Tierheime in OWL sind voll: "Das ist der vorzeitige Tod von vielen Tieren"

Bielefeld. Die Tierheime in Ostwestfalen-Lippe geraten derzeit wieder an ihre Kapazitätsgrenzen. &bdquo;Es ist sehr schwierig, es ist sehr voll“, beschreibt Barbara Snelting vom Tierschutzverein Bielefeld die Situation in dem dortigen Haus. Viele Katzen und Hunde machen den Mitarbeitenden dort Kopfzerbrechen, das gelte für alle Häuser in der Region. 30 Hunde und 213 Katzen, darunter 90 Kitten, also Babykatzen, sind aktuell im Bielefelder Tierheim untergebracht.

Die Gründe für die Flut an Tieren, die dort abgegeben werden oder als Fundtiere dort landen, sind nicht alleine die Ferienzeiten. Denn schon in anderen Jahren war zu beobachten, dass Haustiere ausgesetzt wurden, weil ihre Halter offenbar mit ihnen nichts mehr anzufangen wussten, als es auf die Urlaubsreise gehen sollte – auch wenn dieser Grund selten direkt benannt wurde. Nun kommt hinzu: &bdquo;Es explodieren die Kosten“, fasst Snelting zusammen.

Damit meint sie die allgemeinen Preissteigerungen für Futter und Zubehör, aber auch die Kosten, die Tierbesitzer für eine Tierarztbehandlung ausgeben müssen. Dies seien &bdquo;häufige Abgabegründe“, so Gabi Votsmeier, 1. Vorsitzende des Tierheims Paderborn, auf Anfrage dieser Zeitung. &bdquo;Rentner oder Bürgergeldbezieher können sich die immer mehr steigenden Kosten nicht leisten. Sie geben es auch so an“, fügt sie hinzu.

"Die Menschen sind verzweifelt" Auch gibt es bei den Tierheimen eine zunehmende Nachfrage nach Unterstützung bei Tieroperationen durch Tierhalterinnen und -halter. &bdquo;Da wir aber auch wie die meisten Tierheime privat sind und selbst oft mehr als 20.000 Euro monatlich an Tierarztkosten aufbringen müssen, können wir das nicht leisten“, sagt Votsmeier. &bdquo;Die Menschen sind verzweifelt, und wissen nicht, wohin mit dem Tier“, sagt Snelting. &bdquo;Ich würde heute jedem eine Tierkrankenversicherung empfehlen“, fügt die Bielefelderin hinzu.

Rund 200 Euro koste die Kastration einer Katze, die OP eines gebrochenen Beines eines solchen Tiers schlage schnell mit 1.000 Euro zu Buche, rechnet sie vor. Ein &bdquo;massives Aufkommen an Fundkaninchen“ verzeichnet aktuell das Tierheim Bünde, wo 30 dieser Tiere derzeit untergebracht sind, wie Renate Siekkötter, Vorsitzende des Tierschutzvereins Herford, berichtet. Dieser Verein ist Träger des Bünder Tierheims.

Ihre Einrichtung bekomme immer häufiger Tiere vom Veterinäramt zugewiesen, weil deren Halter nicht mehr in der Lage seien, dieses Tier weiter zu betreuen. Dies geschehe zum Beispiel dann, wenn ältere Menschen in eine Pflegeeinrichtung kämen, so Siekkötter. Deshalb appelliert die Expertin an jeden, der mit dem Gedanken der Anschaffung eines Haustiers spielt: &bdquo;Bevor Sie sich ein Tier anschaffen, sollten Sie klar regeln, wer sich darum kümmert, wenn man es selbst nicht mehr kann.“

"Wir sehen, wie viele Pseudo-Tierfreunde es gibt" Viele alte und kranke Tiere würden ausgesetzt, aus welchen Gründen auch immer. Die Folgen aber sind laut Siekkötter oft dramatisch: &bdquo;Das ist der vorzeitige Tod von vielen Tieren.“ Dass sich manche Menschen einen Urlaub leisteten, aber nicht mehr Verantwortung für ihr selbst angeschafftes Haustier übernehmen wollen, kann Siekkötter nicht verstehen. &bdquo;Wir sehen jetzt, wie viele Pseudo-Tierfreunde es gibt“, sagt sie mit einigem Zynismus.

&bdquo;Hier im Tierheim angekommen, wird bei dem einen oder anderen ein gesundheitliches Problem festgestellt. Daher liegt die Vermutung nahe, dass dieses Tier aufgrund von Erkrankungen einfach entsorgt wurde“, sagt Ayleen Austmann von der Leitung des Tierheims Minden. &bdquo;Wir sind derzeit mit 17 Hunden und circa 120 Katzen sehr ausgelastet und lehnen in den meisten Fällen weitere Abgabetiere ab.“

Voll besetzt ist auch das Tierheim in Detmold, nach Auskunft von Maria Toman zuständig für Öffentlichkeitsarbeit des Hauses. 20 Hunde, 95 Katzen (davon etwa 50 Kitten), 6 Kaninchen, 2 Wellensittiche und 2 Farbratten sind dort derzeit untergebracht. Als Gründe, weshalb Besitzer ihre Haustiere abgeben, nennt Toman Überforderung, Trennung, Wohnungswechsel oder auch Krankheit.

"Gebührenordnung äußerst maßvoll" Die neue Gebührenordnung für Tierärzte gibt es seit November vergangenen Jahres. Sie fuße auf einer Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, wie die Tierärztekammer Westfalen-Lippe auf ihrer Homepage schreibt. Die Kammer betont zudem, &bdquo;dass die die Höhe der aktuellen Anpassung noch nicht einmal dem Inflationsausgleich entspricht und dementsprechend äußerst maßvoll ist“.

Überdies seien die Praxiskosten, die bis zu 75 Prozent des Umsatzes betragen, &bdquo;in weit höherem Maße gestiegen als die Inflationsrate“. Auch die Entwicklungen im Jahr 2022, &bdquo;die in allen Bereichen des täglichen Lebens zu signifikanten Preissteigerungen geführt haben, sind in diesen Preisen noch nicht einmal berücksichtigt“. Gemeint sind damit Kosten für medizinische Geräte, Personal, Versicherungen, Entsorgung und Energie.

Tierbesitzer können zwischen zwei Arten von Tarifen wählen: die umfassende Tierkrankenversicherung, oder die OP-Versicherung, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Mit einem Rund-um-Schutz sei das Haustier von der kleinen Schnittwunde bis hin zum Nierenausfall abgesichert. Die Versicherung schützte auch vor Kosten einer möglichen Operation. Nicht abgedeckt sind Leistungen, die medizinisch nicht notwendig sind, wie Diät- oder Pflegeprodukte.

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