufahren, brauche man schon einen Lkw. Oder man müsse das Material regelmäßig in kleineren Fuhren abtransportieren.

Im Spenger Fall war es so, dass die Täter das Erdreich in Sandsäcke gefüllt haben. Den Großteil davon haben sie nach NW-Information in dem Trafohäuschen neben der Bank gestapelt, von wo aus sie den Tunnel gegraben haben. Einen Teil der Säcke sollen sie auch zur Stabilisierung der Tunnelwände genutzt haben.

So könnte der Tunnel gebaut worden sein

In dem unterirdischen Zugang haben die Ermittler einen hochprofessionellen Kernbohrer mit einem Durchmesser von rund 50 Zentimetern gefunden. Angeblich sollen auch weitere Bohrköpfe unterschiedlicher Größe entdeckt worden sein. Tunnelbau-Experte Dierk Schmidberger geht jedoch davon aus, dass diese Geräte nur zum Einsatz kamen, um einen Durchbruch vom Trafo-Häuschen nach unten in den Boden zu schaffen. Vermutlich hätten sie sie auch noch einmal dann eingesetzt, wenn sie die Wand des Volksbank-Gebäudes hätten durchbrechen wollen, meint Schmidberger. Soweit sind die Täter allerdings nicht mehr gekommen.

Den eigentlichen Tunnel hätten die Täter vermutlich jedoch händisch ausgehoben, mit Schaufel und Pickel. Denn so ein Bohrer verursache ein recht unangenehmes Geräusch – selbst, wenn er mit einem Akku betrieben werde. &bdquo;Ein hoher pfeifender Ton ist das. Deshalb glaube ich ziemlich sicher, dass der eigentliche Vortrieb von Hand gemacht wurde – vorausgesetzt, es gibt an der Stelle keinen Fels, sondern nur Boden."

Schwer zu beschaffen seien solche Profi-Bohrwerkzeuge nicht. &bdquo;Das ist handelsübliche Ware, die frei verfügbar ist"; sagt er. Was die Kosten für solche Geräte angeht, mag er sich nicht genau festlegen. &bdquo;Aber wenn die Täter 5.000 Euro für die Werkzeuge investiert haben, hatten sie alles beisammen."

Wie lange der Tunnelbau vermutlich gedauert hat

Ohne die örtlichen Verhältnisse im Detail zu kennen, geht Schmidberger davon aus, dass der Tunnel in relativ kurzer Zeit entstanden ist. Zwischen 30 und 50 Zentimeter hätten sich die Täter pro Einsatz wohl vorarbeiten können. Bei einer Tunnellänge von acht Metern entspreche das einer Bauzeit von etwa 16 bis 24 Tagen – oder in diesem Fall vermutlich eher Nächten. &bdquo;Das war locker innerhalb eines Monats gemacht."

Dass die Pflasterung in der Zufahrt absackte und der Tunnel dadurch aufflog, hat laut Schmidberger auch am Wetter gelegen. Er erklärt: &bdquo;Wenn es längere Zeit regnet, wird Feinmaterial – Erde und Sand - von der Oberfläche nach unten in den Hohlraum eingetragen." Letztendlich deformiere sich der Tunnel und an der Oberfläche komme es zu Setzungen. &bdquo;Im Sommer, wenn es trocken ist, oder im Winter bei Frost hätte das Ganze wahrscheinlich wunderbar funktioniert", sagt er.

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