Bielefelder Rettungssanitäter verweigern Transport: Entscheidung mit dramatischen Folgen

Bielefeld. Der 10. Oktober ist ein dramatischer Tag für die Bielefelder Familie T.. Um etwa 16.50 Uhr fährt Murat T. (Name geändert) zum Hausarzt seines Vaters. Dessen linkes Bein kribbelt, es fühlt sich nicht richtig an. Der Hausarzt entscheidet, dem Vater eine örtliche Betäubungsspritze ins Gesäß zu geben. Er vermutet als Ursache für die Symptome ein Bandscheibenleiden.

Murat T. fährt mit seinen Vater danach wieder nach Hause. Etwa zwei Stunden später verschlimmert sich der Zustand des Patienten jedoch wieder, jetzt hat er auch Beschwerden im linken Arm. Was dann folgt ist eine weitere Fehleinschätzung seines Gesundheitszustands durch einen medizinisch Geschulten - mit schwerwiegenden Folgen.

Gleich zwei Mal medizinische Fehleinschätzungen &bdquo;Ich habe um 19 Uhr einen Notruf abgesetzt", berichtet Murat T. Ein Rettungswagen der Feuerwache Nord kam schnell – Familie T. wohnt in Baumheide. Doch der Notfallsanitäter habe seinen Vater weder angeguckt noch angefasst, auch nicht seinen Blutdruck gemessen, berichtet Murat T. &bdquo;Mein Vater saß da und hat geweint. Das einzige, was gemacht wurde, ist, dass die ganze Sache belächelt wurde", sagt er empört. Ihm sei mitgeteilt worden, es handele sich wohl um einen Bandscheibenvorfall. Er solle einige Tage warten. Oder man solle ihn mit einem Taxis ins Krankenhaus befördern, das koste 20 Euro, eine Fahrt im Krankenwagen hingegen mehr als 800 Euro für die Krankenkasse. Der Rettungswagen fuhr schließlich ohne den Vater wieder ab.

&bdquo;Wir waren zu acht vor dem Schlafzimmer meiner Eltern. Die Schmerzen meines Vater wurden stärker, da haben wir ihn selber ins Krankenhaus gefahren", berichtet der Sohn. Die Notfallärztin in der Klinik habe direkt gesagt, dass Hausarzt und Notfallsanitäter wohl blind gewesen sein müssen und die Anzeichen auf einen Schlaganfall nicht bemerkt hätten. Sie stellte einen sehr hohen Blutdruck von 211 fest.

Feuerwehr will den Fall klären Der Vater liegt nun im künstlichen Koma. Sein Zustand ist kritisch. Er hat eine Lungenentzündung bekommen, wegen der Atemnot musste ein Luftröhrenschnitt gemacht werden. Vielleicht wäre das alles zu verhindern gewesen, wäre seine Lage richtig eingeschätzt worden. Murat T. geht davon aus. Er hat sich bei der Stadt über die Vorkommnisse beschwert.

&bdquo;Der Fall ist bei uns angekommen und wir sind mit der Familie in Kontakt", sagt Simon Bertram, der für die Notfallrettung bei der Feuerwehr spricht. Man wolle den Fall klären, grundsätzlich aber, sagt Bertram, würde der Wille des Patienten, ins Krankenhaus gefahren zu werden, eigentlich berücksichtigt, auch wenn Sanitäter es mitunter vor Ort anders einschätzen würden. Warum es dieses Mal anders war, sei noch unklar.

Kein Recht auf Transport Anne-Dorothee Speck von der Unabhängigen Patientenberatung, die auch in Bielefeld ansässig ist, wundert sich darüber, dass der Patient nicht transportiert wurde. &bdquo;Meistens nehmen die Rettungswagen die Patienten allein schon aus Haftungsgründen mit zum Krankenhaus", sagt sie. Denn jetzt könnten der Geschädigte oder seine Angehörigen Haftungsansprüche geltend machen – auch wenn es kein grundlegendes Recht auf Transport durch den Rettungswagen gebe. Speck vermutet hier jedoch gleich zwei Fehleinschätzungen von medizinischem Personal. Was aus Sicht der Patientenberatung gar nicht geht, ist der Hinweis des Notfallsanitäters auf die Transport-Kosten. &bdquo;Das steht ihm nicht zu und ist außerdem geregelt", sagt Speck.

Familie T. will die Gespräche mit der Stadt abwarten. Danach wird sie entscheiden, was getan wird; ob die Fehlentscheidungen Konsequenzen haben werden. Der 70-jährige Vater liegt derweil seit zwei Wochen im Koma.

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