Ohne Booster droht Verdienstausfall: Das gilt in NRW

Berlin/Düsseldorf. Arbeitnehmer und Selbstständige, die bislang keine Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus erhalten haben, können ihren Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfällen verlieren, wenn sie wegen einer Infektion oder eines Infektionsverdachts in Quarantäne müssen und in dieser Zeit nicht arbeiten können.

Bislang galt das nur für Menschen, die freiwillig auf eine Schutzimpfung verzichten. Doch nach Angaben der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags müssen sich im Quarantäne-Fall nun auch Geimpfte auf Einbußen einstellen, die nicht als geboostert gelten.

Eigentlich gewährt das Infektionsschutzgesetz Menschen, die infiziert sind oder unter Infektionsverdacht stehen und aufgrund der Quarantäne nicht arbeiten können, einen Entschädigungsanspruch. Diese Entschädigung kann laut Gesetz jedoch wegfallen, wenn etwa durch die Inanspruchnahme einer Schutzimpfung die Quarantäne hätte vermieden werden können. Da die Ständige Impfkommission (Stiko) inzwischen auch Auffrischungsimpfungen für alle ab dem zwölften Lebensjahr empfehle, könne auch das Fehlen des Boosters zum Ausschluss der Entschädigung führen.

Bundesländer bestimmen Umsetzung der Regelverschärfung Die Voraussetzung für den Wegfall der Entschädigung geben nach Angaben der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags jedoch die Bundesländer vor. Erst, wenn die obersten Landesgesundheitsbehörden auf Grundlage der Stiko-Empfehlung eine öffentliche Empfehlung zur Auffrischimpfung aussprechen, handele es sich um eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung im Sinne des Infektionsschutzgesetzes.

In NRW wird die Auffrischungsimpfung nach Angaben des Gesundheitsministeriums bereits öffentlich empfohlen, weshalb aktuell geprüft wird, ob künftig auch Geimpfte ohne Booster auf den Lohnausgleich im Quarantäne-Fall verzichten müssen.

Lohnausgleich bislang auch noch für Johnson&Johnson-Geimpfte Derzeit erhalten laut Ministerium lediglich Ungeimpfte, die freiwillig auf eine Schutzimpfung verzichten, keinen Lohnausgleich im Quarantäne-Fall. All die Menschen, die bereits zwei Mal mit den Vakzinen von Biontech, Moderna oder Astrazeneca geimpft wurden, erhalten Entschädigungen. Das gelte auch für Menschen, die vor oder nach einer Infektion mindestens eine Impfung erhalten haben. Zudem profitieren nach Angaben eines Sprechers derzeit auch noch Menschen von der Entschädigung, die bislang nur eine Impfung mit dem Vakzin von Johnson&Johnson erhalten haben, obwohl Betroffene seit kurzem nicht mehr als vollständig geimpft gelten.

Wie lange das noch gilt, ist nach Angaben des Sprechers derzeit unklar. Eine Änderung würde aktuell alleine in NRW 48,1 Prozent der Geimpften betreffen, da laut dem Impfdashboard der Bundesregierung bislang erst 51,9 Prozent der Geimpften eine Auffrischungsimpfung erhalten haben. Bundesweit wurden bislang 49,6 Prozent der Geimpften geboostert.

Geboosterte Bürger in NRW von Quarantäne und Testpflicht befreit In NRW gelten Bürger laut Ministerium als geboostert, wenn sie drei Impfungen mit den Vakzinen von Biontech, Moderna, Astrazeneca oder Johnson/Johnson erhalten haben oder in Kombination mit einer Infektion zwei Impfungen erhalten haben. Geboosterte sind im Fall des Kontaktes zu einem Infizierten auch von der Quarantäne befreit sowie von der Testpflicht, wenn 2G-Plus gilt, so wie derzeit in der Gastronomie.

Das gilt zudem auch für Bürger, wenn die zweite Impfung mehr als 14, aber weniger als 90 Tage zurückliegt oder, wenn sie vor oder nach einer Infektion mindestens eine Impfung erhalten haben. Auch für Genesene gelten die Regeln, wenn die Infektion mindestens 28, aber höchstens 90 Tage zurückliegt.

Katastrophale Corona-Kommunikation Ein Kommentar von Carolin Nieder-Entgelmeier

Auf der Internetseite des deutschen Bundestages versteckt sich seit Dienstag eine Information, die bei einer Umsetzung Folgen für Millionen Deutsche hätte. Nach Einschätzung der wissenschaftlichen Dienste des deutschen Bundestages verlieren nämlich nicht mehr nur ungeimpfte Bürger im Fall einer Corona-Quarantäne ihren Anspruch auf einen Lohnausgleich. Auch Geimpften, die noch nicht geboostert wurden, droht das im Quarantäne-Fall. Aktuell würde das bundesweit mehr als die Hälfte der geimpften Bürger betreffen, denn bislang haben lediglich 49,6 Prozent eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Noch ist das lediglich die Einschätzung von Parlamentsexperten, die bislang kein Bundesland umgesetzt hat, doch es ist eine Nachricht mit Sprengkraft. Denn in Folge einer solchen Einschätzung wurde im vergangenen Jahr umgesetzt, dass Ungeimpfte ihren Anspruch auf Lohnausgleich verlieren.

Und wieder läuft die Kommunikation solch schwerwiegender Regeländerungen wie bei stille Post, in dessen Folge Menschen nicht mehr nur verärgert reagieren, sondern verunsichert, weil es ihre Lebensgrundlage betrifft.

Im dritten Jahr der Pandemie hat es die Politik also immer noch nicht verstanden, dass die Kommunikation eine ihrer wichtigsten Aufgaben in der Bewältigung dieser Krise ist und diese Krise eben wie keine andere zuvor ist. Sie geht damit bewusst das Risiko ein, dass Informationen entweder verfälscht oder gar nicht ankommen, dabei könnte sie das mit klaren und transparenten Aussagen verhindern.

Über gesellschaftliche Verwerfungen ob dieser katastrophalen Kommunikation muss sich niemand mehr wundern.

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