OWL-Kliniken in der Krise: Welche Krankenhäuser jetzt betroffen sind

Bielefeld. In Deutschland haben in diesem Jahr einer aktuellen Erhebung zufolge 22 Krankenhäuser aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen. Knapp hundert weitere seien derzeit akut von Schließungen bedroht, teilte das Bündnis Klinikrettung mit. Die Klinik-Krise hat auch Ostwestfalen-Lippe fest im Griff. Inflation, Tarifkosten und nötige Investitionen werden zur Last für zahlreiche Betreiber – ein Überblick über die größten Problemfälle in der Region.

Kreis Paderborn Seit Ende Juli 2023 ist klar: Die St.-Vincenz-Krankenhaus GmbH mit den Standorten in Paderborn und Salzkotten ist insolvent. Ziel ist es, durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung die drei betroffenen Kliniken zu sanieren.

Für Diskussionen sorgte zwischenzeitlich die Frage, wer künftig Träger sein werde. Die Aussage des Klinikverbundes: &bdquo;Alleine können die Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vincenz von Paul zu Paderborn das Krankenhaus finanziell nicht zukunftssicher aufstellen.“ Im Gespräch war eine Fusion mit der Katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge (KHWE) mit Sitz in Brakel.

Mittlerweile steht fest: Die Ordensschwestern bleiben Träger der St.-Vincenz-Kliniken. In der Gläubigerversammlung am 12. Dezember trafen die etwa 100 Gläubiger diese Entscheidung einstimmig. Zwar muss im nächsten Schritt noch der Insolvenzplan ausgearbeitet und den Gläubigern zur Freigabe vorgelegt werden, das ist laut dem Generalbevollmächtigten André Dobiey jedoch nur Formsache.

Für einige der 3.000 Mitarbeitenden der Kliniken hat die Insolvenz trotzdem weitreichende Konsequenzen. Im November gab der Klinikverbund bekannt, dass 87 Vollzeitstellen abgebaut werden.

Kreis Minden-Lübbecke 21,5 Millionen Euro Defizit: So hoch ist das Defizit der Mühlenkreisklinken (MKK) für das Jahr 2023. Der Kreis Minden-Lübbecke will das ausgleichen. Die kommissarische Kämmerin Nicole Streitz geht jedoch nicht davon aus, dass damit die Problematik gelöst sei. Für das Jahr 2024 rechnet die MKK-Spitze mit einem Minus von 23,7 Millionen Euro. Die Sorge besteht, dass das Defizit bis 2026 etwa 70 bis 80 Millionen beträgt.

Erste Sparmaßnahmen wurden bereits umgesetzt. Dazu gehören der Verzicht auf Leihärzte sowie eingeschränktes Putzen von Fenstern und die Abschaffung von Farbdruckern. Auch die Verwaltung ist aufgefordert, Personal einzusparen. Gleichzeitig wurde bereits mit der Restrukturierung im Sommer dieses Jahres durch einen externen Dienstleister begonnen.

Die finanzielle Schieflage hat Konsequenzen. Das Krankenhaus Rahden ist von der Schließung bedroht und aktuell nur noch eingeschränkt geöffnet. Dennoch soll es erst dann aufgegeben werden, wenn der Klinikneubau in Espelkamp fertiggestellt ist. Geplant ist, dass dort die Krankenhäuser in Rahden und Lübbecke zusammengeführt werden.

Dadurch möchte man langfristig Geld einsparen. Am Standort in Bad Oeynhausen soll es einen Krankenhausanbau an die Auguste-Viktoria-Klinik geben, zudem sollen Teile der Klinik saniert werden. Das beschloss der Kreistag Ende November mit deutlicher Mehrheit und entschied sich so für die Reduzierung von fünf auf drei Standorte.

Kreis Lippe &bdquo;Rund 5.000 Fälle unter der Leistungs- und Wirtschaftsplanung“: So beziffert Geschäftsführer Johannes Hütte das Defizit des ersten Halbjahres 2023 für das Klinikum Lippe . Konkret wird von einer Summe von mehr als sieben Millionen Euro ausgegangen, die jedoch durch Erträge und Rücklagen ausgeglichen werden kann – zumindest in diesem Jahr. 2024 könnte das Defizit doppelt so hoch ausfallen.

Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Herausforderungen muss das Klinikum zudem eine weitere Konfliktlage bewältigen. Das &bdquo;Aktionsbündnis Klinikum Lippe“ wirft der Geschäftsführung vor, ein &bdquo;Klima der Angst“ zu erzeugen. Aus einer kürzlich durchgeführten Mitarbeiterbefragung geht hervor, dass viele Angestellte besonders die fehlende Kollegialität und das Miteinander kritisieren. Aber auch in den internen Abläufen und beim Patientenwohl sehen sie Optimierungsbedarf. Für Verunsicherung sorgt vor allem das Aus der Unfallchirurgie am Standort Lemgo und der Umzug des Brustzentrums nach Detmold.

Kreis Gütersloh Erst im vergangenen Jahr fusionierte das Sankt Elisabeth-Hospital mit weiteren katholischen Krankenhäusern in OWL. Dazu gehören das Franziskus-Hospital in Bielefeld und das Mathilden-Hospital in Herford. Dadurch sollten die jeweiligen Häuser gestärkt und der neuen Krankenhausplanung des Landes gerecht werden.

Doch auch die Katholische Hospitalvereinigung Ostwestfalen (KHO), zu der das Gütersloher Krankenhaus gehört, steckt nun in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Im September äußerte sich der ehemalige Geschäftsführer Georg Rüter mit den Worten: &bdquo;2023 droht die negativste Bilanz meiner 34-jährigen Laufbahn.“ Gerüchten zufolge schwächelte vor allem das &bdquo;Eli-Hop“ in der Vergangenheit, bestätigt ist das jedoch nicht.

Bielefeld Doch nicht nur das Franziskus-Hospital in Bielefeld steht vor einer schwierigen Zukunft, sondern auch das Klinikum Mitte . Sparmaßnahmen haben zu einem heftigen Konflikt zwischen Michael Ackermann, Geschäftsführer des Klinikums Bielefeld, und dem inzwischen ausgeschiedenen Ärztlichen Direktor, Holger Sudhoff, geführt.

Während der Geschäftsführer darauf pocht, die Klinik wirtschaftlich sicher durch das Jahr zu bringen, kritisiert Sudhoff den Führungsstil, den Personalmangel und die daraus resultierenden Probleme bei der Patientenversorgung. Aufgrund fehlender Änderungen hat der Ärztliche Direktor gekündigt – und wurde direkt freigestellt. Gelöst sind die Probleme dadurch weiterhin nicht.

Neue Wege geht das Krankenhaus nun im Bereich der Arbeitszeitgestaltung. Mit der Einführung einer Vier-Tage-Woche möchte sich das Klinikum Mitte attraktiver machen. &bdquo;Eines unserer Ziele ist es, mit innovativen, flexiblen Dienstmodellen neue Mitarbeitende zu gewinnen, um die Belegschaft der Stationen weiter zu stärken“, sagt Ackermann.

In Nähe zum Kreis Höxter Im August wurde bekannt, dass das &bdquo; Agaplesion Evangelisches Krankenhaus“ in Holzminden insolvent ist. Der Kasseler Rechtsanwalt Franz-Ludwig Danko wurde infolgedessen als Insolvenzverwalter eingesetzt. Ziel war es, einen neuen Träger für die Klinik zu finden – &bdquo;erhebliche Einschnitte“ wurden aber bereits zu diesem Zeitpunkt angenommen.

Im November wurden bereits im Zuge der Restrukturierung massiv Bettenkapazitäten und medizinische Angebote heruntergefahren. Doch all diese Bemühungen hatten keinen Erfolg. Mittlerweile ist das Krankenhaus in Holzminden komplett geschlossen und die übrigen Patienten sind zu anderen Kliniken im Umkreis gebracht worden.

OWL-Kliniken in der Krise: Welche Krankenhäuser jetzt betroffen sind

Diese sechs Krankenhäuser aus OWL klagen gegen die Klinikreform

Klinikreform: Das erste Krankenhaus unterliegt vor Gericht dem Land NRW

Klagen gegen die Klinikreform NRW: Kliniken aus OWL scheitern vor Gericht

Krankenhäuser im Vergleich: Hier werden Patienten in OWL am besten behandelt

Künftig zwei Standorte in Gütersloh: Neues Brustzentrum schafft zusätzliche Konkurrenz

Weniger Kliniken in OWL dürfen komplexe Behandlungen durchführen

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus