Mit 94 Jahren noch berufstätig: Warum eine Paderbornerin weiterarbeitet

Paderborn. Rosemarie Hennemeyer ist eine skeptische Frau. Das hat einen Grund, der weit zurückliegt. 85 Jahre, um es genau zu sagen. 1939 war Hennemeyer neun Jahre alt und ihr Vater lag im Sterben. Woran er tatsächlich litt, wäre nicht richtig erkannt worden. &bdquo;Ein Arzt meinte, mein Vater leide an einer Lungenentzündung“, erinnert sich die heute 94-Jährige.

Tatsächlich soll aber etwas mit den Nieren nicht gestimmt haben. Das habe zumindest der Arzt Carl Blumensaat Hennemeyers Mutter gesagt, bevor er das Haus nach einer Untersuchung verlassen musste. Hennemeyer Vaters hat ihn weggeschickt, weil der jüdische Mediziner ihm den Hitlergruß verweigerte.

Einige Tage später wurde das Nierenversagen von Blumensaat im Krankenhaus bestätigt. Da war es für den Familienvater aber zu spät. Er starb. Dieses tragische Erlebnis und die Fehldiagnose haben Hennemeyer geprägt. &bdquo;Deswegen bin ich häufig misstrauisch“, sagt sie. Vor allem in ihrem Beruf als Fußpflegerin, den sie immer noch ausübt, obwohl ihr Alter fast an die Jahrhundertgrenze reicht.

Paderbornerin ist älteste Fußpflegerin in OWL Laut der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld ist sie damit die älteste Person in OWL, die noch in ihrer Branche tätig ist. Vielleicht sogar in NRW und bundesweit. Angefangen hat für sie alles 1968. &bdquo;Die Kinder waren alt genug und ich wollte etwas tun“, sagt Hennemeyer.

Deshalb fing sie zunächst als Masseurin in einem Krankenhaus an, ließ sich 1972 zur Fußpflegerin ausbilden und eröffnete 1973 ihre Praxis. 51 Jahre ist sie nun dabei. Ans Aufhören denkt sie aber nicht.

&bdquo;Ich habe keinen Zeitplan. Solange ich noch fit bin und meine Arbeit verantworten kann, mache ich weiter“, sagt Hennemeyer. Noch heute behandelt sie circa vier Personen am Tag. &bdquo;Zwei am Vormittag und zwei am Nachmittag“, sagt Hennemeyer. Sie mache es nicht wegen des Geldes. Denn: &bdquo;Es gibt immer wieder Menschen, die Hilfe brauchen“, sagt sie. Das sieht man. Jede Ecke ihrer Praxis ist mit einem Erinnerungsstück ihr verbundener Patienten geschmückt.

Mit frischen Blumensträußen und Fotos von Kindern, die dank Hennemeyer wieder genesen sind. Souvenirs, die Patienten aus diversen Ländern als Dankeschön mitgebracht haben. Sogar ein selbstgemaltes Gemälde eines Geistlichen hängt im Flur. Darauf zu sehen ist Jesus, der seinen Jüngern die Füße wäscht. &bdquo;Das passt doch“, sagt Hennemeyer. Viele Menschen seien ihr dankbar für ihre spezielle Behandlungsmethode.

Paderbornerin verwendet spezielle Behandlungsmethode Denn sie arbeitet mit der Fußreflexzonenmassage. Dies ist eine Methode, bei der bestimmte Punkte und Reflexzonen an den Füßen stimuliert werden, die vermeintlich den einzelnen Organen und Systemen des menschlichen Körpers entsprechen sollen.

&bdquo;In Deutschland ist diese Methode medizinisch nicht anerkannt. In anderen Ländern hingegen schon“, erklärt Hennemeyer. Über die mangelnde Würdigung ärgert sie sich. Denn mit der Behandlung habe sie vielen geholfen. Die Therapie sollte einen ähnlichen Status, wie die chinesische Akupunktur erhalten, findet die Fußpflegerin.

Ihre Arbeit ist jedoch nicht das Einzige, was die 94-Jährige geprägt hat. So hat Hennemeyer fünf Bücher geschrieben. Von Reisen, die Hennemeyer quer durch die Welt geführt haben. Unter anderem nach Bolivien, wo sie an der Universitätsklinik in Cochabamba Vorträge über die von ihr durchgeführte Behandlungsmethode gehalten hat.

Geburtstag im Safaripark in Stukenbrock Auf ihren Welterkundungen war sie meistens nicht alleine unterwegs, sondern hat ihre Familie im Schlepptau. Dazu gehören zwei Söhne, vier Enkel und neun Urenkelkinder, die verstreut auf vielen Fotografien innerhalb der Praxis zu sehen sind. Mit der Familie will sie Ende Juli auch ihren Geburtstag groß feiern.

Das möchte sie aber nicht altersgerecht bei Kaffee und Kuchen machen, sondern: &bdquo;Wenn Gott so will, dann geht es in den Safaripark“, sagt Hennemeyer. Achterbahn fahren will sie aber nicht mehr. Sie schaut sich in Stukenbrock lieber die Tiere an. &bdquo;Mir war schon vor einigen Jahren die Marienkäfer-Bahn zu wild“, sagt die bald 95-Jährige.

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