Weniger Kliniken in OWL dürfen komplexe Behandlungen durchführen

Bielefeld. Um die Überlebenschancen bei komplexen Behandlungen für Patienten zu erhöhen und das Komplikationsrisiko möglichst gering zu halten, gelten in Deutschland für zehn solcher Eingriffe Mindestmengen. Erreichen Krankenhäuser diese Zahl nicht, dürfen sie die Behandlungen nicht anbieten. 2026 steigen die Mindestmengen wieder. Das hat Folgen für die Kliniklandschaft in Westfalen-Lippe, denn die Zahl der Standorte, die die Eingriffe anbieten dürfen, sinkt weiter. Für Patienten ergeben sich dadurch mitunter längere Fahrzeiten.

Um zu verhindern, dass fehlende Routine zu einer Gefahr für Patienten wird, gelten seit 2004 Mindestmengen. Festgelegt werden diese vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) , dem höchsten Gremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen.

&bdquo;Durch Mindestmengen wird eine Gelegenheitsversorgung in Kliniken vermieden, die darauf nicht spezialisiert sind oder nicht über die erforderliche Erfahrung verfügen“, erklärt GAB-Mitglied Karin Maag. &bdquo;So sieht für mich bestmögliche Patientenversorgung aus.“

Kliniklandschaft in OWL wird sich verändern In NRW haben die Anpassungen der Mindestmengen im kommenden Jahr besonders starke Auswirkungen, weil ab 2026 in Folge der Krankenhausreform gleichzeitig weitere Leistungen in spezialisierten Kliniken gebündelt werden und so die Zahl der Standorte für bestimmte Behandlungen weiter abnimmt. Die Mindestmengen-Transparenzliste der AOK Nordwest , der größten Krankenkasse in OWL, zeigt, wie stark sich die Kliniklandschaft dadurch verändern wird.

So werden komplexe Operationen an der Bauchspeicheldrüse in Westfalen-Lippe ab 2026 nur noch in 20 Kliniken möglich sein, 2023 waren es noch 48. Kniegelenk-Totalendoprothesen werden 2026 nur noch an 71 Standorten implantiert, 2025 waren es noch 93.

Verfassungsbeschwerde gegen Vorgabe von Mindestmengen &bdquo;Hier zeigen sich die Effekte der Krankenhausreform mit der Zuweisung der Leistungsgruppen an die Kliniken, die in NRW bereits erfolgt ist“, erklärt der AOK-Vorstandsvorsitzende Tom Ackermann. In den vergangenen Jahren habe es vor allem im Bereich der Endoprothetik kaum Bewegung bei der Zahl der Standorte gegeben. Erst die Reform hat laut Ackermann zu einer Konzentration geführt. &bdquo;Daran sieht man, wie wichtig eine konsequente Umsetzung der Reform einschließlich verbindlicher Qualitätsvorgaben ist.“ Die Leistungsgruppen in NRW, die sich an den Vorgaben des GBA orientieren, seien die Blaupause für die bundesweite Krankenhausreform, sagt Ackermann.

Die Einführung neuer und Erhöhung bestehender Mindestmengen sorgt auch für Kritik, wie aktuell das Beispiel einer Verfassungsbeschwerde von drei Bundesländern gegen zwei Mindestmengenvorgaben zeigt. Die Kritik von Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt richtet sich gegen die Mindestmengenregelung für Frühchen und zur Stammzelltransplantation, weil sie ihre Krankenhausplanung eingeschränkt sehen und Sorge vor Versorgungsengpässen haben.

Die medizinischen Fachgesellschaften warnen jedoch vor einer Aufhebung der Mindestmengen, weil dadurch wieder mehr Kinder versterben würden. &bdquo;Eine Aufweichung der ohnehin moderaten Mindestmenge widerspricht dem ärztlichen Ethos keinen Schaden anzurichten“, erklärt Dietmar Schlembach, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pränatal- und Geburtsmedizin.

Ab 2027 gelten Mindestmengen für zwei weitere Behandlungen Aktuell gelten die Mindestmengen für zehn Behandlungen:

Chirurgische Behandlung von Brustkrebs (100 pro Jahr) Thoraxchirurgische Behandlung von Lungenkrebs bei Erwachsenen (75) Kniegelenk-Totalendoprothesen (50) Allogene Stammzelltransplantation bei Erwachsenen (40) Komplexe Eingriffe an der Speiseröhre bei Erwachsenen (26) Nierentransplantation (25) Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Gewicht unter 1.250 Gramm (25) Komplexe Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse bei Erwachsenen (20) Lebertransplantation (20) Herztransplantation (10) Zudem gelten ab 2027 nach Angaben des GBA Mindestmengen auch für chirurgische Behandlungen bösartiger Neubildungen am Dickdarm (20) und bösartiger Neubildungen am Enddarm (15), die bis 2029 auf 30 und 20 Fälle pro Jahr angehoben werden.

