Todesfälle durch Ertrinken: DLRG sorgt sich um Rettungsschwimmer-Nachwuchs

Löhne. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2022 sind mindestens 199 Menschen in deutschen Gewässern ertrunken. 15 Personen mehr als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr (Stichtag 20. Juli). Das hat die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) nun bekannt gegeben. In Nordrhein-Westfalen sind 30 Menschen ertrunken, nur in Bayern waren es mit 42 Todesfällen mehr. Die Mehrzahl der Unfälle hat sich an unbewachten Gewässern ereignet. Darum appelliert die DLRG erneut, nicht in unbeaufsichtigten Seen und Flüssen schwimmen zu gehen. Eine Mahnung, die nach dem Unglück, bei dem in einem Baggersee in Costedt eine Löhnerin und ein Bad Oeynhausener ertrunken sind, noch einmal eindringlicher wirkt.

Die Bedingungen in freien Gewässern werden häufig unterschätzt, betont auch Rosemarie Kellermeier, Geschäftsführerin der DLRG Löhne. Fließgeschwindigkeiten, Wassertiefe und Temperaturunterschiede können selbst in scheinbar harmlos wirkenden Flüssen oder Seen zu Gefahren werden. "Auch die Werre hat schon eine gewisse Strömung. Und der Fluss ist zwar überwiegend recht flach, es gibt aber auch durchaus tiefe Stellen", erklärt sie.

In Freigewässern wie Flüssen und Seen ertranken laut der DLRG-Statistik deutschlandweit 180 Menschen, das entspricht 90 Prozent der Fälle. Ertranken in Seen ebenso viele Personen wie im Vorjahr (86), ist die Anzahl in den Flüssen von 53 auf 64 gestiegen. Die Zahlen für Nordrhein-Westfalen spiegeln das wider. Von den 30 Todesfällen durch Ertrinken ereigneten sich zehn in Seen und 14 in Flüssen. Vier von fünf Ertrunkenen waren Männer.

"Was passiert, wenn überall gespart werden muss?" &bdquo;Die Zahl der Ertrunkenen wäre noch deutlich größer, wenn Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer nicht auch immer wieder zur Stelle wären", berichtete der Leiter Verbandskommunikation im DLRG-Präsidium, Frank Villmow. Täglich erhalte er derzeit Meldungen über Lebensrettungen der Einsatzkräfte an Badestellen. In vielen Fällen stellten die Retter hinterher fest, dass die Geretteten kaum oder gar nicht schwimmen können. Oft handele es sich bei den Geretteten um Kinder und Jugendliche.

Den Blick in die Zukunft gerichtet, befürchtet DLRG-Chefin Ute Vogt, dass die Sicherheit an den Gewässern leiden könnte. Während der Pandemie haben viel weniger Kinder als üblich das Schwimmen gelernt und es wurden nur halb so viele Rettungsschwimmer ausgebildet wie in normalen Jahren. Im Ergebnis suchten unter anderem viele Freibäder vergeblich Personal für die Badeaufsicht. Auch das Freibad Löhne hat aktuell seine Öffnungszeiten verkürzt, da das nötige Personal fehlt. Rosemarie Kellermeier macht sich darum noch einmal mehr Sorgen, dass die Löhner vermehrt auf freie Gewässer ausweichen - und ihre eigene Sicherheit dabei vernachlässigen.

Für die nächsten Monate sorgen sich die Rettungsschwimmer um die Ausbildung. Wenn die Bäder gezwungen sein sollten, Gas einzusparen und Kurse darum auf Eis gelegt werden müssen. "Das ist etwas, was uns tatsächlich unter den Nägeln brennt: Was passiert, wenn überall gespart werden muss? Die Frei- und Hallenbäder sind ja große Energiefresser", sagt Kellermeier.

Gefahren bei der Rettung Anfängerkurse wären davon betroffen, aber auch die Rettungsschwimmer-Ausbildung. Dabei wäre es eigentlich gut, wenn möglichst viele Menschen das Rettungsschwimmen lernten. "Es wäre wünschenswert, wenn die Ausbildung zum Rettungsschwimmer auch in der Bevölkerung weiter verbreitet wäre. Einen Erste-Hilfe-Kurs macht man mal, aber um die Hilfeleistung im und am Wasser machen sich viele keinen Kopf", sagt die Löhner DLRG-Geschäftsführerin. Die Meisten, die an den Rettungsschwimmer-Kursen teilnehmen, seien jedoch die, die das auch beruflich brauchten - etwa Jugendleiter, Lehrer, Polizisten.

Dabei kann es für Laien auch gefährlich werden, wenn sie einem Ertrinkenden zu Hilfe eilen wollen. Immer wieder wird von Fällen berichtet, in denen jemand einen Menschen eigentlich retten wollte, nur um selbst zu ertrinken. Allein wie schwierig es sei, in Kleidung zu schwimmen, werde meist unterschätzt. Und ein Ertrinkender in Panik wehre sich oft gegen seinen Retter. "Das ist eine richtige Kraftanstrengung." Schon ein DLRG-Bronze-Kurs sei hier eine große Hilfe, die Situation besser einzuschätzen, um zu wissen, ob und wie Hilfe geleistet werden kann. "In dem Kurs gehören schon einfache Befreiungsgriffe dazu, Kleiderschwimmen und Tauchen. Ich weiß dann, was ich tun sollte, bevor ich rein springe."

Über die DLRG Die DLRG ist mit über 1,8 Millionen Mitgliedern und Förderern die größte Wasserrettungsorganisation der Welt. Seit ihrer Gründung im Jahr 1913 hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren.Die DLRG ist der größte private Anbieter in der Schwimmausbildung und die Nummer eins in der Rettungsschwimmausbildung in Deutschland. Von 1950 bis 2020 hat sie fast 23 Millionen Schwimmprüfungen und über fünf Millionen Rettungsschwimmprüfungen abgenommen. In rund 2.000 Gliederungen leisten die ehrenamtlichen Helfer pro Jahr rund 6,8 Millionen Stunden freiwillige Arbeit für die Menschen in Deutschland. Die Kernaufgaben der DLRG sind die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung, die Aufklärung über Wassergefahren sowie der Wasserrettungsdienst. Rund 45.000 Mitglieder wachen jährlich fast 2,5 Millionen Stunden über die Sicherheit von Badegästen und Wassersportlern.

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