Kaninchen- und Hundeflut im Bielefelder Tierheim

Bielefeld. Klein, knuffig, mit neugierigen schwarzen Augen und weichem Fell: Solche Hunde sind besonders seit Corona heiß begehrt. Dadurch hat nicht nur der illegale Welpenhandel stark zugenommen, sondern auch die Probleme der Besitzer, wenn die Tiere sich als nicht so unkompliziert herausstellen, wie gedacht. Und unerwartet mehr Arbeit und Kosten verursachen. Letzteres gilt genauso für Kleintiere, besonders Kaninchen. Tierheime – und die Tiere selbst – tragen wie die Menschen die Folgen dieser Fehleinschätzungen. Auch in Bielefeld.

Aufnahmestopp für Kaninchen

&bdquo;Normalerweise haben wir 40, 45 Kaninchen", erzählt Bielefelds Tierheimleiterin Anja Langer. &bdquo;Derzeit sind es 60, dazu kommen 13 in der Quarantäne." Ihre ehemaligen Besitzer hätten sich offenbar vorab weder über die Pflege noch über die Folgekosten Gedanken gemacht. &bdquo;Kaninchen etwa müssen geimpft werden, sie werden kastriert, sie haben Zahnfehlstellungen". Und seien zudem keine Kuschel-, sondern Beobachtungstiere. Im Tierheim können sie aus Platzgründen inzwischen nur noch in eigentlich zu kleinen Käfigen untergebracht werden, es gibt derzeit einen Aufnahmestopp. So aber ist die Zahl der Fundtiere sprunghaft gestiegen. Langer: &bdquo;Sie sitzen entweder in einer Kiste, oder Leute rufen an, die welche herumhoppeln gesehen haben."

Illegaler Welpenhandel

Fast schlimmer noch sind die &bdquo;Corona-Konsequenzen" für die Hunde. &bdquo;Wir hatten noch nie so viele verhaltensauffällige", sagt Langer. Problematisch sei nach wie vor der illegale Welpenhandel, durch den auch im Bielefelder Tierheim immer wieder junge Hunde untergebracht werden müssen, bis sie gegen Tollwut geimpft werden können – der letzte war Collie Mira, die vergangene Woche endlich zu ihrer Familie zurückdurfte. "Auch das Leid der Besitzer ist riesig. Sie fragen immer wieder nach, wie es geht und wie lange es noch dauert." Die Verkaufsanzeigen etwa auf Ebay seien inzwischen so formuliert, &bdquo;dass Leute immer wieder drauf reinfallen", ergänzt Ex-Tierheimleiterin Barbara Snelting.

Neue Quarantäne geplant

Für die artgerechte Unterbringung der Welpen wollen die Tierschütze die alte Quarantäne durch eine Neubau mit zwei Etagen (je 50 Quadratmeter) plus 100 Quadratmeter Auslauf ersetzen.Der obere Stock ist den Kleintieren, meist Kaninchen, vorbehalten. Geplant ist der Abriss des alten Gebäudes im Frühjahr. Ein Teil der Investitionskosten ist zusammen, aber Spenden sind weiterhin erwünscht.

Aktuell fast 30 auffällige Hunde

Viel Arbeit haben die Mitarbeiter derzeit auch mit den ausgewachsenen Hunden. 30 sind es aktuell, mit einer Ausnahme – die so gut wie vermittelt ist – alle mit diversen Problemen, die meisten sind in der Coronazeit hierher gekommen. So wie die zehnjährige Feira, klein, hübsch, wuschelig - und ihrem Lieblingsmenschen so ergeben, sagt Tierheimleiterin Anja Langer. Wenn dieser nicht aufpasse, verteidige sie ihn "bis aufs Blut". Ob auf Spaziergängen oder im eigenen Heim, wo sie den Pflegedienst nicht mehr in die Wohnung ließ. "Am Mittwoch wurde ein sechs Monate alter Husky-Schäferhund-Mix abgegeben, der für die sieben Kinder angeschafft wurde", erzählt Snelting weiter. Ein schwarzer Labrador – &bdquo;der geht auf jeden anderen Hund" – und ein Kangal zählen ebenfalls zu den problematischen Corona-Zugängen. Jedes dieser Tiere ist eine große Aufgabe. Snelting: &bdquo;Es reicht ja nicht, sie nur zu verwahren."

Aggressive Hunde, überforderte Besitzer

So haben haben die Mitarbeiter nun auch für solche Hunde einen Aufnahmestopp verhängt. Mit gravierenden Folgen, wie Anja Langer erläutert. Verhaltensstörungen wie Aggressivität und Beißvorfälle bei den Hunden, Hilflosigkeit und Verzweiflung bei den überforderten Besitzern. Die fänden inzwischen kaum noch Tierheime, bei denen sie ihren Vierbeiner abgeben könnten: &bdquo;Da muss dringend was passieren."

Anlaufstelle fehlt

Das Tierheim will nun einerseits – Langer: &bdquo;Zumindest auf lange Sicht" – durch intensives Training die Vermittlung von Tieren wie American Stafford Milo (10) ermöglichen, anderseits einen Frage- und Erfassungsbogen entwickeln, um mit anderen Tierheimen in der Region, dem NRW-Landestierschutzverband NRW (138 Mitgliedsvereine) und dem Deutschen Tierschutzbund enger zusammenzuarbeiten. Snelting: &bdquo;Es muss irgendwas geben, an das sich die Menschen wenden können. Wir können nicht nur sagen, wir passen einen Maulkorb an."

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