Das Deutschlandticket zieht in OWL – doch es droht ein Finanzdesaster

Bielefeld. Das Deutschlandticket wird sehr gut angenommen, knapp zehn Millionen Fahrgäste von Bus und Bahn hatten im Juni ein solches Ticket, sagt der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Doch die Zukunft des bundesweiten Ticketmodells ist unsicher, es geht wie so oft ums Geld. Die Finanzierung fürs kommende Jahr ist noch nicht vollständig gesichert. Bund und Länder müssten die Mehrkosten auch weiterhin tragen, sagt der Deutsche Städtetag. Es geht um Milliarden und die Attraktivität von Bus und Bahn.

&bdquo;Das Deutschlandticket hat der Branche einen großen Schub gegeben und den ÖPNV deutlich stärker als zuvor in den Fokus der Öffentlichkeit und Politik gesetzt“, sagt Annika Fritzlar, Sprecherin der Westfalentarif GmbH mit Sitz in Bielefeld. Die hiesigen Unternehmen sehen deshalb dieses Ticket als &bdquo;Chance, um den öffentlichen Personennahverkehr und seine essentielle Bedeutung für die Klima- und Verkehrswende weiter zu stärken“.

Mit dem Ticket allein sei es aber nicht getan, betont Fritzlar. &bdquo;Es gilt auch, in die Infrastruktur von Bussen und Bahnen zu investieren, um so das Angebot auszuweiten.“ Gerade der ländliche Raum müsse ein verbessertes Angebot erhalten. Im Verkehrsraum der Westfalentarif GmbH seien im Mai und Juni mehr als 200.000 Deutschlandtickets verkauft worden, berichtet Fritzlar. Gleichzeitig seien infolgedessen die Verkäufe von Zeitkarten und Abos im Westfalentarif zurückgegangen.

"Das Risiko wird auf die Kommunen verschoben" Auch der Tarifverbund drängt auf eine rasche Entscheidung über die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets. Anderenfalls werde &bdquo;das Risiko und letztlich die Gegenfinanzierung auf die Kommunen verschoben, die ein mögliches Finanzierungsloch beim Deutschlandticket stemmen müssten“. Dies hätte &bdquo;große Auswirkungen auf die Ticketpreise im Westfalentarif, oder es müssten Angebotskürzungen der Verkehre vorgenommen werden“, warnt Fritzlar.

Bei der Finanzierung Klarheit zu schaffen, sei &bdquo;zwingend erforderlich“, sagt auch Karin Schnake, Leiterin des Kundenmanagements bei Mobiel, dem Verkehrsunternehmen unter dem Dach der Stadtwerke Bielefeld. Eine auskömmliche Finanzierung sei &bdquo;grundlegend, um weiterhin ein attraktives ÖPNV-Angebot für ganz Deutschland anzubieten.“ Das Ticket sei &bdquo;ein weiterer und wichtiger Schritt in Richtung Verkehrswende.“

Monatlich nutzten rund 22.000 Mobiel-Kunden ein Deutschlandticket. Es gebe für die Kunden Vorteile wie 60 Freiminuten bei jeder Ausleihe für das Fahrradverleihsystem MeinSiggi im Bielefelder Stadtgebiet. Das Ticket sei für Mobielkunden auch als Scheckkarte zu haben, was für Fahrgäste ohne Smartphone ein Vorteil sei. Neukundeneffekte durch das Deutschlandticket seien wahrnehmbar, so Schnake.

"Die Kämmerer stehen alle kopf" &bdquo;Wir haben tatsächlich ganz gut verkauft“, sagt auch Achim Oberwöhrmeier, Geschäftsführer der Kommunalen Verkehrsgesellschaft Lippe (KVL) mit Bezug auf das Deutschlandticket. Das sei positiv zu werten, denn: &bdquo;Im ländlichen Raum sind Abos bisher wenig verbreitet gewesen.“ Das Deutschlandticket werde &bdquo;eine gute Zukunftsperspektive haben“, ist er überzeugt. Bisher führen die Kunden durch das neue Ticket allerdings nicht häufiger, die Busse seien nicht überfüllt.

Allerdings sorgt sich der KVG-Geschäftsführer auch, wenn er die finanzielle Seite des Tickets betrachtet. &bdquo;Durch das Deutschlandticket ist uns die Möglichkeit der Einnahmeentwicklung genommen worden.“ Dies sei für Städte und Kreise ein Problem, denn für sie sei es ab 2024/25 unter diesen Bedingungen &bdquo;schwieriger, das Angebot zu halten“.

Oberwöhrmeier wird noch deutlicher: &bdquo;Bund und Land lassen uns da gnadenlos im Stich.“ Es gebe noch kein Verfahren, wie die Einnahmen künftig gerecht verteilt würden. &bdquo;Die Kämmerer stehen alle kopf“, warnt der Geschäftsführer. Er kenne keinen Kreis, der aktuell über das Jahr 2023 hinaus denke. Das treffe vor allem das Angebot im Bereich der Buslinien. Doch Oberwöhrmeier ist sicher: &bdquo;Wenn der Bus nicht ordentlich fährt, wird das System nicht genutzt werden.“

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