Liste der Kliniken, die die Mindestmengen 2026 erfüllen Diese Kliniken haben nach Angaben der AOK Nordwest eine positive Prognose für das Erreichen der Mindestmenge 2026:

Herztransplantation

OWL: Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen (aktuell 81 Fälle)

Westfalen-Lippe: /

Lebertransplantation

OWL: /

Westfalen-Lippe: Universitätsklinikum Münster (aktuell: 50 Fälle)

Nierentransplantation

OWL: /

Westfalen-Lippe: Knappschaft Kliniken Universitätsklinikum Bochum (aktuell: 68 Fälle) und Universitätsklinikum Münster (72)

Allogene Stammzelltransplantation bei Erwachsenen

OWL: /

Westfalen-Lippe: St.-Johannes-Hospital Dortmund (41), Knappschaft Kliniken Universitätsklinikum Bochum (60) und Universitätsklinikum Münster (160)

Komplexe Eingriffe an der Speiseröhre bei Erwachsenen

OWL:

Johannes Wesling Klinikum Minden (aktuell 54 Fälle) Klinikum Herford (31) Klinikum Lippe (Detmold) (29) Klinikum Bielefeld (Mitte) (23) Westfalen-Lippe: Klinikum Dortmund Mitte (61), St. Anna Hospital Herne (31), Augusta-Kranken-Anstalt Bochum-Mitte (26), St. Josef-Hospital/St. Elisabeth Hospital Bochum (25), Knappschaft Kliniken Universitätsklinikum Bochum (38), St. Franziskus-Hospital Münster (32), Universitätsklinikum Münster (103) und Klinikum Rheine (21)

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OWL:

Klinikum Bielefeld (Mitte) (aktuell 65 Fälle) Johannes Wesling Klinikum Minden (50) Klinikum Lippe (Detmold) (46) Klinikum Herford (42) Christliches Klinikum Paderborn (22) Klinikum Gütersloh (19) Westfalen-Lippe: Klinikum Dortmund Mitte (72), St. Anna Hospital Herne (46), Augusta-Kranken-Anstalt Bochum-Mitte (34), St. Josef-Hospital/St. Elisabeth Hospital Bochum (197), Knappschaft Kliniken Universitätsklinikum Bochum (27), Knappschaft Kliniken Recklinghausen (42), St. Vincenz-Krankenhaus Datteln (20), Evangelisches Klinikum Gelsenkirchen (18), Marienhospital Gelsenkirchen (24), St. Agnes-Hospital Bocholt (28), Universitätsklinikum Münster (65), Clemenshospital Münster (70), Marien Kliniken Siegen (16), Klinikum Lippstadt (25) und erstmals dabei: St. Franziskus-Hospital Münster

Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Gewicht von unter 1.250 Gramm

OWL:

Evangelisches Klinikum Bethel (aktuell 47 Fälle) Johannes Wesling Klinikum Minden (35) St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn (23) Westfalen-Lippe: Klinikum Dortmund Mitte (56), St. Josef-Hospital/St. Elisabeth Hospital Bochum (22), Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln (56), Marienhospital Gelsenkirchen (24), St. Franziskus-Hospital Münster (22), Universitätsklinikum Münster (44), Klinikum Rheine (31), Christophorus Kliniken (Coesfeld) (30), DRK Kinderklinik Siegen (32), Klinikum Hagen (35), Marien Hospital Witten (46), Johanniter-Kliniken Hamm (34) und Klinikum Lippstadt (31)

Thoraxchirurgische Behandlung von Lungenkrebs bei Erwachsenen

OWL:

Evangelisches Klinikum Bethel (aktuell 112 Fälle) Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen (93) Christliches Klinikum Paderborn (92) Klinikum Lippe (Lemgo) (87) Johannes Wesling Klinikum Minden (63) Westfalen-Lippe: Knappschaft Kliniken Lünen (116), Ev. Krankenhaus Herne-Eickel (125), Universitätsklinikum Münster (71), Clemenshospital Münster (106), Klinikum Ibbenbüren (140), Klinikum Siegen (111), Klinikum Lüdenscheid (56), DGD Lungenklinik Hemer (257), St. Franziskus-Hospital Ahlen (46), Christliches Klinikum Soest (Mitte) (86) und erstmals dabei: Klinikum Dortmund Nord und Knappschaft Kliniken Gelsenkirchen-Buer

Kniegelenk-Totalendoprothesen

OWL:

St. Vincenz Hospital Brakel (aktuell 464 Fälle) St. Josefs-Krankenhaus Salzkotten (366) Klinikum Bielefeld (Mitte) (341) Lukas-Krankenhaus Bünde (288) Auguste-Victoria-Klinik Bad Oeynhausen (211) Helios Klinikum Warburg (196) Sankt Vinzenz Hospital Rheda-Wiedenbrück (182) Mathilden Hospital Herford (174) Franziskus Hospital Bielefeld (167) Christliches Klinikum Paderborn (154) Klinikum Herford (122) Krankenhaus Lübbecke (100) Klinikum Bielefeld (Halle) (96) Evangelisches Klinikum Bethel (87) Klinikum Lippe (Detmold) (65) Westfalen-Lippe: 56 weitere Standorte

Chirurgische Behandlung von Brustkrebs

OWL:

St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn (501) Klinikum Bielefeld (Mitte) (373) Klinikum Lippe (Detmold) (275) Johannes Wesling Klinikum Minden (269) Klinikum Herford (226) Klinikum Gütersloh (209) Mathilden Hospital Herford (122) Klinik Dr. Hartog Bielefeld (149) Franziskus Hospital Bielefeld (132) Sankt Elisabeth Hospital Gütersloh (67) Westfalen-Lippe: 30 weitere Standorte

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