Konto gesperrt, Wohnung gekündigt: Bielefelderin erlebt Alptraum durch Postbank-Chaos

Bielefeld. Seit dem Sommer herrscht bei der Postbank ein veritables Chaos. Seitdem die Deutsche Bank-Tochter ihre Kundendaten auf eine neue IT-Plattform übertragen hatte, klagten viele Kunden über rätselhafte Sperrungen ihrer Konten. Mit sehr ernsten Folgen: Eine 55-jährige Vilsendorferin, die seit Juli plötzlich nicht mehr über ihr Geld verfügen konnte, blieb deshalb zwei Mietzahlungen schuldig. Obwohl sie dies ihrem Vermieter vorher schon schriftlich angekündigt und dabei betont hatte, dass sie dafür nicht verantwortlich sei, flatterte am 20. September die fristlose Kündigung herein. Ein Schock.

&bdquo;Ich war mit den Nerven am Ende", sagt die 55-Jährige, die nicht namentlich genannt werden möchte. Zwar hatte ihr Rechtsanwalt, Georg Schepper, zu diesem Zeitpunkt bereits die schriftliche Bestätigung der Postbank, dass der Pfändungseintrag über 3.920 Euro, die zu der Sperrung geführt hatte, irrtümlich auf ihrem Konto eingetragen war, doch weder der Vermieter – eine Fondsgesellschaft – noch die Hausverwaltung zeigten sich gesprächsbereit. Der 55-Jährigen und ihrem Ehemann blieben 14 Tage Zeit, um ihre Wohnung zu räumen.

Postbank: "Die Pfändung bitten wir als gegenstandslos zu betrachten. Sie galt nicht ihrer Mandantin" &bdquo;Schon in der Bank fühlte ich mich hilf- und wehrlos." Als sie im Sommer ihre Zweifel an den Gründen für die Kontosperrung formuliert hatte, habe man sie &bdquo;völlig hochnäsig" aus der Bank komplementiert. Ohne das Eingreifen ihres Rechtsanwaltes hätte sie niemals die Bestätigung bekommen, dass sie ohne Verschulden in diese peinliche Situation geraten ist. Anfang Oktober ging endlich der lapidare, aber umso wichtigere Hinweis der Postbank ein: &bdquo;Die Pfändung bitten wir als gegenstandslos zu betrachten. Bei der Überprüfung haben wir festgestellt, dass die Pfändung nicht ihrer Mandantin galt. Die Sperrung wurde deshalb aufgehoben."

Die Befürchtungen der 55-Jährigen hatten sich bestätigt: Durch irgendeinen Fehler ist die Pfändungsnotiz einer fremden Person auf ihrem Konto gelandet. Georg Schepper: &bdquo;Wenn das häufiger passiert sein sollte, dann wird das zahlreiche Schadenersatzansprüche nach sich ziehen. Auch wir prüfen das jetzt."

Bankenaufsicht setzt einen Sonderbeauftragten ein Wie berichtet, hatte Postbanksprecher Oliver Rittmaier bereits eingeräumt, dass &bdquo;ein erhöhtes Anfrage- und Auftragsaufkommen im Zusammenhang mit Pfändungsschutzkonten" aufgetaucht sei. Das habe zu einer verlängerten Bearbeitungszeit geführt, erklärt er. Zentrale technische Schwierigkeiten gebe es aber nicht. Man arbeite mit Hochdruck an Lösungen.

Offenbar zu langsam. Denn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte Anfang Oktober ihre Drohung wahr gemacht und für die Konzernmutter Deutsche Bank einen Sonderbeauftragten bestellt. Er soll nun überwachen, dass das Geldinstitut die Einschränkungen im Kundenservice bei Postbank und DSL Bank &bdquo;zügig und vollständig beseitigt", hieß es. Der Eingriff der Aufsichtsbehörde soll &bdquo;die kollektiven Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern schützen".

Bielefelder Anwalt versucht, 200.000 Euro vom gesperrten Konto freizubekommen Doch längst nicht nur Pfändungsschutzkonten sind betroffen. Ein Postbank-Kunde aus Werther verklagt jetzt aus lauter Verzweiflung die Konzernmutter, weil es ihm seit April nicht gelungen sei, an sein Vermögen von knapp 200.000 Euro auf seinem Girokonto zu kommen, berichtet der Bielefelder Rechtsanwalt Jürgen Peitz. Sein Mandant befinde sich aktuell auf einer Weltreise, trotz mehrfacher schriftlicher Aufforderungen, das Problem zu lösen, komme er nicht mehr an sein Geld.

Das Ehepaar befand sich in Manila (Philippinen), als plötzlich die Bankkarte gesperrt wurde und die Automaten nicht mehr zugänglich waren. &bdquo;Seit sechs Monaten telefoniert er, mailt er, schickt seine Tochter in die Filiale und alles, was er erhält, sind unpersönliche Antwortschreiben, die um Geduld bitten, weil die Bearbeitung noch Zeit in Anspruch nehme."

Zwangsvollstreckung als schnelle Lösung im Streit mit der Bank? Schließlich habe der Mandant sein Konto einfach gekündigt. &bdquo;Aber selbst das funktionierte nicht", so Peitz. &bdquo;Die Postbank ignoriert bisher die Auflösung des Kontos. Wir habe daraufhin nur noch die Option einer Klage gesehen", sagt der Anwalt. Er beruft sich dabei auf eine Pflichtverletzung des Girovertrages, wonach die Bank dazu verpflichtet gewesen wäre, das Kontoguthaben auszuzahlen und dieses mit der Kündigung vollständig zurückzuzahlen. Sollte die Postbank auch auf seine Klage nicht reagieren, rechne er mit einem Versäumnisurteil. &bdquo;Damit kann mein Mandant das Geld umgehend vollstrecken lassen. Möglicherweise ist das tatsächlich der schnellere Weg."

Aus Sicht des Ehepaares aus Vilsendorf, das aus der Wohnung zu fliegen droht, ist das sicherlich ein &bdquo;Luxusproblem", gibt Peitz zu. Aber es zeige, dass der Postbank-Service offenbar zu keinerlei Reaktion mehr in der Lage sei und dass die mysteriösen Sperrungen auch normale Konten beträfen. Das räumt der Postbanksprecher auf Anfrage inzwischen ein. Er bleibt aber dabei: &bdquo;Es gibt kein technisches Problem."

Bielefelderin: "Dieses Gefühl, so ausgeliefert zu sein, wünsche ich keinem." Endlich, am 24. Oktober endet die belastende Zeit für die 55-Jährige aus Vilsendorf: Mit Hilfe von Anwalt Georg Schepper hatte sie ihr gut gefülltes Postbank-Konto auflösen und vom neuen Konto aus die zwei säumigen Mieten nachzahlen können. Obwohl sie bis heute keinen Kontakt zum Vermieter hatte, flatterte jetzt endlich die Bestätigung rein: &bdquo;Das Mietverhältnis wird unverändert fortgesetzt."

Eine große Last fällt damit von ihren Schultern: &bdquo;Seit Juli habe ich um mein Recht gekämpft." Lange Zeit ohne jeden Erfolg. &bdquo;Heute weiß ich: Ohne Unterstützung hätte ich keine Chance gehabt. Dieses Gefühl, so ausgeliefert zu sein, wünsche ich keinem."

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